Kapitel 8

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"Also, ähm, wann willst du dann rüberkommen?" fragte ich, biss mir zögerlich auf die Unterlippe. Ich dachte immer noch nicht, dass Harry komplett verstand, worauf er sich einließ. Er schaufelte sich praktisch sein eigenes Grab. Wenn mein Dad ihn mit offenen Armen begrüßte, würde ich denken, dass ich träume.

"Wie wär's mit 6? Nicht zu spät und nicht zu früh," schlug Harry vor.

"In Ordnung," nickte ich, warf ihm ein kleines Lächeln zu.

Harry lächelte zurück, bevor er unseren Blickkontakt unterbrach, sein Blick den Holztisch traf.

"Was hast du als nächstes? Es ist komisch, dass ich dich heute den ganzen Tag kein einziges Mal auf dem Flur gesehen habe," fragte er, nahm einen weiteren Schluck aus meiner Wasserflasche.

Ich nahm das zusammengefaltete Blatt aus meiner vorderen Innentasche heraus und ließ meine Augen darüber schweifen.

"Weltgeschichte, Raum D-23," antwortete ich, laß genau das vor, was ich sah.

"Nun, ich bin in Raum D-25, was direkt neben dran ist, glaube ich."

"Ja, ich denke, das ist er," lächelte ich.

"Dann können wir zusammen hinlaufen," zwinkerte Harry.

Ich verdrehte nur meine Augen, woraufhin er in Gelächter ausbrach.

"Aber findest du es nicht seltsam, dass ich dich in der neunten und zehnten Klasse nicht einmal gesehen habe?" fragte ich.

"Ja, und ich kann mich auch nicht daran erinnern, dich gesehen zu haben," zuckte Harry mit den Schultern.

"Wo warst du in den letzten Jahren? Ich meine, abgesehen vom Gefängnis."

Harry lächelte.

"Nun, nachdem ich meine Strafe abgesessen habe, musste ich in einen anderen Schulbezirk wechseln."

"Warum haben sie dich zurückkommen lassen?" fragte ich.

"Meine Eltern haben sich darüber beschwert, dass die Fahrt so lange dauerte."

"Hättest du nicht einfach den Bus nehmen können?"

"Mein Haus war nicht in der Nähe von Bushaltestellen und keiner der Fahrer wollte von seinem Weg abweichen, um mich abholen," erklärte er.

"Oh, okay."

Harry ließ ein leichtes Lachen heraus.

"Du klingst ein wenig angepisst, dass sie mich zurückkommen lassen haben."

"Bin ich nicht," murmelte ich.

Harry hob eine Augenbraue und ich seufzte.

"Komm schon, du weißt das ich es nicht bin, dann hätte ich die nie kenngelernt."

"Ich weiß, ich weiß, ich mache nur Spaß," lachte Harry.

"Ich weiß, aber ich schätze es war einfach Schicksal, dass du mich heute Morgen gesehen hast," lächelte ich.

Harry schmunzelte.

"Oder einfach ein schlimmer Fall von Unglück."

"Das ist kein Unglück. Manche Menschen finden ihren Seelenverwandten erst gar nicht."

"Du sahst heute Morgen nicht sehr begeistert aus, als du mir gesagt hast, dass du meine Seelenverwandte bist." Harry zuckte mit den Schultern, seine Lippen hielten immer noch ein Schmunzeln, was mir sagte, dass er nur herumalberte. Ich nahm es dennoch ernst.

"Was? Nein," stammelte ich.

"Also willst du damit sagen, dass du vor dem Volleyball Spiel nicht wusstest, dass wir die gleichen Anhänger haben?" fragte Harry, tippte mit seinem Finger auf den Tisch, wartete auf meine Antwort.

"Okay, ja ich habe es gewusst. Das hab ich dir doch schon gesagt," seufzte ich.

"Ich weiß, ich mache nur Spaß, Süße," gluckste Harry.

"Kannst du bitte damit aufhören," jammerte ich.

"Mach dich locker," sagte Harry, ein Hinweis von Belustigung in seiner Stimme, als seine Hand herüber langte, um sich auf meine zu legen.

Ich konnte nicht anders, als zu lachen.

"Ich schätze, Layla und Anna färben einfach auf mich ab. Sie sind immer so ernst."

"Nein, sie sehen nach einer Menge Spaß aus," sagte Harry sarkastisch, verdrehte seine Augen.

"Okay, okay, schon verstanden, du magst meine Freunde nicht wirklich. Können wir das jetzt hinter uns lassen?" lachte ich, zog meine Hand von seiner weg.

Harrys Lächeln wuchs.

"Ja, was soll ich heute Abend anziehen?"

"Einfach irgendwas Gemütliches, schätze ich." Ich zuckte mit den Schultern.

Harry schnipste mit seinen Fingern.

"Verdammt, ich habe daran gedacht einen Anzug mit Krawatte auszuleihen."

Ich hob eine Augenbraue.

"Du hast noch keinen?"

Harry zuckte mit den Schultern. "Ich hatte nie wirklich einen Grund dazu."

Ich konnte nicht anders, als zu lächeln.

"Bleib einfach bei lässig, aber es wäre interessant dich in einem Anzug zu sehen."

"Wieso das?" fragte Harry.

Ich zuckte mit den Schultern und Harry lachte.

"Wir wissen beide, dass ich ziemlich gut darin aussehen würde."

Ich schüttelte meinen Kopf.

"Du bist so eingebildet."

Harry lachte.

"Tut mir leid, ich kann nicht anders."

Nicht viel später läutete die Glocke und alle begannen der Reihe nach aus der überfüllten Cafeteria hinauszugehen. Ich sah über meine Schulter und versuchte Layla und Anna zu entdecken, doch ihr Tisch war bereits leer. Sie mussten früher gegangen sein, als mein Rücken ihnen zugewandt war, denn wenn ich nicht wäre ich ihnen auf dem Weg nach draußen definitiv begegnet.

Auf unserer Reise den Flur hinunter nahm Harry meine Hand in seine, packte sofort meine Aufmerksamkeit. 

"Wir treffen uns vor deinem Klassenzimmer, sobald die Glocke läutet, und dann fahre ich dich nach Hause?" fragte er.

"Du musst nicht, ich kann einfach laufen, es ist nicht so weit," versicherte ich Harry.

"Nein, ich bestehe darauf," lächelte Harry.

Ich verdrehte gedankenverloren meine Augen.

"In Ordnung."




Keeper » German TranslationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt