Einundzwanzig

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Die Tage nach meiner Entscheidung, mich von Eser zu trennen, vergingen wie in einem nebligen Traum. Jede Stunde, jede Minute fühlte sich an wie eine Ewigkeit, und obwohl ich wusste, dass ich das Richtige getan hatte, schmerzte es mich mehr, als ich es je für möglich gehalten hätte. Es war nicht einfach nur Traurigkeit, es war, als ob etwas in mir zerbrochen war, und ich konnte die Scherben nicht wieder zusammenfügen. Cağla, meine beste Freundin, merkte schnell, dass etwas nicht stimmte. Sie hatte mich in all den Jahren noch nie so gesehen, so am Boden zerstört, so unfähig, meine Gefühle zu verbergen. Normalerweise war ich gut darin, meine wahren Emotionen hinter einem Lächeln zu verstecken, besonders auf der Arbeit im Kinderheim. Die Kinder brauchten meine Energie, meine Freude, und ich gab mein Bestes, ihnen das zu geben. Doch sobald ich alleine war, fiel die Maske, und die Tränen kamen unaufhaltsam. Eines Abends, als wir zusammen in meinem Zimmer saßen, hielt ich es nicht mehr aus und erzählte Cağla alles. Vom ersten Kuss, von der Wette, von den Momenten, in denen ich dachte, dass wir vielleicht mehr sein könnten, als nur zwei Menschen, die aus einer dummen Abmachung heraus zusammen waren. Ich erzählte ihr, wie sehr ich mich in Eser verliebt hatte und wie schwer es mir gefallen war, die Beziehung zu beenden. Es war das Richtige, das wusste ich, aber es fühlte sich an, als hätte ich einen Teil von mir selbst verloren. Cağla hörte mir aufmerksam zu, ihre Augen wurden immer trauriger, je länger ich sprach. Als ich fertig war, zog sie mich wortlos in ihre Arme und hielt mich fest. "Irem," sagte sie schließlich, "du hast das Richtige getan, wirklich. Aber es tut mir so weh, dich so zu sehen. Du bist meine beste Freundin, und ich hasse es, dich so leiden zu sehen." Ich nickte nur, unfähig, die Worte zu finden, die das Chaos in meinem Kopf erklären könnten. Cağla versuchte mich in den folgenden Tagen abzulenken. Wir gingen shoppen, besuchten Cafés, machten alles, was wir sonst auch gerne zusammen taten. Aber sie spürte, dass nichts davon wirklich half. Mein Herz war schwer, und egal, wie sehr ich mich bemühte, ich konnte Eser nicht vergessen. Die Leere, die er hinterlassen hatte, war zu groß. Es dauerte nicht lange, bis Cağla mit Edgar sprach. Sie wusste, dass ich eine Veränderung brauchte, etwas, das mich aus diesem Sumpf der Verzweiflung herausreißen könnte. Gemeinsam planten sie einen Wochenendtrip nach Paris – die Stadt der Liebe. 

Als Edgar und Cağla mich am Freitagabend abholten, wusste ich von nichts. Ich hatte mich darauf eingestellt, ein Wochenende mit meiner besten Freundin zu verbringen, um den Kopf freizubekommen. Doch als ich die Autotür öffnete und einstieg, stockte mir der Atem. Eser saß bereits auf der Rückbank, und in diesem Moment wurde mir klar, dass Cağla und Edgar einen Plan hatten. Ein Plan, der uns beide dazu zwingen würde, uns mit unseren Gefühlen auseinanderzusetzen.Ich setzte mich neben ihn, mein Herz schlug wild in meiner Brust. Keiner von uns sprach ein Wort. Ich konnte ihn von der Seite anschauen, und obwohl ich mich zwingen wollte, es nicht zu tun, konnte ich den Blick nicht von ihm abwenden. Es war, als würde mein Herz gegen meinen Verstand rebellieren. Die Nähe zu ihm war schmerzhaft, aber auch ein Hauch von Erleichterung. Er war hier, und obwohl alles in mir schrie, ihn auf Abstand zu halten, konnte ich es nicht. Die Fahrt nach Paris war lang und schweigsam. Die Spannung zwischen uns war greifbar, und ich wusste, dass Cağla und Edgar es bemerkten. Doch sie ließen uns unsere Ruhe, unterhielten sich leise vorne im Auto und warfen uns nur hin und wieder verstohlene Blicke zu.Als wir schließlich in Paris ankamen und in das Hotel eincheckten, stellte sich heraus, dass wir uns ein Zimmer teilen mussten. Es gab nur zwei Zimmer, und Cağla und Edgar erklärten schnell, dass sie das andere Zimmer nehmen würden. Es war klar, dass dies ebenfalls Teil ihres Plans war. Sie wollten uns keine Wahl lassen, außer uns endlich auszusprechen. Im Zimmer herrschte zunächst eine peinliche Stille. Eser bot mir höflich an, das große Bett zu nehmen, während er auf der Couch schlafen würde. Ich nickte nur und versuchte, meine Nervosität zu verbergen. "Das ist wirklich nicht nötig, Eser. Ich kann auch auf der Couch schlafen," sagte ich schließlich, aber er bestand darauf. "Nein, Irem. Es ist wichtig, dass du dich wohlfühlst. Nimm das Bett, ich komme schon zurecht." Ich konnte ihm nur ein schwaches Lächeln schenken und begann, meine Sachen auszupacken. Währenddessen schweiften meine Gedanken immer wieder zu dem, was uns hierhergebracht hatte. Zu all den Momenten, die wir geteilt hatten, den Gefühlen, die ich für ihn hatte und die mich nun in den Wahnsinn trieben.

Braune Augen [Irem ♥ Eser] *NEUE VERSION*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt