Kapitel 5

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Ich lag schon einige Minuten auf meinem Bett mit dem Gesicht im Kopfkissen vergraben als ich hörte wie sich die Tür leise öffnete. Doch ich musste nicht aufschauen um zu wissen das es Thomas war der sich ans Fußende meines Bettes setzte und gegen die Wand lehnte.

"Was hat er dir gezeigt, Anna?"

Ich schaute langsam auf und unsere Blicke trafen sich. Doch ich wusste nicht ob ich Thomas davon erzählen sollte. Er hatte ebenso wie ich Tag und Nacht an diesem Projekt gearbeitet. Mit dem Gewissen das wir für etwas gutes arbeiten. Wie würde er reagieren wenn er wüsste das wir einen Alptraum ins Rollen gebracht haben und all diesen Jungs das Leben zerstören würden. Ich wendete meinen Blick von ihm ab und zupfte meine Haare zurecht.

"Nichts. Ich hatte einfach nur einen anstrengenden Tag."

Thomas zog eine Augenbraue hoch.

"Anna... Du bist meine beste Freundin, ich weiß das etwas nicht stimmt. Ich sehe es dir an."
"Nein, es ist alles gut."

Er setzte sich direkt neben mich und legte seine Hand an meine Wange.

"Du kannst immer mit mir reden, das weißt du. Über alles."

Ich schaute mich hastig um. Die Tür war geschlossen. Keiner konnte uns hören.

"Sie haben uns belogen."
"Wer?"

Ich schaute ihm wieder in die Augen.

"Alle."
"Wie kommst du darauf?"

Und so begann ich zu erzählen. Von allem. Von dem Moment an, als ich Alby aus dem Zimmer holte bis zu dem Augenblick als die Box auf die Lichtung fuhr. Schluchzend saß ich vor Thomas.

"Sie haben uns belogen. Das ganze Projekt. Sie quälen die Testpersonen."

Ich konnte nichts weiter tun als nicken.

"Wir haben ihnen dabei geholfen all das hier möglich zu machen und zu starten."
"Wir sind keine besseren Menschen als sie."

Thomas legte seine Hände ruckartig an meine Wangen und zwang mich ihm in die Augen zu schauen.

"Wir sind bessere Menschen als sie. Wir werden sie aufhalten."
"Und wie sollen wir das machen? Wir sind zwei Teenager, was sollen wir gegen eine so gewaltige Organisation ausrichten wie ANGST?"

Ein freches Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus.

"Wir haben die Kontrolle über die Ergebnisse. Wir können das Projekt stoppen oder zu mindest verlangsamen."
"Das wird nicht funktionieren."
"Doch, das wird es."

Thomas schaute zur Tür als wollte er sich vergewissern das uns niemand belauschte.

"Aber wir brauchen Hilfe."
"Und von wem?"
"Den Testpersonen."

Ich lachte.

"Sie werden uns nicht vertrauen."
"Mir nicht. Aber dir."
"Mir?"

Er nickte.

"Du warst die einzige mit der sie geredet haben."
"Was soll ich tun? Die Wachen stehen im Raum, ich kann nicht mit ihnen reden wenn die Wachen zuhören."

Thomas strich sich nachdenklich übers Kinn als er plötzlich von meinem Bett sprang.

"Hast du noch immer die Proben der Betäubungsmittel im Koffer?"
"Ja, sie liegen bei den Akten im Schrank."

Fragend schaute ich ihn an.

"Aber was willst du damit?"

Er zog zwei Spritzen aus dem Koffer und sog sie mit dem Betäubungsmittel voll.

"So umgehst du die Wachen."
"Und was soll ich ihnen sagen wenn sie aufwachen?"

Thomas lehnte sich nachdenklich an das Regal.

"Wenn sie aufwachen, bedrohst du die Testpersonen mit einer Waffe und sagst den Wachen als du zur Befragung kamst hätten sie schon überwältigt auf dem Boden gelegen."
"Sie können mich auf den Kameras sehen, Thomas."

Er grinste und setzte sich zurück zu mir aufs Bett.

"Nicht wenn ich die Kameras abschalte."
"Sie werden es merken."
"Wie oft haben wir einen Systemausfall, Anna?"

Schnaubend schaut ich zu ihm auf.

"Mindestens zwei mal in der Woche."
"Es wird nicht auffallen wenn wir einen Systemausfall haben."
"Und was soll ich den Testpersonen sagen?"

Thomas schaute immer wieder nervös zur Tür als würde ihn die Angst nicht loslassen das sie uns hörten.

"Das musst du entscheiden."
"Wieso haben wir das erst jetzt bemerkt?"

Ich schaute auf den Boden.

"Sie haben uns benutzt und reingelegt. Wir konnten es nicht vorhersehen."
"Aber wir können es ändern."

Thomas nickte bevor er erneut von meinem Bett aufsprang. Er öffnete meinen Kleiderschrank und warf mir einige Klamotten entgegen.

"Zieh dich um."
"Wieso?"
"Wie willst du die Spritzen in diesem hautengen Kleid verstecken. Wo?"

Ich nickte.

"Du hast Recht."
"Aber es steht dir gut."

Genervt stand ich vom Bett auf und stellte mich vor Thomas.

"Sei leise und hilf mir lieber."

Lachend öffnete er meinen Reißverschluss am Kleid. Während er mit dem Rücken zu mir stand huschte ich in meine Klamotten. Eine enge weiße Jeans, ein enges weißes Top, weiße Stiefel und eine weiße Lederjacke.

"Hier."

Thomas gab mir die Spritzen.

"Sie wirken genau eine halbe Stunde. So lange kann ich die Kameras ausschalten. Kurz bevor sie wieder angehen ertönt ein leises Piepen. Sobald du das hörst musst die Szene spielen und die Testpersonen mit der Waffe bedrohen."
"Was wenn etwas schief geht?"
"Dann hast du noch immer die hier."

Thomas hielt die Pistole in die Luft. Seufzend steckte ich mir die Spritzen in den Ausschnitt. Thomas schaute mich verwirrt an.

"Falls ich durchsucht werden sollte, dann werden sie an diesem Ort nicht nachschauen."
"Sehr schlau."

Er zwinkerte mir zu bevor er mir die Pistole gab und ich sie in den Lauf meines Gurtes steckte. Thomas zog mich fest in seine Arme.

"Es wird alles gut gehen. Mit uns spielt man nicht. Wir spielen mit ihnen."





Das verbotene Mädchen || Vor dem Labyrinth || Newt ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt