Zu Tode erschrocken drehe ich mich um. Da stand ein Mädchen, etwas jünger als ich mit pinken Haaren. Ich lächel sie an und ziehe den Stuhl neben mir zur Seite. Sie verstand die Aufforderung und setzte sich mit ihrem Tablett neben mich. „Es gibt doch nichts schlimmeres als gaffende Menschen am Morgen." antworte ich ihr.
Sie lacht und nickt. Eine Weile sitzen wir stumm nebeneinander und essen unser Frühstück. Der gesamte Essenssaal gehört uns. Ok, die Frauen hinter den Theken sind auch noch da. „Wie heißt du?" frage ich sie und trinke einen Schluck von meinem Cappuccino. Sie kaut und sagt dann: „Vanessa. Und du?" Ohne lange zu überlegen antworte ich ihr mit „Charly" Sie sieht mich erstaunt an. „Das ist aber nur dein Spitzname, oder?" Wie sie das wohl so schnell rausbekommen hat. „Ja. Eigentlich heiße ich Mia Charlotte. Hast du einen Spitznamen, mit dem du lieber angeredet werden willst?" Vanessa schüttelt den Kopf. Wieder ist es ruhig, da jeder sein restliches Frühstück isst.
Obwohl sie vor mir fertig ist, bleibt sie sitzen und wartet, bis ich meinen Cappuccino ausgetrunken habe. Dann fragt sie mich: „Und wie alt bist du?" „Achtzehn Jahre und ein Tag, du?" Sie fährt sich mit der Hand durch die Haare. Ihre sind etwas länger als meine, sie reichen ihr fast bis zum Gürtel. „Du hattest gestern Geburtstag? Dann meinen Glückwunsch. Ich werde erst in einem halben Jahr achtzehn." Ich nicke. Also habe ich richtig geschätzt.
Sie nimmt ihr Tablett und steht auf. Ich tue es ihr nach. Noch immer ist kein Gast im Raum. Vanessa nimmt sich noch einen Apfel von der Theke und bleibt dann vor mir stehen. „Hast du heute schon was vor?" Ich schüttel wahrheitsgemäß den Kopf. Mit meiner Familie war heute eh nicht zu rechnen. Die stehen erst um 9 auf und gehen dann gegen 10 frühstücken, um danach am Pool zu liegen oder wie in Annies Fall, Geige zu spielen.
„Wenn du willst, kannst du mitkommen zum Strand. Da gibt es ein Volleyballnetz, an dem sich ein paar Jugendliche jeden Tag zum spielen treffen." Ich nicke. Das hat es schon letztes Jahr gegeben. Vanessa lächelt mich an und fährt fort: „Es geht meist so um 10 los, aber ich geh immer schon eher hin um ein bisschen zu quatschen. Die Leute da sind echt in Ordnung." Wir steigen die Treppe hinauf. „Okay" antworte ich ihr, „Wann wollen wir uns Treffen?" Vanessa überlegt kurz und sagt dann: „So gegen neun? Und zieh dir nen Bikini drunter, es ist echt besser, wenn man nach der Stunde in der Hitze sofort in den Pool springen kann." rät sie mir. „Mach ich. Wo hast du dein Zimmer?" wir waren im Erdgeschoss angelangt. „Erster Stock." gibt Vanessa zurück und streicht sich durch das Haar. Gemeinsam erklimmen wir noch ein Stockwerk, bevor wir uns wieder trennen. „Dann bis dann" meint sie und biegt in den Korridor ab. „Bis dann. Oh, hey!" Sie bleibt stehen. „Wir treffen uns vor den Fahrstühlen. Und wäre es ok, wenn ich noch jemanden mitbringe?" rufe ich ihr zu. Vanessa dreht sich um nickt. „Na klar, kein Problem. Solange es nicht dein peinlicher Vater oder dein nerviger Bruder ist." Ich lache und schüttel den Kopf. Sie nickt und dreht sich wieder um. Mit zügigen Schritten läuft sie den Gang hinab.
Ich steige die letzte Treppe hinauf und suche ebenfalls mein Zimmer auf. Innen schließe ich sofort das Fenster. Die einzige Gelegenheit, in Italien das Zimmer ohne Technik zu kühlen, ist zwischen 5 und 7 Uhr das Fenster zu öffnen. Danach ist es allerdings wieder über den ‚kühlen' 22 Grad und lüften ist zwecklos.
Am Fenster bleibe ich kurz stehen. Draußen auf der Straße war es noch angenehm ruhig. Auch wenn mittlerweile auch schon mehr Menschen unterwegs sind als in meiner Heimat auf dem Wochenmarkt, ist es sehr still.
Mir fällt Vanessa wieder ein. Und ich muss lächeln. Das ausgerechnet hier zwei ähnliche Individuen aufeinandertreffen, ist schon eins große Leistung des Universums. An dieser Stelle: Danke, Universum! Auch Vanessa trug schwarze Klamotten, allerdings nichts von den Ärzten. Sie ist mir sehr sympathisch. Vielleicht finde ich doch noch einmal eine Freundin. Vielleicht ist es ja Vanessa.
Da fällt mir auch Pat wieder ein. Ihn wollte ich ja schließlich zu dieser Volleyball-Runde mitbringen. Schnell schreibe ich ihm eine Nachricht, in welcher ich ihm den Vorschlag unterbreite.
Ein kleines Bisschen bleibe ich noch am Fenster stehen. Dann sehe ich die Tüte von gestern und mir kommt Vanessas Hinweis wieder in den Sinn. Seufzend mache ich mich ans Werk. Gleichzeit laufend und Schuhe ausziehend gelange ich zu meinem Koffer. Dort suche ich mir das ‚Bade-T-shirt', welches ich mir schon zu Hause ausgesucht habe. Es ist schon ein wenig älter und komplett schwarz mit einem Totenschädel auf dem Rücken. Aber nur ganz klein im Nacken. Dann packe ich den Bikini von gestern aus der Tüte. Ich nehme das Teil und befreie es erstmal von allen Zetteln, welche überall dranhingen. Dann zog ich mein Shirt und meinen BH aus und zog mir das Bikinioberteil über. Es war ein bisschen knapp und ziemlich hässlich, aber unter dem T-shirt würde es eh keiner sehen. Dann schlüpfte ich auch in die Bikinihose. Die saß besser.
So bekleidet legte ich mich erstmal auf mein Bett. Mein Handy verriet mir, dass ich noch über anderthalb Stunden Zeit bis zum Treffpunkt habe. Also nehme ich mir meine Gitarre und das Songbook. Dann schließe ich die Kopfhörer an mein Handy und suche mir die Playlist mit meinen Lieblingssongs. Leise laufen die erstem Töne an und ich beginne, auf der Gitarre mitzuzupfen.
Wieder einmal verliere ich mich völlig in der Musik. Die Töne vibrieren im Gitarrenkasten und übertragen diese Wellen auf meinen Körper. Ich spüre jeden einzelnen Akkord, höre die Stimme der Band und werde eins mit den Songs. Bis mich jemand in die Wirklichkeit zurückholte. Und das war in diesem Fall: Pat. Er antwortete mir auf meine Nachricht. Das klirrende Geräusch der neuen Nachricht brachte mich aus dem Rhythmus und aus dem Gefühl. Aufs äußerste Gereizt nehme ich mein Smartphone und sehe nach, wer stört.
Klar komme ich! Wann muss ich wo sein?, schrieb er. Schnell tippe ich ihm Zeit und Ort. Danach stelle ich mir einen Wecker auf 8:45 Uhr, damit ich Vanessa nicht verpasse. Um in Ruhe die Ärzte anschmachten zu können, aktiviere ich den Flugmodus auf meinem Handy. Erst dann drehe ich die Musik wieder auf und verliere mich wieder in der Musik.Ist hier noch jemand Ärzte Fan? Wenn ja, dann willkommen im Club! ;)
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Rebell
Novela JuvenilMia Charlotte Becker: blaue Haare, schwarze Klamotten und laute Musik. Ihre Eltern haben mit ihrer Tochter abgeschlossen, sie konzentrieren sich mehr auf die anderen Kinder. Der diesjährige Urlaub soll Mias Leben ändern. Sie will ihren Platz im Leb...