Kapitel 12: Zuhause ist es am schönsten

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Es gibt diesen einen Moment in fast jedem Liebesfilm nach einem unglaublichen und einfach nur welterschütternden Kuss, in dem der Mann die Frau liebevoll ansieht, sie vielleicht in den Arm nimmt und der Augenblick einfach perfekt ist.

In meiner Realität sieht das leider etwas anders aus.

"Kannst du mich bitte einfach vor meinem Haus rauslassen?", frage ich tonlos ohne Nate anzusehen.

Ich spüre wie mir Nate einen prüfenden Blick von der Seite aus zu wirft und dann nickt.

"Jennifer ... I-Ich", setzt er zögernd an und ich seufze.

"Was?", unterbreche ich ihn mit gedehnter Stimme und er wirft mir abermals einen besorgten Blick zu, ehe er wieder auf die Straße sieht.

"Ist alles OK?", fragt er sehr langsam. Ich schnaube verächtlich.

"Ja, natürlich. Im einen Moment küsst du mich und im nächsten schmeisst du mich aus deiner Wohnung. Was sollte da nicht in Ordnung sein?", blaffe ich ihn mit vor Ironie triefender Stimme an und er stöhnt.

Bevor ich's mich versehe, fährt Nate mit dem Auto rechts ran und hält dort.

"Was zur-"

"Hör mir jetzt gut zu, Jennifer.", unterbricht er mich in einem Knurren und wiedermal bohren sich seine Augen in meine, "Dieser Kuss war ein Fehler. Das wissen wir beide. Ich weiß auch nicht warum es passiert ist, aber wir können die Vergangenheit nunmal nicht zurückdrehen. Vergessen wir den ganzen Abend einfach und kehren wieder dazu zurück, dass wir uns hassen, denn zumindest ich für meinen Teil kann sagen, dass ich dich aus tiefster Seele nicht ausstehen kann."

"Gut, das beruht nämlich auf Gegenseitigkeit.", erwidere ich zickig und funkle ihn böse an.

"Der Kuss ist nie passiert, verstanden?", sagt er mit fester Stimme und ich lege den Kopf schief.

"Welcher Kuss?", frage ich mit gespielt verwundertem Blick und ein Lächeln umspielt Nate's Lippen.

"Gut.", gibt er sich zufrieden und dreht dann wieder den Zündschlüssel um. Das Auto gibt ein leises Heulen von sich und in einer einzigen geschmeidigen Bewegung fährt er los.

Die unangenehme, eiskalte Stille, die darauf folgt, hält sich mühelos noch die nächsten zehn Minuten an, bis Nate schließlich vor den hohen, eisernen Toren zur Villa hält und ich endlich erlöst bin.

Rasch schnalle ich mich ab, öffne die Tür und springe heraus. Bevor ich die Tür schließe, murmle ich noch kurz:

"Danke für die Fahrt. Bis morgen."

Ich schlage die Autotür zu ohne überhaupt eine Antwort abzuwarten und eile dann zum silbernen Kasten neben dem Tor. Ich drücke auf den Knopf der Freisprechanlage und Sekunden später meldet sich bereits Marisol's Stimme aus dem Sprecher.

"Ich bin's!", rufe ich mit bemüht fröhlicher Stimme und Augenblicke später öffnen sich auch schon die Tore. Ohne einen Blick über die Schulter zu werfen, stapfe ich die lange Auffahrt bis zum Haus hinauf.

"Hola, Miss Jennifer!", begrüßt mich Marisol leicht außer Atem als ich gerade durch die Tür komme. Ich lächle gezwungen. Ich möchte nicht, dass sie mir meine schlechte Laune ansieht, da ich momentan wirklich auf nichts weniger Lust hätte, als über die letzte halbe Stunde zu reden.

"Hallo-", setzte ich an, aber sie unterbricht mich.

"Sie haben Besuch, Miss Jennifer.", keucht sie mit einem unverhohlenen Lächeln auf den Lippen und ich starre sie verwirrt an.

"Ehm ... OK. Wer ist es denn?.", frage ich leicht misstrauisch angesichts ihrem vielsagenden Lächeln.

"Er wartet im Studierzimmer.", erwidert sie mit wackelnden Augenbrauen ohne auf meine Frage einzugehen und ich runzle die Stirn.

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