~10~

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Eine Weile saßen wir schweigend da, ehe er sich räusperte. "Erzählst du mir etwas von dir? Eigentlich weiß ich doch überhaupt nichts über dich. Nur das du Alex heißt und verdammt gut Kickboxen kannst, aber das war es dann auch schon." Ich blickte ihn an. "Okay, aber nur wenn du mir dann auch ein paar Sachen über dich erzählst." Als er nickte holte ich tief Luft und setzte zum reden an. "Also ich habe noch einen kleinen Bruder und lebe mit ihm und meiner Mutter in einer Wohnung in Steglitz. Zu meinem Bruder habe ich nicht unbedingt das beste Verhältnis, aber dafür ist das zu meiner Mutter umso besser. Meine besten Freunde, Toni, Felix, Niklas und jetzt ist irgendwie auch Mario da rein gerutscht, gehen auch auf unsere Schule. Eigentlich müsstest du sie kennen. Französisch und Mathe verabscheue ich, genauso wie diese ganzen Homophoben Leute, die hier rum rennen und behaupten alles was ich verkörpere ist schlecht. Aber die konnte ich auch schon nicht leiden bevor mir bewusst wurde, dass ich selbst schwul bin. Ich meine, warum hat man so einen Hass auf etwas vollkommen normales? Warum lässt man andere Leute nicht einfach so leben wie sie nun mal sind? Haben wir ihnen denn je einen Grund gegeben uns zu hassen? Nur weil wir nicht in das Schema des perfekten Weltbildes passen? Es tut mir leid ich schweife ab, aber ich versteh es halt einfach nicht. Naja also wo war ich? Ach ja.. Schule. Nun ja, Englisch mag ich am liebsten , zusammen mit Sport. Ich hatte früher leichte Aggressionsprobleme, die ich durch das Kickboxen in den Griff bekommen habe. Ich habe mich da von Anfang an ziemlich reingehängt." Ich schaute wieder in seine Richtung und merkte, dass er mich ebenfalls ansah. Als meine Augen seine trafen versank ich für einen Moment in dem strahlendem blau, ehe ich mich los riss und verlegen den Kopf schüttelte. "Ähhm reicht das für den Moment?" Sein Blick hatte mich aus dem Konzept gebracht und wirklich mit Konzept hatte ich auch nicht geredet, sodass ich keine Ahnung hatte wo ich jetzt anschließen sollte. Als er immer noch nichts erwiderte drehte ich mich wieder zu ihm.

Er schaute mich nachdenklich an. "Was ist?" Irgendwie war es mir unangenehm so von ihm beobachtet zu werden. "Du bist ziemlich mutig, weißt du das überhaupt? Du gehst so offen mit deiner Sexualität um, als wäre es das normalste der Welt für dich das du schwul bist. Ich habe ziemlich lange dafür gebraucht zu erkennen das ich Bisexuell bin und geoutet hab ich mich auch noch nicht. Ich weiß selbst gar nicht so richtig was ich davon halten soll. Wie kannst du so fröhlich durch den Tag gehen wenn du weißt da draußen sind tausende Menschen die dich für deine Sexualität verabscheuen? Du hast gesagt das du sie für ihre Meinung ebenfalls verabscheust, aber trotzdem musst du damit leben. Aber du bist ja scheinbar oft mutig nicht wahr?" Er lachte kurz. "Als du mir in der Klasse so deine Meinung entgegen gepfeffert hast war ich ziemlich erstaunt. Ich muss sagen, dass hatte ich nicht erwartet. Auch das du so offen zugegeben hast das du mich magst und das du noch Jungfrau bist hat mich ziemlich beeindruckt. Nicht jeder geht damit so offen um. weißt du, das war auch der Grund warum ich mich entschuldigt hab und wollte das wir Freunde werden. Ich mag Leute die ehrlich sind. Du warst der erste der mir seine richtige Meinung gesagt hat und das fand ich cool. Endlich mal keiner der alles einfach abnickt was ich tue. Es tut mir leid wegen unserem Start."

Ich war erstaunt, dass er so ehrlich zu mir war und erst recht darüber, dass er sich quasi vor mir geoutet hatte. "Wow, ähhm warum erzählst du grade mir das? Ich meine natürlich fühle ich mich geehrt und auch durch deine Meinung über mich geschmeichelt, aber wieso sagst du ausgerechnet mir das du auf beide Geschlechter stehst?" "Weil du mich verstehen kannst." Ich richtete meinen Blick auf den kleinen See, in dem sich grade die untergehende Sonne spiegelte. Ich spürte wie Marcel sich neben mir hinlegte und begab mich ebenfalls wenig später in eine liegende Position. "Danke. Für deine Entschuldigung und dafür, dass du das alles mit mir teilst, aber ich denke nicht das ich mit dir befreundet sein kann." Er drehte seinen Kopf zu mir und sah mich an, doch ich schaute weiterhin in die Bäume neben uns. "Warum nicht?" Ich meinte Enttäuschung aus seiner Stimme raus gehört zu haben. "Wenn der eine Freund in den anderen verliebt ist nimmt das nie ein gutes Ende." Sein triumphales grinsen bemerkte ich jedoch nicht.

Daraufhin blieben wir still. Wir lagen einfach da, beobachteten wie die Sonne langsam hinter den Bäume verschwand und sich der Himmel dunkel färbte. Ich wusste nicht wie lange wir dort lagen, doch als eine fremde Stimme hinter uns ertönte, war es bereits dunkel geworden. "Marcel, kommt ihr? Es ist fast 10." Was schon so spät? Ich hatte meiner Mutter gar nicht Bescheid gesagt. Hektisch stand ich auf, während sich Marcel in aller Ruhe erhob und sich streckte, wobei sein Shirt ein Stück nach oben rutschte. Ich schluckte und vergaß für einen Moment, dass meine Mutter mich höchstwahrscheinlich umbringen würde, sobald ich durch unsere Tür trat. Stattdessen starrte ich ihn ein paar Sekunden einfach nur an, bis er anfing dreckig zu grinsen. "Na genug geschaut, oder können wir zu meinem Bruder?" Ich wurde rot und wandte meinen Blick ab, doch er lachte nur, umschloss mit seinen langen Fingern mein Handgelenk und zog mich hinter sich her zu der Gestalt die am Rande der Bäume auf uns wartete. Das Prickeln, welches seine Finger auslösten ignorierte ich gekonnt und betrachtete nun neugierig den jungen Mann vor uns.

Just kissed a Badboy (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt