Als die Dunkelheit sich endlich über die Landschaft gelegt hatte verließ ich durch den Hintereingang mein Haus. Die Pferde schauten mich erwartungsvoll an, erwarteten bei meinem Anblick wahrscheinlich Futter. Doch ich drängte mich an ihnen vorbei, ignorierte ihre sehnsüchtigen Blicke in meinem Rücken.
Das Geräusch des Sandes unter meinen Schritten war mir mittlerweile schon vertraut, das Zirpen der Grille sorgte für eine angenehme Atmosphäre. Es war ein schöner Abend, der Mond spendete beruhigendes Licht, die Fackeln an den Hauswänden flackerten jedoch in beunruhigendem Kontrast dazu. Ich zuckte kurz zusammen, als eine Schlange sich zischend an mir vorbei wand. Es war nicht weit bis zu Takaishii, wir wohnten ja direkt nebeneinander. Doch heute kam es mir unendlich weit vor, mit jedem Schritt wuchs in mir die Anspannung, die Angst, etwas falsches zu tun. Tu es für Bergi, sprach ich mir also immer wieder selbst Mut zu.
Vorsichtig lugte ich um die Ecke, überprüfte, dass gerade niemand auf der Straße unterwegs war. Zu meinem Glück war die Straße wie leergefegt, vereinzelt sah ich das hinter Fenstern noch Licht brannte, doch ansonsten war es still. Ein kühler Windhauch streifte mich, ich fröstelte.
Leise schlich ich mich an Takaishii Haus an, wahrscheinlich war das auffälliger, als wenn ich ganz normal gelaufen wäre, doch vor Anspannung konnte ich mich nicht normal und entspannt verhalten.
Endlich stand ich vor der Haustür. Tief atmete ich noch einmal durch, dann klopfte ich. Erst vorsichtig, dann noch einmal etwas fester. Ich hörte Schritte. Sammelte mich noch einmal kurz. Dann öffnete sich die Tür und Takaishii schaute mich erst überrascht an, doch schnell verwandelte sich seine Miene in ein fieses Grinsen.
„Komm doch rein.", meinte er und trat ein Stück zur Seite, um mich reinzulassen.
Er schloss die Tür hinter mir und meine Zweifel wurden immer größer. Hätte ich vielleicht doch lieber auf die anderen hören sollen und wäre mit ihnen zusammen zu ihm gegangen? Doch jetzt war es eh zu spät, ich stand ja schon in seinem Haus.
„Womit habe ich die Ehre verdient, dass sie mich besuchen?", fragte er betont höflich.
„Ich wollte mit ihnen über Herr Bergmann reden."
Er nickte nur. „Das hatte ich mir schon fast gedacht, setzen sie sich doch."
Das gefiel mir nicht, er wirkte anders als sonst, viel beherrschter und deswegen unberechenbarer. Trotzdem folgte ich seiner Anweisung und setzte mich auf den mir zugewiesenen Platz.
„Was wollten sie denn bereden?", fragte er sachlich.
Ich holte noch einmal tief Luft, bevor ich sprach. „Ich möchte nicht, dass er sterben muss. Gäbe es eventuell eine Möglichkeit an dem Urteil etwas zu drehen?"
Amüsiert grinste er mich an. Dann lachte er leise und schüttelte seinen Kopf.
„Wollen sie mich etwa bestechen, Herr Elpeh?"
Ich zuckte mit den Schultern, versuchte ruhig und gefasst zu bleiben.
„Jeder Mensch hat seinen Preis. Welcher ist ihrer?"
Er schüttelte immer noch lachend seinen Kopf.
„Herr Elpeh, mal im Ernst. Mit was würden sie sich dazu bestechen lassen, Herr Bergmann sterben zu sehen?"
Ich runzelte irritiert die Stirn. Das war doch wohl etwas ganz anderes! Immerhin würde es darum gehen einen guten Freund sterben zu lassen, für ihn ging es nur um eine Urteilsverminderung.
„Das lässt sich doch nicht vergleichen. Für nichts auf der Welt würde ich einfach zusehen wie er stirbt.", antwortete ich also aufgebracht.
Er seufzte nur leise. „Ach Herr Elpeh, das lässt sich sehr wohl vergleichen. Für sie ist es eine Herzensangelegenheit ihm das Leben zu retten, für mich ist es eine Herzensangelegenheit ihr Gesicht zu sehen, wenn er vor ihren Augen stirbt."
In seinen Worten lag soviel Genugtuung, dass ich mich zusammenreißen musste, ihm nicht in seine hässliche Fresse zu schlagen. Es war ihm also eine Herzensangelegenheit meinen Gesichtsausdruck zu sehen, wenn er Bergi vor meinen Augen umbrachte? Ich hasste diese Menschen mit jedem seiner Worte ein bisschen mehr.
„War's das dann? Oder haben Sie noch ein Anliegen?"
Verzweifelt dachte ich nach, wie ich ihn doch noch auf meine Seite ziehen könnte.
„Gibt es wirklich nichts, was sie überzeugen würde. Irgendwas, das sie gerne hätten?"
Jetzt stahl sich wieder ein Grinsen auf sein Gesicht.
„Na ja, wenn du es so formulierst. Hau ab."
Verwirrt schaute ich ihn an. Wie meinte er das?
„Du hast mich schon richtig verstanden, hau einfach ab. Die Wüste ist groß genug, such dir woanders ein paar Menschen denen du das Leben schwer machen kannst."
Noch immer verstand ich nicht ganz. „Warum?"
„Ich kann dich nicht leiden. Niemand kann dich leiden. Ist dir das noch nie aufgefallen? Wenn deine Leute nicht so loyal und freundlich wären hätten sie dich doch schon längst davongejagt. Du bringst nichts als Ärger."
Schockiert starrte ich ihn an. Mir war zwar klar gewesen, dass er mich nicht leiden konnte, aber mir wurde erst jetzt bewusst, in welchem Ausmaß er mich verabscheute.
„Jetzt starr mich nicht so an. Sie sagen es dir vielleicht nicht, aber ich merke so was wenn ich es sehe. Und Herr Bergmann versucht doch nur dich einzuwickeln, damit du ihm hilfst. Jetzt sag nicht, dass du so blind bist und das wirklich nicht gemerkt hast?"
Als er meinen zweifelnden Blick sah lachte er leise.
„Ach Manuel, nimm es dir nicht zu sehr zu Herzen. Aber so ist das nun mal. Fressen und gefressen werden. Du bist gerade dabei dich fressen zu lassen, und das sogar freiwillig. Ich kann dich zwar nicht besonders gut leiden, aber irgendjemand muss dir das ja mal sagen."
In meinem Kopf sprach ich immer wiederholend vor mich hin, dass er log. Ich durfte nicht auf ihn hören, er war gut darin andere zu manipulieren. Hör nicht auf ihn, Manuel, hör nicht auf ihn. Aber seit wann nannte er mich eigentlich beim Vornamen?
„Manu, ich fürchte es wäre wirklich besser woanders neu anzufangen. Merkst du denn nicht, dass du das Vertrauen der anderen längst verspielt hast?"
„Für sie immer noch Herr Elpeh. Und nein, ich glaube dass meine Leute mir immer noch Vertrauen entgegenbringen."
Er nickte kurz und stand auf. Mein Blick folgte ihm, ich vertraute ihm nicht, und würde ihn keine Sekunde aus den Augen lassen. Er ging in einen anderen Raum und ich hörte ein Klirren. Kurz darauf kam er mit zwei Gläsern in der Hand wieder.
„Hier. Ich fürchte das wird noch ein längeres Gespräch.", meinte er und reichte mir eines der Gläser. Misstrauisch begutachtete ich den Inhalt.
„Ich bring dich schon nicht um.", bemerkte Takaishii lachend.
Ich roch vorsichtig an der Flüssigkeit, trank aber nichts.
„Sorry, aber das Risiko gehe ich nicht ein. Immerhin hast du vor ein paar Minuten zugegeben, dass du mich loswerden willst."
Er knurrte missmutig, trank sein Glas mit einem Schluck leer und nahm mir mein Glas grob aus der Hand.
„Willst du das nicht auch noch trinken?", fragte ich frech.
Er murrte etwas unverständliches und brachte das Glas weg. Es war wohl klug von mir gewesen, ihm nicht zu trauen. Ich wollte gar nicht wissen, was für Auswirkungen das Zeug hatte, was er mir da gerade vorgesetzt hatte. Dann kam er zurück und seine Augen funkelten angriffslustig.
„Also Bergmann hat das getrunken."
Irritiert schaute ich ihn an. Also schien es immerhin nichts tödliches zu sein.
„Ist eine super leckere Mischung. Nur Saphirian weiß, was da alles drin ist. Erinnerst du dich noch an Saphirian, der, der behauptet hat euch gesehen zu haben?"
Ich nickte, das war ja erst heute morgen gewesen. So schlecht war mein Gedächtnis nun auch wieder nicht.
„Ich hab ihn vor kurzem angeheuert, nachdem ich herausgefunden habe, dass er sich mit Tränken und so auskennt. Ich habe ihn gebeten eine Art Droge herzustellen, die ich Bergmann untergejubelt habe. Eigentlich sollte er dich unter der Wirkung umbringen, aber das ging ja dann leider in eine etwas andere Richtung..."
Warum erzählte er mir das? Doch er ignorierte meinen irritierten Blick. Er wirkte so stolz auf seinen genialen Plan, dass er wohl vergessen hatte, wem er das gerade erzählte.
„Also hat er ein bisschen was verändert. Und dann habe ich gesehen wie du abends zu ihm gegangen bist. Da habe ich meine Chance gesehen. Als er daraufhin mit Max in den Saloon gegangen ist habe ich ihm das Zeug in sein Getränk mischen lassen, aber genau an dem Abend bist du natürlich abgehauen. Und als die Wirkung eingesetzt hat, hat es Superzocki getroffen und nicht dich. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie viel Glück du hast, dass du noch lebst."
Ich starrte ihn geschockt an. Also hatte ich Recht gehabt, Herr Bergmann war nicht er selbst gewesen. Aber warum setzte Takaishii ihn unter Drogen?
„Warum?", fragte ich also zögerlich.
Er grinste und sein Blick glitt langsam ins Irre.
„Du tust so als würde er dir gehören. Nur weil er stolz darauf ist, dass er der einzige ist, mit dem der Typ mit der Maske in einem Bett schläft, heißt das nicht, dass er dich wirklich mag. Was willst du eigentlich von ihm? Du wirkst nicht gerade beziehungstauglich. Da wäre ich doch viel besser für ihn. Ich haue nicht einfach mal ab wie ich gerade Lust habe, ich kriege keinen halben Nervenzusammenbruch sobald mich jemand umarmt, ich betrüge die Leute die ich mag nicht!"
Bei seinem letzten Satz zuckte kurz ein anderer Ausdruck über sein Gesicht. Als wäre er nicht ganz ehrlich gewesen. Doch so schnell wie ich die Schuldgefühle in seinem Blick bemerkt hatte, so schnell wurden sie wieder von der gewohnten Kälte und Härte verdrängt.
Immer noch war ich schockiert. Er war an allem Schuld! Er allein! Und deswegen sollte Bergmann sterben, weil er ihn nicht wollte? Das konnte doch wohl nicht sein Ernst sein!
Ich wollte ihm gerade sein Verhalten vorwerfen, als er blitzschnell auf mich zu lief, mich am Arm hochriss und noch in derselben Bewegung auf den Boden schleuderte. Durch den Aufprall wurde mir die Luft aus den Lungen gepresst und ein Schmerz durchzuckte meinen Rücken.
Schnell wollte ich mich wieder aufrichten, doch er war schneller. In Sekundenschnelle setzte er sich auf mich und drückte mich auf den Boden. Panik stieg in mir hoch, die Situation erinnerte mich nur allzu stark an die Geschehnisse in der Höhle vor gar nicht allzu langer Zeit. Sein Blick war vollkommen irre geworden, er murmelte immer wieder etwas vor sich hin.
Endlich löste ich mich aus meiner Schockstarre und schrie so laut ich konnte nach Hilfe. Wie hatte ich Idiot nur denken können, dass ich mich Takaishii alleine gegenüberstellen konnte?
Als ich schrie zuckte er zusammen und starrte mich an. Sein Blick wurde nun panisch, wanderte über mich. Dann murmelte er leise:"Warum habe ich dir das erzählt?"
Als ich seine Verwirrung bemerkte wollte ich mich befreien, doch sein Griff wurde noch fester, als er meinen Fluchtversuch bemerkte.
„Ich kann dich nicht gehen lassen, du weißt zu viel", flüsterte er.
Mein ganzer Körper zitterte vor Angst, wieder schrie ich laut nach Hilfe. Es war doch abends, da musste mich doch irgendjemand hören.
„Sei leise!", zischte er vollkommen überfordert.
Ich merkte wie es in seinem Kopf arbeitete, dann zuckte etwas wie Verständnis in seinen Augen auf.
„Ich kann dich nicht lebend gehen lassen." Er sprach mehr zu sich selbst, als zu mir.
Als ich verstand, was er mir damit sagen wollte, setzte ich wieder an zu schreien, doch er drückte mir eine Hand aus den Mund.
„Halt dein Maul!"
Ich biss nach seiner Hand und er zog sie erschrocken weg. Wütend funkelte er mich an. Dann spürte ich seine Hände an meinem Hals. Panisch versuchte ich mich seinem Griff zu entziehen und schnappte erschrocken nach Luft, als er mit seinen Händen noch fester zudrückte. Verzweifelt versuchte ich mich aus seinem Griff zu winden, doch er verstärkte ihn nur mit jeder meiner Bewegungen.
Nach und nach verlor ich das Gefühl für meinen Körper, meine Arme, meine Beine, mein ganzer Körper fühlte sich an wie eingeschlafen. Alles kribbelte und ich spürte wie mein Widerstand nachließ, ich der Ohnmacht immer näher kam. Ich versuchte verzweifelt und mit letzter Kraft ihn von mir wegzudrücken, die Umgebung verschwamm immer mehr, war nur noch ein verzerrtes Abbild ihrer selbst. Takaishiis Augen strahlten immer noch Angst und Unsicherheit aus.
Ich gab auf, schloss meine Augen. Sah Herr Bergmann vor mir, wie er mich glücklich anlächelte, während ich mich vertrauensvoll an ihn kuschelte. Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen.
Dann wurde alles schwarz.
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Die zwei Seiten eines Menschen
FanfictionHallo als erstes das ist nicht meine eigene ff die habe ich auf Fanfiction. de gefunden und ich hab die fertig gelesen und sie ist echt der Hammer deswegen zeige ich euch sie viel Spaß es ist eine GLP x Herr Bergmann ( es gibt viel zu wenig aber na...