Prolog: Mein Leben in 777 Wörtern

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Dies ist keine Happy End Story, gleich mal vorneweg. Mein Leben hat kein Happy End. Davon bin ich überzeugt.

Mein Name ist Mia Charlotte Becker. Ja, ich bestehe auf meinen zweiten Namen. Ich wurde vor genau 18 Jahren geboren, am 27.07., um genau zu sein.

Mein Leben begann in einem kleinen Provinzstädtchen irgendwo im Osten Deutschlands. Falls ihr jetzt glaubt, dass es heute doch nicht mehr relevant ist, ob du aus dem Osten oder aus dem Westen Deutschlands kommst, so bist du wahrscheinlich aus dem Westen und hast keine Ahnung.
Weist du wie es ist, wenn du in München auf dem Bahnhof stehst und den Fahrplan studierst? Wenn dich eine Person anspricht und fragt, ob sie dir helfen kann? Wenn du ja sagst und ihn fragst, wo der Zug nach Dresden abfährt? Und er dann lacht und sagt: „In den Osten? Da sind doch über die Grenze keine Gleise mehr!"

Es ist relevant, wo du her bist. Und bei mir entschied es über mein Leben.

Ich bin hier auf die Schule gegangen und habe nun mein Abitur in der Tasche. Nach der sechsten Klasse habe ich ein Jahr übersprungen, wodurch ich meine Freunde aus der Klasse verlor und in meiner neuen nie welche hatte. Durch meine übernatürliche Gehirnkapazität wurde ich so unpopulär, dass ich ein Jahr sogar mit Absicht schlechte Noten schrieb, um wieder beliebt zu werden. Ein fataler Fehler, wenn ich das hier mal bemerken darf.

Es gibt zwei positive Sachen in meinen Leben: der Sommer und Italien. Jedes Jahr fahren wir nach Italien in der Urlaub. Seit ich zu Schule gehe steht unser Sommerurlaub fest: Strandurlaub an der Adria.

Auch dieses Jahr war dies geplant. Meine Familie - Mama, Papa, mein großer Bruder Karl und meine kleine Schwester Annie - fuhren wie immer nach Italien. Meine Eltern nörgelten die ganze Zeit herum, dass Karl und ich noch mitfuhren, sie finden, dass wir zu alt für Familienurlaub sind.

Karl ist 20 und studiert an der TU Dresden Architektur. Meine Eltern sind sehr stolz auf ihn, dass er bei uns in der Nähe bleibt. Dass er nicht wie seine Freunde im Westen studiert.

Annie ist 12 Jahre alt und geht in die 7. Klasse auf dem gleichen Gymnasium wie Karl und ich waren. Momentan möchte sie noch Pferdeflüsterin werden. Auch auf sie sind meine Eltern sehr stolz: Annie spielt drei Instrumente. Klavier seit sie 4 Jahre alt ist, Violine seit sie 8 Jahre alt ist und Cello seit 2 Jahren. Sie liebt die das musizieren und gibt mittlerweile auch Konzerte, auf welchen sie auf allen Instrumenten Stücke spielt.

Tja, und ich? Ich bin das schwarze Schaf der Familie Becker. Meine Eltern sind nicht stolz auf mich. Nein, sie werfen mir alles mögliche vor.
„Mia, wieso weist du noch nicht, was du studierst? Karl wusste das schon in der 9. Klasse was er mal studieren würde!"
„Warum spielst du kein ordentliches Instrument wie Annie? Deine Musik kann doch keiner hören!"
„Kind, schon wieder nur schwarze Sachen an! Wir kaufen dir die schönsten und teuersten Kleider und du trägst nur diese schwarzen Bandt-shirts!"

So in etwa geht das nun schon über 5 Jahre. Seit dem Tag, an dem ich mir meine E-Gitarre gekauft habe.

Meine Eltern wollen, dass ich Medizin studiere. Doch dafür reicht mein Durchschnitt nicht. Sie wollen, dass ich wieder Tuba spiele, aber ich liebe meine Gitarre und meinen David, die E-Gitarre. Sie wollen, dass ich wieder die schönen Kleider und Sachen trage, die sie mir immer anfertigen lassen. Doch ich trage sie nicht mehr. Meine Jeans und die schwarzen Ärzte T-shirts und Pullis und ich sind seit mehreren Jahren nicht mehr trennbar. Egal welcher Anlass, ich gehe nur in diesen Klamotten aus dem Haus. Als ich mir dann vor einem Jahr die Haare blau gefärbt habe, brachte das das Fass zum über laufen. Meine Familie nahm mich auf keine Banketts und Diner mehr mit, sie schlossen mich in mein Zimmer ein und behandelten mich wie einen Aussätzigen.

Versteht mich jetzt nicht falsch, aber meine Eltern und meine Geschwister können ja nichts dafür. Meine Eltern schwimmen im Geld, und das nur durch das Erbe meiner Großeltern. Mein Vater und meine Mutter brauchen nicht arbeiten gehen, und deshalb sind sie immer zu Hause. Und das führt zu Streit. Häufigen Streit.

Ich möchte meine Geschichte an meinen achtzehnten Geburtstag beginnen. Wir sitzen in einem Flugzeug und fliegen gerade nach Venedig. Dort steigen wir dann in ein Taxi und fahren Richtung Lido di Jesolo, zu unserem Hotel. Wie jedes Jahr.

Jedes Jahr wohnen wir über 3 Wochen in Italien. Auch in diesem Jahr.
Doch genau das Jahr änderte mein Leben noch einmal komplett.

Aber alles der Reihe nach.

RebellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt