Kapitel 2

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Ich hatte mich getäuscht.

Und zwar richtig.

Er stand schon wieder an der Kasse und ich wusste genau was er wollte.

Eine weiße Rose und dass ich seinen beschrieben Zettel in einen Papierflieger falten.

Und dies schon seit 2 Monaten. Einmal pro Woche.

Mittlerweile hatte ich mich an seine verdeckte Gestalt gewöhnt und an seinen komischen Wunsch. Ich fand es sogar ganz süß. Vielleicht schenkt er es seiner Freundin?

Mit einem Lächeln auf den Lippen reiche ich ihm die Rose und nehme wortlos den Zettel entgegen. Ich konnte mal wieder nur seinen Namen erraten.

Jiyong

Ein ganz schöner Name.

Mit flinken und wissenden Händen habe ich in Windeseile den Papierflieger gefaltet und klebe ihn fest. Wie immer tippe ich den Preis ein und sage die Summe. Normalerweise würde er schon längst das Geld + Trinkgeld hinhalten, aber es erscheint nicht.

Leicht verdutzt hebe ich den Kopf und schaue mich um. Dieser Jiyong steht nicht mehr vor mir, sondern ist bei den Zimmerpflanzen.

Ich warte noch ein paar Sekunden, bis ich zu ihm gehe und mich räusper.

"Wollen Sie vielleicht heute eine Zimmerpflanze kaufen?", frage ich.

Er zuckt leicht zusammen und dreht sich zu mir. Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

"Mir ist aufgefallen, dass meine Fensterbank im Schlafzimmer recht leer ist und die Pflanzen würden gut rein passen. Sie sind recht einfach.", antwortet er mit seiner ruhigen Stimme.

"Ja, das sind sie und dazu auch noch pflegeleicht! Wie wäre es mit einem Drachenbaum?", biete ich an und zeige auf die erwähnte Pflanze.

Sofort fängt der Kunde an zu lachen. Unsicher schaue ich zu ihm.

Hatte ich was falsches gesagt?

"Die nehme ich! Das ist die perfekte Pflanze für mich.", meint er kichern.

"Okay. Ich packe sie schnell ein."

Er geht auf die Seite und ich gehe zu dem Drachenbaum. Vorsichtig nehme ich ihn und schaue nach ob er okay ist.

"Sie scheinen Pflanzen zu lieben, so wie sie immer mit ihnen umgehen.", murmelt Jiyong.

"Naja, sie leben schließlich auch und alles was so schön ist hat Respekt verdient.", antworte ich.

Ich drehe mich und möchte zu der Kasse gehen, als es passiert. Meine Kollegin scheint beim Gießen ein bisschen gekleckert zu haben und nun ist der Boden nass. Ich, mit den rutschigen Schuhen, steige genau rein und lasse die Schwerkraft den Rest machen.

Doch anstelle der Schmerzen kommt...Nichts?

Verwundert öffne ich die Augen und merke, dass ich in der Luft "hänge". Sicher in meinen Händen der Baum.

An meinen Seiten spüre ich starke Hände. Hände die mich vor dem Fallen bewahrt haben. Unangenehm nahe Hände.

Mit einer raschen Bewegung stelle ich mich gerade hin. Sofort drehe ich mich um und mache eine tiefe Verbeugung.

"Es t-tut mir leid!", stottere ich und spüre wie ich rot werde.

Oh Gott, wie peinlich!!!

"Kein Problem. Kann jedem mal passieren.", kommt es nur mit ruhiger Stimme zurück. Ich hebe leicht den Kopf und er hebt etwas auf.

Seine Sonnenbrille!

Sie muss runtergefallen sein, als er mich aufgefangen hat.

"Ist sie kaputt?", rufe ich erschrocken und ziehe sie zu mir. Ein Riss geht durch das linke Glas.

"Nein! Es tut mir leid! Ich bezahle sie! Wirklich!"

Ein Kichern erklingt und ich schaue von der Brille auf.

Irgendwie stehen wir schon wieder zu nah beieinander?

Erst jetzt kommt mir in den Sinn, dass dies wegen mir ist.

Schließlich habe ich seine Brille zu mir gezogen- Sprich auch seine Hand und somit den ganzen Typen. Peinlich berührt lasse ich die Hand los.

"Entschuldigung.", murmel ich beschämt.

"Sie entschuldigen sich die ganze Zeit bloß. Als ob sie mit Absicht ausgerutscht sind.", sagt er endlich.

"Aber es tut mir auch leid! Ich hätte vorsichtiger sein müssen! Ihre Brille ist deswegen kaputt. Ich werde sie natürlich bezahlen!", wende ich ein.

"Das glaube ich eher weniger."

"Was?"

"Die Brille hat 7800$ gekostet und ist aus Amerika."

Nun hebe ich den Kopf und starre ihn ungläubig an.

Ich sehe zum ersten Mal ein Teil seines Gesichtes. Und er kommt mir so bekannt vor!

"Das ist nicht dein Ernst? Du bezahlst soviel für eine Brille?!"

Erneut kichert er und geht zur Kasse. Er nimmt die verpackte Rose und kommt zurück. Dann nimmer er den Drachenbaum aus meiner Hand und grinst mich an.

"Das tut es auch als Entschädigung! Bis nächste Woche, Haru.", verabschiedet er sich und geht raus.

Ich stehe nur verdutzt da und verstehe die Welt nicht mehr.

Now or Never||G-DragonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt