An schlafen war in der Nacht eigentlich nicht zu denken. Viel zu aufgeregt war ich. Würde ich doch tatsächlich morgen mit Vanessa, Pat, Sven und Mona aufbrechen.
Sven und Mona waren echt cool. Vor allen Mona. Die gute hatte eine Glatze und einen Körper mit ordentlich Rundungen an den wichtigen Stellen. Pat stand der Mund offen, als er sie zum ersten Mal sah. Doch auch ihr Charakter war wie ihr Aussehen: Bombe. Sie ging auf Pat zu, knallte seinen Mund zu und sagte: „Sorry, Bro. Wenn du keine Transe mit Fotze in der Hose bist, bist du uninteressant für mich“. Pat war genauso baff wie wir. Vanessa war die erste, die lauthals los lachte und ich stimmte ein. So wurde das Eis gebrochen und alles klar gemacht. Mit meiner Kreditkarte kauften wir noch drei Schlafsäcke und ein Zelt, denn wir würden draußen übernachten müssen, da der Bus viel zu klein für fünf Personen war.
Mein Koffer war gepackt und an der Rezeption alles geklärt. Morgen um fünf würde ich mich mit Vanessa im Foyer treffen, damit uns Mona und Sven um halb sechs an der Straße abholen konnten. Unterwegs würden sie Pat einladen und Frühstück besorgen. So der Plan.
Ich lag auf meinem Bett, nur in Unterwäsche, so warm war mir. Eigentlich wollte ich schlafen, doch das nervöse Kribbeln im Bauch hielt mich wach. Endlich würde ich meinen konservativen Eltern den Rücken kehren, nochdazu auf eine besonders drastische Weise. Zufrieden grinste ich in mich herein.
Es war geplant, als erstes zu mir nach Hause zu fahren und meine Sachen zu holen. Nachdem ich Sven und Mona meine Lage geschildert hatte, waren sie sofort dafür gewesen. Ich hatte viel zu viel Angst, dass meine Eltern meine ärzte T-shirts wegwarfen. Mit meinen CDs und meinen Postern. Das Risiko wollte niemand von uns eingehen. Ich musste zwar allen ein Accessoire versprechen, doch das konnte ich verkraften.
Schlaflos wälzte ich mich auf die andere Seite und nehme mein Handy. Ich hatte mehrere neue Nachrichten aus unterschiedlichen Gruppen. Also öffnete ich WhatsApp und laß die Texte aus unserer Gruppe „Roadtrip“, bestehend aus Pat, Vanessa, Mona, Sven und mir. Vanessa überschüttete uns mit Bildern und Smileys, konnte also auch nicht schlafen.
Die letzte sinnvolle Nachricht kam von Pat. Könnt ihr auch nicht schlafen? Lächelnd tippe ich ein Ja und warte auf Antwort. Vanessa schrieb kurz und schickte dann: HALLOHO? Ich bin so hibbelig, dass ich vorhin kalt duschen musste, um mich zu beruhigen. Wie soll ich da an schlafen denken? Lächelnd schickte ich einen Smiley und legte mein Handy dann weg. Um besser schlafen zu können, öffnete ich das Fenster und werfe meine Decke auf den Fußboden. Die würde ich totsicher nicht brauchen.
Die Reise war das eine, was mich wach hielt. Das andere war Mark. Er hatte mich – seiner Aussage nach – nicht betrogen?
Damals, als Mark und ich zusammen waren, war das ein ziemlicher Skandal an unserer Schule. Die durchgeknallte, unorthodoxe Punkerin ging mit dem Golfspieler, dem Literaturfreak, dem Streber. Seine Eltern sind vor Schock fast umgefallen, als Mark mich ihnen vorgestellt hat. Aber es war an sich eine gute Beziehung, auf jeden Fall die beste, die ich ich bis jetzt hatte. Mark war sehr verständnisvoll und tolerant gewesen, hat sich meine Macken und Marotten angetan und sie geliebt. Und ich? Ich ihn wahrscheinlich auch.
Wir waren so ziemlich genau sieben Monate zusammen, als mich plötzlich Sophie anrief. Ich weiß es, als wäre es gestern gewesen. Wir waren, bevor ich mir die Haare färbte, echt gut befreundet gewesen, doch damals hatten wir kaum noch etwas miteinander zu schaffen. Ich nahm das Gespräch unbesorgt entgegen, ich dachte, es ging um irgendwelche Schulprojekte, von denen ich wieder nichts mitbekommen hatte.
Sophie war schon immer eine Person gewesen, welche den ganzen Smalltalk-Quatsch verabscheute. Deshalb kam sie sofort zur Sache: „Ich habe gestern Abend mit Mark geschlafen“. Nach diesem Satz herrschte kurz Schweigen, danach sagte sie noch: „Ich bereue es nicht, aber ich wollte es nicht geheim halten. So fies bin ich dann auch nicht“. Danach legte sie auf.
Für mich brach eine Welt zusammen. Geweint habe ich nicht, das passt nicht zu mir. Ich habe meine Kopfhörer genommen und bin laufen gegangen. Nach drei Stunden war ich wieder da, komplett ausgepowert und immer noch wütend wie ein Stier. Deshalb duschte ich schnell, zog mich um und schnappte mir meinen Helm und mein Mopedschlüssel.
Ich fuhr zu Mark und klingelte ihn aus dem Haus. Es war sehr spät geworden, weshalb mir eine verwunderte Mutter von Mark die Tür öffnete. Sie rief ihren Sohn und verschwand dann. Er war bereits bettfertig, aber nicht unerfreut, mich zu sehen. Das brachte das Fass zum Überlaufen. Ich klatschte ihm eine.
Konnte man das fassen? Vögelte eine andere und hat dann nicht mal den Arsch in der Hose, reuevoll zu sein. Ich sagte ihm noch, dass ich schwer enttäuscht war und das es aus sei, doch da war ich schon gefühlsmäßig fertig mit ihm. Also ließ ich ihn stehen, im Schlafanzug auf der Türschwelle, mit einer roten Wange.
Doch jetzt zweifelte ich an meiner Tat? Konnte es möglich sein, dass mich Sophie angelogen hat, um genau das zu bezwecken? Hätte ich mir erst Marks Geschichte anhören sollen?
Doch nun war es eh zu spät. Das Vergangene war vergangen und nicht änderbar.
Seufzend legte ich mich auf die Seite. Ich konnte eh nicht schlafen, weshalb ich doch noch einmal zu meinem Handy griff. Zögernd hob ich die Blockierung von Mark auf. Erst jetzt fiel mir sein Profilbild auf, welches einen kleinen See in einem spektakulären Licht darstellte. Mein Herz schlug schneller. Das Bild war entstanden, als wir zusammen an eben jenem See waren. Schnell scrollte ich zu seinem Status. Und auch hier.
Soll es das gewesen sein?
Eine Liedzeile aus dem Song ½ Lovesong. Eins meiner absoluten Lieblingslieder, auch wenn es arg kitschig war. Sollte ich es nocheinmal probieren?
Ich sah auf die Uhr. Es war nach Mitternacht. Normale Menschen schliefen um diese Uhrzeit, er wahrscheinlich auch. Er würde meine Nachricht erst morgen lesen, bis dahin war ich schon weg und abgelenkt. Also perfekt. Lange dachte ich über den Text nach, bis ich endlich die finale Variante gefunden hatte:
Hey Mark.
Ich glaube, ich habe damals ein wenig vorschnell gehandelt. Dass Sophie wirklich mit dir geschlafen hat, ist zwar möglich, doch irgendwie unwahrscheinlich. Nimms mir nicht übel, aber du bist nicht der Typ zum Fremdgehen. Aber das weißt du wahrscheinlich auch selbst.
Auf jeden Fall möchte ich mich bei dir für das abrupte Ende unserer Beziehung entschuldigen. Das war ziemlich unfair, wenn ich so darüber nachdenke. Als deine Freundin hätte ich mir deine Version der Geschichte anhören sollen, und nicht irgendeinem Mädchen vertrauen sollen, das mich und uns gar nicht wirklich kannte.
Ich hoffe, du verzeihst mir. Ich denke, man hört sich.
Deine MiaIch schrieb meinen richtigen Namen, unter welchem er mich auch kannte. Danach verließ ich den Chat, um nochmal die Nachrichten aus den Gruppen zu überfliegen. Als ich dann wieder auf der Startseite von WhatsApp ankam, leuchtete mir eine Zeile entgegen: Mark schreibt...
Könntet ja mal in meine neue Story Fated reinschauen, aber da ist auch noch nicht so viel veröffentlicht. Meh
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Rebell
Teen FictionMia Charlotte Becker: blaue Haare, schwarze Klamotten und laute Musik. Ihre Eltern haben mit ihrer Tochter abgeschlossen, sie konzentrieren sich mehr auf die anderen Kinder. Der diesjährige Urlaub soll Mias Leben ändern. Sie will ihren Platz im Leb...