Zwölf

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Während die anderen Paare im Kreis standen und die Rosenblätter auf das Brautpaar warfen, fand ich mich in einer Situation wieder, die ich nicht erwartet hatte. Der Fremde neben mir hielt meine Hand mit einer gewissen Selbstverständlichkeit, als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Doch in mir tobte ein Sturm der Verwirrung, und ich konnte nicht anders, als mich zu fragen, wer er war und warum er gerade jetzt in mein Leben getreten war.

Ich stand da, inmitten der festlichen Atmosphäre, umgeben von glücklichen Gesichtern und leuchtenden Lichtern, doch mein Kopf war in einer seltsamen Trance gefangen. Die Rosenblätter in meiner Hand fühlten sich seltsam leicht an, als ich sie auf das Brautpaar warf, fast mechanisch, ohne wirklich zu begreifen, was um mich herum geschah. Alles, woran ich denken konnte, war die Verwirrung über den Mann, der mich an der Hand genommen hatte.Ich hatte wirklich geglaubt, dass es Eser war, der mich in letzter Sekunde aus meiner Einsamkeit gerettet hatte, und als ich dann in die fremden grauen Augen blickte, war ich enttäuscht. Eser saß an einem der Tische, die Arme verschränkt, und beobachtete mich, als ich nun wie alle anderen Paare dem Verlobungspaar Gesellschaft leistete. Sein Blick war undurchdringlich, und ich konnte nichts daraus lesen, aber ich spürte förmlich, wie er jede meiner Bewegungen verfolgte.Der Fremde, der mich fest in seinen Armen hielt, drehte sich mit mir im Takt der Musik. Er war groß, mit einer kräftigen Statur, und trug einen dunkelgrauen Anzug, der perfekt saß. Seine Augen, ein tiefes Grün, strahlten eine warme Freundlichkeit aus, die im Kontrast zu dem kalten Ausdruck in Esers Gesicht stand.„Ich bin Samet Cemiloğlu," sagte er schließlich, als er bemerkte, dass ich immer wieder zu Eser hinübersah. Seine Stimme war ruhig, fast beruhigend, und brachte mich dazu, meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn zu richten.„Irem," antwortete ich leise, immer noch etwas benommen von der ganzen Situation. „Es tut mir leid, ich war nur überrascht. Ich hatte wirklich gedacht, dass..." Ich brach ab, unsicher, wie ich den Satz beenden sollte.„Dass es Eser war?" beendete Samet den Satz für mich, ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. „Keine Sorge, ich habe das bemerkt. Aber ich konnte dich dort nicht einfach so alleine stehen lassen."Ich war überrascht von seiner Ehrlichkeit und spürte eine warme Dankbarkeit aufsteigen. „Das ist wirklich nett von dir," sagte ich und sah ihm tief in die Augen. „Danke, dass du mich nicht alleine gelassen hast."Sein Lächeln vertiefte sich, und für einen Moment verlor ich mich in seinen grünen Augen. „Ich habe dich bereits bemerkt, als du hier eingetroffen bist," gestand er. „Du hast eine Ausstrahlung, die schwer zu übersehen ist. Als ich sah, dass du ohne Partner warst, wollte ich sicherstellen, dass du dich nicht unwohl fühlst."Ich spürte, wie meine Wangen leicht erröteten. „Das ist sehr aufmerksam von dir," sagte ich leise und konnte ein leichtes Kichern nicht unterdrücken. Es war seltsam, aber auch angenehm, mit jemandem zu sprechen, der so direkt und ehrlich war.„Haben wir uns schon einmal irgendwo gesehen?" fragte ich schließlich, als wir uns weiter im Takt der Musik bewegten.„Nein, ich glaube nicht," antwortete er mit einem leichten Kopfschütteln. „Aber es gibt immer ein erstes Mal für alles, oder?"Ich lachte leise, beeindruckt von seiner Gelassenheit. Doch während wir tanzten, konnte ich Esers Blicke auf mir spüren, wie ein unsichtbares Gewicht, das mich herunterzog. Es war, als ob er mich mit seinen Augen durchbohren wollte, aber ich konnte nicht sagen, was er dabei empfand. War es Eifersucht? Ärger? Oder einfach nur Gleichgültigkeit?Nach dem Tanz löste ich mich höflich von Samet und bedankte mich nochmals für seine Gesellschaft. Ich musste einfach etwas Abstand gewinnen, also entschied ich mich, Richtung WCs zu gehen, um einen Moment für mich zu haben und meine Gedanken zu ordnen.Als ich den kleinen Flur betrat, der zu den WCs führte, stand Eser plötzlich vor mir. Sein Gesichtsausdruck war ernst, seine Augen schmal zusammengezogen, als ob er etwas durch meine Worte hindurch zu erkennen versuchte.„Weißt du überhaupt, wer dieser Mann ist?" fragte er mit einem kalten Unterton in seiner Stimme, der mir einen Schauer über den Rücken jagte.„Nein," antwortete ich wahrheitsgemäß, während ich versuchte, seine plötzliche Kälte zu verstehen. „Er hat sich mir als Samet Cemiloğlu vorgestellt. Warum?"Eser trat näher, beugte sich leicht vor, sodass seine Lippen dicht an meinem Ohr waren. Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, aber die Worte hallten in meinem Kopf wider, als er sagte: „Er ist mein Erzfeind, genau wie du."Ich konnte seine Worte nicht glauben. Nach allem, was wir erlebt hatten, hatte ich gedacht, dass wir uns näher gekommen waren, dass sich zwischen uns zumindest ein gewisses Maß an Respekt entwickelt hatte. Doch jetzt verhielt er sich, als wäre ich ein Feind, als hätte ich etwas falsch gemacht, nur weil ich mit einem anderen Mann getanzt hatte.Ich sah ihm direkt in die Augen, spürte die Wut und Enttäuschung in mir aufsteigen. „Vielleicht sollte ich Samet eine Chance geben," sagte ich, meine Stimme bebte leicht vor Zorn. „wenn du ihn so sehr hasst, dann muss er ein wirklich guter Mensch sein. Denn von Menschen verstehst du offensichtlich nichts, Eser."

Braune Augen [Irem ♥ Eser] *NEUE VERSION*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt