Kapitel 17

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Weinend lief ich durch die Gänge von ANGST. Es war mir egal ob mich jemand hätte sehen können. Es war mir egal. Sollten Sie mich doch umbringen. Damit würden Sie mir nur einen Gefallen tun. Eines Tages würden sie es sowieso tun. In diesem Moment überkam mich erneut das Gefühl Janson den Hals umdrehen zu wollen. Am liebsten würde ich nun einfach in den Aufzug zum Labyrinth steigen, hinauffahren, Alby holen und wieder hinabfahren. Klang einfach? Das würde es nicht sein. Ich schaffte es noch nicht einmal das Dach des Gebäudes zu betreten. Ich wischte mir mit den Händen übers Gesicht und öffnete die Tür zu meinem Zimmer. Zum ersten Mal seit langem war Thomas nicht hier. Womöglich saß er im Kontrollraum und durchsuchte die Skizzen des Gebäudes nach einem Fluchtweg. Ich seufzte und ließ mich auf mein Bett fallen. Die weiche Decke schmiegte sich um meinen Körper als ich sie über meinen Kopf zog. Ich wollte nichts weiter tun als schlafen und vergessen. Wollte in eine Traumwelt entfliehen in der ich bestimmen konnte was geschieht. Hauptsächlich sah ich Newt in meinen Träumen. Vielleicht weil es der einzige Ort war an dem wir zusammen sein konnten. Ich schluchzte und vergrub mein Gesicht in meinem Kissen. Wir liebten uns. Newt und ich. Das war sicher. Doch es war schlimm. Es war schlimm zu wissen das diese eine Person dich liebt, so wie du sie liebst. Doch du weißt, ihr könnt nicht zusammen sein. Die Gefahr zu sterben war zu groß. Das Bild von Newt rauchte vor meinen Augen auf. Wieso hatte ich meinen Gefühlen freien Lauf gelassen. Ich hätte es verhindern müssen. Ich zuckte erschrocken zusammen als ich einen Körper spürte der sich an mich drückte. Durch den herben Geruch erkannte ich das es Thomas war. Wir lagen auf der Seite als er sich an mich drückte. Er legte sein Kinn auf meine Schulter. Leise begann er eine Melodie zu summen. Eine ganz bestimmte Melodie. Es war eine der wenigen Dinge an dienlich mich erinnerte. Ich liebte das Tanzen. Als wir erst ein paar Jahre hier waren tanzten Thomas und ich immer wieder zusammen zu dieser Melodie. Und nun, immer wenn ich traurig bin. Summte er mir diese Melodie vor. Doch zum ersten Mal verfehlte es seine Wirkung. Ich weinte erneue und spürte wie sich Thomas sofort enger an mich drückte.

"Was ist passiert?"
"Newt liebt mich."

Thomas atmete langsam aus.

"Das ist doch großartig."

Ruckartig drehte ich mich um.

"Das ist es nicht!"
"Wieso, er-"
"Wird sterben. Das weißt du."

Thomas schaute mich traurig an.

"Janson wird nichts erfahren."
"Doch das wird er. Janson findet alles heraus. Das hier ist seine Welt. Er wird merken wenn etwas nicht so läuft wie er es will."

Plötzlich bildete sich ein Ausdruck des Entsetzens auf Thomas Gesicht.

"Was hast du getan?"
"Ich habe-"
"Ihm gesagt das ihr nicht zusammen sein könnt."

Ich biss mir auf die Lippe und nickte. Doch als mich Thomas erneut in seine Arme schloss konnte ich den Tränen nicht mehr standhalten. Sie flossen erneut meine Wangen hinunter.

"Wir schaffen das... Irgendwie..."
"Nein, wir haben verloren Thomas. Wir haben weder einen Fluchtweg noch die nötigen Waffen um uns den Weg freizukämpfen."

Er schaute sich im Zimmer um.

"Mein Waffenschrank wird nicht für alle Testpersonen reichen."
"Du hast recht."

Ich wischte mir die Tränen von der Wange und schaute zu Thomas auf.

"Wir müssen die Posten tauschen."

Fragend blickte er auf mich herab.

"Ich mache die Arbeit im Kontrollraum. Passe auf Alby auf, verzögere die nächste Lieferung einer Testperson und suche nach einem Plan."

Meine Stimme wurde leiser.

"Und du kümmerst dich um die Jungs."
"Nein."
"Ich kann nicht. Ich werde Newt begegnen und-"

Thomas sprang von Bett auf, griff in ein geheimes Fach hinter meinem Schrank -von dem nicht einmal ich etwa wusste- und zog ein langes, wunderschönes, rotes Kleid heraus. Sofort stand ich vor ihm.

"Was-"
"Was hat dich als Kind immer abgelenkt?"
"Das Tanzen. Aber-"

Thomas legte mir das Kleid in die Hand.

"Zieh es an."
"Wieso-"

Er warf mir einen drohenden Blick zu, verschränkte die Arme vor der Brust und drehte sich um. Seufzend schlüpfte ich in das Kleid. Thomas drehte sich um und musterte mich.

"Du siehst wunderschön aus."

Thomas legte sein Hand in meine und drehte mich einige Male. Das Kleid wehte und schmiegte sich leicht an meinen Körper. Ich fühlte mich wohl. Es war als wäre es nur für mich geschneidert worden. Es passte wie angegossen. Thomas und ich bewegten uns einige Minuten in einem langsamen Rhythmus als er plötzlich in seiner Position verharrte und auf seinen Laptop starrte. Ruckartig rannte er darauf zu und begann wie wild etwa einzutippen. Sein Blick wurde immer finsterer.

"Was ist los?"

Keine Antwort. Weiteres tippen.

"Thomas?"

Er schaute langsam auf.

"Was ist passiert?"

Thomas atmete tief ein und aus.

"Die Testpersonen-"

Noch bevor er seinen Satz beendet hatte, schnappte ich mir eine Waffe und rannte aus meinem Zimmer. Ich hob mein Kleid an und eilte durch die Gänge während mein Herz immer schneller schlug. Mein Kopf malte sich die verrücktesten Dinge zusammen was ich nun vorfinden würde. Ich riss die Tür auf und blickte auf ein seltsames Geschehen.

Das verbotene Mädchen || Vor dem Labyrinth || Newt ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt