Gerüchte

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Stellaria

Als ich nach der letzten Stunde blitzschnell meine Sachen eingeordnet und mich auf den Weg an die frische Luft machen wollte, musste ich an dem Raum der Erstklässler vorbei und darauf hatte ich so überhaupt keinen Bock, denn dort war es nur laut und jeder rempelt jeden an. NEIN danke, das tu ich mir heute einmal nicht an. So machte ich mich mit meiner Studententasche, die ich letztes Jahr von Valeria zum Geburtstag bekommen hatte, auf den Weg in den 3. Stock, wo ich mit einem Geheimgang sofort aufs Campusgelände gelangte. In punkto schnell von A nach B zu gelangen war dieses Anwesen wirklich sehr vorteilhaft. So drückte ich mit ein bisschen Kraftaufwand das Gemälde des "einsamen Reiters" zur Seite. Nun tappte ich hinein in den etwas engen Gang. Die Kerzen an den Wänden musste ich nicht unbedingt anzünden, denn es würde sich bei mir als Blinde keinesfalls bemerkbar machen.  Im selben Moment verspürte ich das sich ein Chaos aus Gefühlen und Erinnerungen in mir breit machen wollte.  Doch  Schluss, aus mit so etwas, denn was  man nicht ändern kann, kann man nicht ändern. Dazu kam das ich mit der Blindheit an sich ja überhaupt kein Problem hatte. Auf einmal verspürte ich in der Nähe einen starken Lufthauch. Es mussten Leute in der Nähe sein. Doch wie konnte das sein? Ich meine, hier verirrte sich nicht schnell jemand rein. Nach ein paar leisen Schritten konnte ich sogar Stimmen hören. Beim Näherkommen bemerkte ich, dass es neue Schüler, sprich Erstklässler sein mussten. Doch was ich aus ihren Mündern hörte, verwirte  und verärgerte mich. " Hey Cage, ich habe von ein paar älteren Schülern gehört, dass es im verwunschenen Wald eine bestimmte Stelle geben soll wo vor nicht all zu langer Zeit etwas passiert sein musste, denn diesen

Teil des Waldes darf man nur betreten, wenn man reinen Herzens ist." "So ein Bullshit, was du hier erzählst. Ich meine "reinen Herzens" ... pfff ... wenn ich das schon höre". Darauf folgten ein paar Minuten des Schweigens, doch ich spürte außer ihnen noch eine andere Präsenz. " Naja, man sollte nicht so voreilig mit seinen Worten sein, denn man erzählt sich ja auch das noch andere Kreaturen diesen Wald bewohnen. Also wäre ich mir da nicht so sicher, Cage."

Der dritte Junge war also die Präsenz, die ich noch gespürt hatte. Nach einer kurzen Weile des Wartens machten sich die drei Jungs auf den Gang zu verlassen und ich ebenfalls, denn das musste ich ohnehin schnell Valeria erzählen. Doch zuerst wollte ich noch frische Luft schnappen und außerdem war Valeria nicht in der Nähe, denn ich spürte sie klar und deutlich, aber eben in diesem Moment weit weg von mir. Nach einigen Minuten im Geheimgang war ich froh endlich die kalte, aber erfrischende Luft auf meiner Haut zu spüren. Vor lauter Freiheitsgefühl öffnete ich meinen Pferdeschwanz den ich immer in der Schule trug und rannte auf die mit taubedeckte Wiese zu. Im Laufen spürte ich schon eine wohltuende und innere Schwingung, die mit schneller Geschwindigkeit immer näher kam. Im selben Moment als sie schon verdammt nah war, wurde ich schon an der Taille gepackt und voller Zärtlichkeit in der Luft gedreht - wie ich es liebte. Seine großen, warmen Händen umfassten mich zärtlich und ich kuschelte mich in eine leidenschaftliche Umarmung mit ihm - Marcus. Schon alleine der Duft seiner Kleidung brachte mich zum Entspannen.

Nördlich des EismondesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt