Kapitel 6

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"Oh Mann. Bitte noch nicht!" Ich mache den Wecker aus und lasse mich wieder rückwärts ins Kissen fallen. Es ist halb sieben. Ich versuche mir den Abend im Kopf noch mal abzuspielen. Ich schrecke hoch. 'Wie bin ich ins Bett gekommen?' Ich habe keinen blassen Dunst, wie ich hier gelandet bin. Aber ich weiß, dass ich nichts getrunken habe, ich habe auch keinen Kater oder irgendwelche Beschwerden. Außer dass ich ziemlich müde bin. Richtig müde. Ich habe nur 3-4 Stunden geschlafen. Und das reicht mir nomalerweise überhaupt nicht aus. Aber was soll's. Ich stehe also auf und schleppe mich mühselig ins Badezimmer, um dort meine morgendliche Routine zu erledigen. Ich muss unbedingt Mo oder Mario fragen, was hier abgelaufen ist, und wie ich ins Bett gekommen bin... Um acht beginnt meine Schicht!

Als ich mich fertiggemacht habe, mache ich mir Frühstück und setzte mich an den Tisch. Nebenbei bin ich mit dem Handy beschäftigt. Ich schreibe Chiara, ob sie heute auch Schicht hat. Chiara ist auch Medizinstudentin und somit haben wir uns auf der Universität kennengelernt. Und da wir uns auch an dem gleichen Klinikum beworben haben, sehen wir uns fast jeden Tag. Seitdem sind wir gute Freunde geworden. Kurze Zeit später teilt sie mir mit, dass sie heute Spätschicht hat. Schade. Ich betrachte meine Handyhülle. Auf ihr ist ein Foto von Sveni, Phillip und mir draufgedruckt. Svenja hat sie mir zum Geburtstag geschenkt. Ich hatte am 15 April meinen "Ehrentag".. Ungefähr 1 Monat her. Ich mag Montage nicht. Schon damals in der Schulzeit nicht. :) Ich vollziehe im Moment mein praktisches Jahr im Klinikzentrum Mitte. Ende Juni habe ich es geschafft. Dann muss ich noch meine mündliche Prüfung des Zweiten Abschnittes der ärztlichen Prüfung absolvieren. Dann heißt es für mich Fachärztin für Allgemeinchirurgie! Juhu :D

Ich mache mich fertig, nehme meine Tasche von der Kommode und ziehe die Tür zu. Ich starte den Motor und fahre aus der Tiefgarage. Ich muss wie immer in die Beurhausstraße 40. Zum Glück brauche in nur ungefähr eine Viertelstunde, denn ich bin schon ziemlich spät dran. Ich hetzte in die Umkleide und ziehe meine OP-Sachen an. Heute morgen assistiere ich bei einer Lerber-Operation! 'Jaaa'! Endlich mal eine OP! Es ist wirklich so. Zwar sind die anderen Sachen auch wirklich interessant, aber eine Operation ist echt spannend. Fertig.

Ich gehe zum Dienstplan und schaue nach, wo ich jetzt hin muss. 'Och Nö!' Prof. Dr. Mensel. Wieso denn er bitte?! Zur Erklärung... Es gibt hier in der Abteilung der Chirurgie zwei Oberärzte. Prof. Dr. Hartel ist wirklich super. Jeder von uns Assistenzärzten kommt mit ihm klar. Er erklärt alles in Ruhe und beantwortet unsere Fragen. Er nimmt uns ernst, auch wenn wir nur die "Anfänger" sind. Und dann gibt es noch Prof. Dr. Mensel. Er ist das komplette Gegenteil von ihm. Man merkt, dass er uns von oben herab behandelt und erwartet trotzdem von uns, dass wir ihn bewundern!! Wenn man ihn etwas fragt, dann kommt nur die Antwort: "Gucken Sie in ihre Bücher. Da steht es mit Sicherheit, Frau Greving!" Und schon habe ich überhaupt keinen Bock mehr. Aber hey?! Optimistisch bleiben!

Die Operation beginnt und sie verläuft so, wie ich es mir gedacht habe! "Sind Sie qualifiziert genug, um die Trokarhülsen richtig zu halten? Passen sie gefälligst auf." "Sie machen das absolut falsch." Und nur solche Sachen kamen von ihm. Wie kann man das denn freiwillig aushalten. Ich blieb natürlich trotzdem höflich, habe aber innerlich gekocht vor Wut. Die OP war wirklich spannend und zugleich interessant. Sie ist gut verlaufen, denn das muss ich zugeben. Mensel ist wirklich ein ausgezeichneter Arzt, der alles mit bestem Ergebniss abschließt. Aber menschlich gesehen ist er wirklich ein Eisberg. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Mensch verheiratet ist. Grausam!



Traum oder Realität  (Marco Reus)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt