Zum Unterricht gingen wir erst wieder in der nächsten Stunde, da wir für diese eh schon viel zu spät dran waren. Nachdem Mario und Felix damit fertig waren meinen Untergang zu planen, hatten sich die Gespräche nur noch um den üblichen Kram à la 'der und der hat sich schon wieder blamiert' oder 'das steht dem und dem ja mal gar nicht' gedreht. Manchmal hatte ich echt das Gefühl, wir sind überhaupt keine Jungs. Als es dann Zeit wurde in den nächsten Unterricht zu gehen, bekam ich noch ein paar mahnende Blicke seitens meinen Freunden, die mir noch versicherten, dass sie auf mich warten würden bis das Gespräch mit Marcel vorbei wäre, ehe sie sich in alle Richtungen verstreuten. Um ehrlich zu sein kam mir diese Aussage ziemlich wie eine Drohung vor.
Mit einem mulmigen Gefühl im Magen machte ich mich also auf den Weg zu meiner letzten Stunde bei Frau Lemming. Sie war eigentlich voll in Ordnung, da sie einen nicht zum Mitmachen zwang. Dementsprechend sahen dann aber leider auch immer meine Noten aus. Ich brauchte halt manchmal jemanden der mir ordentlich in den Arsch trat, denn von alleine kriegte ich den eher selten hoch. Trotzdem bemühte ich mich während der Stunde wenigstens einmal etwas halbwegs produktives einzubringen und meinen Blick möglichst nicht in Marcels Richtung schweifen zu lassen. Noch nie hatte ich mir gewünscht das eine Stunde langsamer vergehen solle, doch je näher der Schulschluss rückte, umso hibbeliger wurde ich. Als schließlich doch das unvermeidliche Klingeln welches die Stunde für beendet erklärte einsetzte, packte ich nicht wie der Rest meine Sachen ein, sondern nahm all meinen Mut zusammen und bewegte mich in Richtung Marcel. Als ich direkt vor ihm stand, sah er von seiner halb gepackten Tasche auf und zog fragend eine Augenbraue hoch. "Können wir gleich kurz reden?" Wow, ich hatte ihn tatsächlich gefragt, ohne mich irgendwie lächerlich zu machen. "Wenns sein muss." Er zuckte mit den Schultern und widmete sich wieder seiner Tasche. Verunsichert über seine Reaktion kehrte auch ich zu meinen Sachen zurück und begann einzuräumen. Die Klasse begann sich zu leeren und ich bemerkte, wie ein paar Freunde von Marcel ihn darauf ansprachen ob er mitkomme, doch da sie den Raum schließlich ohne ihn verließen hatte er wohl verneint.
Als Marcel und ich die einzigen waren, ging ich ein paar Schritte auf ihn zu, sodass wir uns direkt gegenüber standen. Ich straffte meine Schultern und blickte ihm direkt in die Augen. Ich war überrascht einen Hauch von Zärtlichkeit und etwas anderem, was ich nicht benennen konnte zu sehen. Beide Ausdrücke verschwanden allerdings sofort, als ich meine Frage stellte. Stattdessen breitete sich eine Mischung aus Belustigung, Empörung und einer Spur Ernsthaftigkeit bei den Worten: "Sind wir jetzt zusammen oder was läuft da jetzt zwischen uns?", auf seinen Zügen aus. "Natürlich sind wir nicht zusammen. Hast du das wirklich erwartet? Wir haben nur unseren Spaß miteinander, mehr nicht. Ich liebe dich nicht. Ich will dich. Das ist ein ziemlich großer Unterschied. Du musst das Ganze so sehen: so ziemlich jeder hier würde sich wünschen mit dir tauschen zu können. Du solltest also froh sein für das was du hast."
Ich starrte ihn mit offenem Mund an. War das jetzt sein Ernst? Wollte er wirklich das ich quasi eine Affäre mit ihm anfing? 'Ich liebe dich nicht.' Dieser Satz hatte sich in mein Gehirn gebrannt und bereitete mir unglaubliche Bauchschmerzen. "Eine Affäre also." Meine Stimme hörte sich merkwürdig an. So tonlos. Auf jeden Fall nicht normal.
"Genau. Also ich hoffe deine Fragen sind geklärt, denn ich würde dann jetzt gerne gehen." Er war bereits auf dem Weg zur Tür, als ich ihn zurückhielt. "Nein." "Wie nein?" Er drehte sich wieder zu mir um. Die leichte Überraschung war ihm anzusehen. "Ich mach das nicht mit. Ich bin nicht dein Spielzeug und ich werde mit Sicherheit keine Affäre mit dir anfangen. Erst recht nicht in unserem alter. Was denkst du dir denn eigentlich dabei, so mit meinen Gefühlen zu spielen und mal ganz davon abgesehen auch mit meiner Unschuld. Du kannst mich mal." Ich war wütend, enttäuscht und verletzt, doch die Wut hatte momentan die Überhand. Mit einer Hand griff ich nach meiner Tasche, während ich an Marcel vorbeirauschte, der immer noch wie angewurzelt an der Tür stand. Ich könnte schwören, er hatte irgendwas von Unschuld und Gefühlen vor sich hin gemurmelt. Ich rannte zur Eingangstür, ehe mir auffiel, dass ja sehr wahrscheinlich Felix und die anderen davor auf mich warten würden, also machte ich auf halbem Weg kehr und lief zum Hintereingang. Ich wollte mich jetzt mit niemandem auseinandersetzten müssen.
Den ganzen Abend hatte ich mich in meinem Bett verkrochen und Musik gehört. Die Tür hatte ich verschlossen, damit mich niemand stören konnte und auch auf Nachrichten, Anrufe und ähnliches hatte ich nicht reagiert. Der einzige Zwischenfall war, als meine Mutter sich über die verschlossene Tür aufgeregt hatte, doch nachdem sie mein Gesicht sah, nahm sie mich nur in den Arm und ließ mich dann den ganzen Abend in Ruhe. Wieder eine der Sachen für die ich sie liebte.
Am nächsten Tag hatte ich kaum bessere Laune, was ich meine Freunde auch spüren ließ. Nachdem ich ihnen klar gemacht hatte, dass sie sich ihren verdammten Plan sonst wo hin schieben konnten, ließen sie das Thema dann auch sein und mich in meiner schlechten Laune in Ruhe. Ich konnte ihnen nicht verübeln, dass sie sich den ganzen Tag über eher von mir fern hielten. Ich konnte mich ja selbst nicht leiden wenn ich so war. Wo war meine Frohnatur hin? Das war alles Marcels Schuld. Ach ja übrigens Marcel. Dieser warf mir nur ab uns zu schuldbewusste Blicke zu, welche ich mit wütenden und verletzten quittierte, sprach mich aber auch nicht mehr an. Der folgende Tag verlief ähnlich und ich konnte es mittags kaum noch erwarten endlich zum Training zu kommen, weshalb ich auch eine halbe Stunde früher als nötig da war. Ich zog mich schnell um, sodass ich bereits vor meinem Trainer auf der Matte stand und mit meinen Übungen anfing. Wie immer vergaß ich beinahe alles dabei, doch als ich meinen Blick hob und sah wie Marcel die Sportschule betrat ging ich direkt zum Boxsack über. Irgendwo musste ich meine Aggressionen ja rauslassen bevor ich ihm noch eine verpasste. Aus versehen natürlich. Ich steckte all meinen Frust und all meine Wut in meine Schläge, bis mir der Schweiß in Strömen übers Gesicht lief und ich wenigstens eine kleine Pause zum trinken und abtrocknen machen musste. Ich hatte vor, heute noch lange hier zu bleiben und da durfte ich schließlich nicht vorher wegen zu wenig Flüssigkeit zusammenbrechen. Hatte ich alles schon, brauchte ich nicht unbedingt nochmal. Ich setzte grade die Flasche an, als mir eine Hand auf die Schulter gelegt wurde und ich mich zu meinem Trainer umdrehte. "Hey Alex, die Stunde ist bald rum. Ich geh davon aus du bleibst länger?" Ich nickte "Okay, wärst du dann so lieb und würdest bevor das normale Training rum ist mit dem neuen noch einen Übungskampf machen? Er kann die Techniken eigentlich schon ganz gut, nur muss er lernen auf den Gegner zu achten. Mach es ihm aber nicht zu schwer ja?" Eigentlich wollte ich protestieren, da der einzige neue bei uns Marcel war, doch wie hätte ich das denn erklären sollen? Nein mach ich nicht, weil das der Junge ist in den ich mich verliebt habe und der mich nur als sein Spielzeug will? Wohl kaum. Obwohl ich den Gesichtsausdruck gerne gesehen hätte. "Okay Sascha, klar. Können wir dann direkt anfangen? Ich würde nämlich eigentlich gerne weitermachen." Er nickte, runzelte jedoch wegen meinem Tonfall die Stirn. Ehe er etwas sagen konnte, hatte ich schon Marcel am Arm gepackt und in den Ring geschleift. "So. Deckung beachten und versuch auch ein paar Schläge zu landen. Du hast 5 Minuten. Danach bin ich fertig mit dir." Meine Stimme war schneidend und sowohl ihm als auch mir war bewusst das ich mit dem letzten Satz nicht nur den Kampf gemeint hatte. Ja schon gut, vielleicht reagierte ich ein bisschen über aber er hatte mich verletzt. Er zuckte leicht zusammen, ehe er zum sprechen ansetzte. "Hör zu, es tut mir leid okay? Wenn ich gewusst hätte, dass du mich nicht nur geil findest sondern auch Gefühle für mich hast, dann hätte ich das doch nie gemacht. Und ich bin froh, dass du mich aufgehalten hast, bevor naja du weißt schon..." Er kratzte sich verlegen am Nacken, doch seine ganze Entschuldigung machte meine schlechte Laune nicht besser. Im Gegenteil sogar. Ich wollte doch nur das er mich mochte, doch mit seinen Worten hatte er mir praktisch unter die Nase gerieben das er genau das nicht tat. Nie tun würde. Er hatte mich nur mehr verletzt, als ich eh schon war, selbst wenn es eigentlich genau anders gemeint war. "Wenn du dann fertig bist, können wir jetzt endlich anfangen?", sagte ich deshalb verachtend, woraufhin er mich überrascht über meinen Ton ansah. Er hatte wohl wirklich gedacht jetzt wäre alles wieder gut. "Ähhm natürlich", sagte er leise und zog sich die Handschuhe an. Das Marcel mal schüchtern, bzw. sogar ein wenig verletzt rüber kam, hätte ich bis dahin nie gedacht. Sonst war er doch immer so taff und unnahbar. Jetzt schien er beinahe verletzlich, obwohl ich nicht nachvollziehen konnte woher das kam. "Okay 5 Minuten ab jetzt." Rief ich ihm zu und stellte mich ihm gegenüber. Ich scannte seinen Körper nach der besten Stelle ab und platzierte den ersten Schlag.
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Just kissed a Badboy (boyxboy)
General FictionHey, ich bin Alex Ich bin 16 und gehe auf ein Gymnasium in Berlin Zehlendorf. Normalerweise bin ich eher ruhig und hab lieber meine Ruhe bevor ich das Bedürfnis verspüre irgendwas mit anderen Leuten außer meinen Freunden zu machen. Oh und ich bin s...