Kapitel 8: Eine Woche mit ihm

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Er steht vor mir. Seine smaragdgrünen Augen durchbohren mich mit einer Energie und Kraft, die mich fast von den Füßen reißt.

„Ehm ... hi.", antworte ich etwas lahm und trete einen Schritt von der Tür weg, um ihn hereinzulassen.

„Wir sagten doch Vier?", fragt Nate und tritt stirnrunzelnd ein.

„Ja ... I-Ich", stottere ich und kehre ihm den Rücken zu, unter dem Vorwand die Haustüre zu schließen, aber eigentlich, um das heftige Gefühl abzuschütteln, von seinen Augen wie gelähmt zu werden.

„Du was?", hakt Nate nach und ich hole einmal tief Atem bevor ich mich umdrehe und wieder in dieses unglaubliche Grün sehe.

"Seine Augen können unmöglich von dieser Welt sein.", überlege ich und denke darüber nach, ob ich eigentlich je in irgendeiner Form solch ein Grün gesehen habe. 

Seine Augen sind so anders, so viel anziehender, so unbeschreiblich elektrisierend. Alle anderen Augenpaare scheinen im Gegensatz zu seinem irgendwie matt und gewöhnlich. In seinen Augen aber, habe ich immer das Gefühl ein gewisses Funkeln zu entdecken und wenn man ganz genau hinsieht, kann man seine türkisenen Sprenkel um seine Pupille herum erkennen, die mich auf die eine oder andere Weise, an leuchtende Sterne am Himmel erinnern. Wie kann jemand nur so unglaublich kraftvolle Augen haben? Wie kann es sein, dass ich, sobald ich in dessen Tiefe sehe, mir vorkomme, als wäre ich auf ewig darin gefangen. Wie kann es sein, dass ich mich auf nichts anderes, als auf diese grünen Augen und dessen Besitzer mit seinen hohen Wangenknochen und dem dunklen, verwuschelten Haar konzentrieren kann? Wie-

„Hallo? Jessica?", ruft Nate und fuchtelt amüsiert mit den Händen vor meinem Gesicht herum. Ich erwache aus meiner Art Trance und blicke verwirrt in Nate's Gesicht. Dann kocht in mir wieder die Wut hoch, als ich realisiere, was er gerade gesagt hat und ich verenge meine Augen zu winzigen Schlitzen.

„Mein Name ist Jenny.", fauche ich, aber er gluckst vergnügt, als wäre mein Ärger nur zu seiner Unterhaltung. Dieser Junge hat vielleicht Nerven ...

"Schön.", sagt er grinsend, wird dann aber wieder ernst, "Wollen wir dann mal anfangen?", meint er mit seinem üblichen, eiskalten und undurchschaubaren Gesichtsausdruck.

„Ehm ... ja ... klar ... komm am besten mit in mein Zimmer da habe ich auch meine ganzen Unterlagen.", erwidere ich etwas überrumpelt von dem schnellen Themen- und vor allem Emotionswechsel.

Ich klaube meine Schultasche und die Tüte mit den wenigen Büchern, die ich noch aus der Bibliothek unbemerkt retten konnte, vom Boden auf und gehe Nate voran die Treppe hinauf in mein großes Zimmer.

"Nett.", sagt Nate gezwungen lächelnd und deutet mit dem Finger auf das gerahmte Bild, indem Matt, Kimberly und ich heraus lächeln und winken. Über dem Foto stehen in geschwungenen Lettern die Wörter: "Beste Freunde" stehen. 

Ich lächle. Das Bild ist einige Jahre alt und ich erinnere mich genau, wie stolz es mir die beiden zu Weihnachten geschenkt haben, vor Allem deswegen, weil wir alle drei darauf, ich am aller wenigsten, einigermaßen passabel aussahen.

"Hm.", murmle ich nur und wende mit Mühe den Blick vom Bilderrahmen und den damit verbundenen Erinnerungen ab.

Ich leere beide meine Taschen auf dem Bett und staple die Bücher ordentlich nach Themen sortiert auf meinem Schreibtisch neben meinem Computer, bevor ich eine Mappe mit Notizen zum Thema Shakespeare aus einem der Ordner in dem Regal daneben herausziehe und sie ebenfalls auf den Tisch lege.

"Okay. Hast du dir schon Notizen wegen dem Referat gemacht?", frage ich und Nate richtet seinen Blick auf mich.

"Ehm ... Nein. Wieso denn auch? Ich dachte das machen wir jetzt?", erwidert Nate verwirrt und zieht sich den Stuhl von meinem Schminktisch/Alternativer Schreibtisch ohne jeglichem MakeUp zu mir herüber.

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