Vanessa knallte die Tür hinter sich zu und verschränkte die Arme. Sie fühlte sich sichtlich unwohl. Das Haus musste auch uneinladend wirken, zumindest für unsereins. Das Haupthaus war relativ groß, mit der neusten Technik ausgestattet und frisch renoviert. Daneben befindet sich eine größere Garage, welche für die Autos und manchmal auch für Events genutzt wurde. Also wenn Annie ihre Angeberkonzerte gab, zum Beispiel.
Ich trat an einen Blumenkasten und tastete die Erde ab. Und tatsächlich, da war die kleine Pralinenschachtel mit dem Schlüssel. Triumphierend schwenkte ich ihn Vanessa zu. Dann trat ich die vier Stufen hinauf zur Tür. Vanessa weckte derweil die anderen im Auto.
Durch Bewegungssensoren ging das Licht im Flur und im Wohnzimmer an, die Jalousien fuhren nach oben und die Klimaanlage setzte sich leise in Gang. Ich hasste jeden Moment in diesem Bonzenaparment. Wenn ich könnte würde ich eine Fackel in diesen Luxus werfen. Zwei Kilometer weiter wussten Eltern nicht, wie sie die Klassenfahrt für ihre Kinder bezahlen sollten und meine Eltern haben dieses Geld für beheizte Kleiderschränke aus?
„Schicke Bude. Bist wohl Daddys Liebling?" fragte Sven, als er über die Schwelle trat. „Fresse" antwortete ich ihm. Wenn ich eins sicher war, dann nicht Daddys Liebling. Und auch nicht Mommys. Ich lief in die Küche und überprüfte die Schränke. Nudeln, Mehl, Haferflocken und Reis waren noch da, in der Tiefkühltruhe fand sich bestimmt auch noch Gemüse. Auch wenn meine Mutter sich locker Feinkost leisten konnte, lang bei uns Discounter Tiefkühlgemüse in der Truhe. Keine Ahnung warum, aber meine Mutter liebte das Zeug. Auch wenn wahrscheinlich die Pappe mehr Geschmack hat.
„Habt ihr Hunger?" frage ich in die nun vollständig versammelte Runde. Keiner reagierte, alle waren nur müde. Ich nickte und sagte deshalb: „Vanessa und Mona können ja bei mir im Zimmer pennen, Sven und du, Pat, ihr werdet wohl oder übel ins Gästezimmer müssen" sagte ich mehr in Pats Richtung. Er nickte und deutete mir, ich sollte voraus gehen. Also verließ ich die Küche und lief ins erste Obergeschoss. Gleich links lag das Gästezimmer, ausgestattet mit Ehebett und geräumiger Couch. Die beiden würden sich schon einigen. Danach deute ich Vanessa und Mona, mir zu folgen. Wir betraten mein Zimmer, welches sich zwei Räume weiter befand.
Vanessa staunte nicht schlecht über mein schwarz gestrichenes Zimmer. „Geil" sagte sie auch zu dem großen Wandtattoo, welches ich selbst gestaltet hatte und das Logo der Ärzte darstellte, mit den Namen der Mitglieder drumherum. Außerdem hatte ich mit weißer Farbe Zitate aus meinen Lieblibgssongs und -büchern an die Decke geschrieben, was dem Raum noch eine persönliche Note gab.
Mona fiel gleich so wie sie war auf meine Couch, die neben der Tür stand. Vanessa Schloss diese und setzte sich dann an meine Bettkante. Sie sah sich noch eine Weile um und meinte dann: „Waren deine Eltern hier je drin?" Ich schmunzelte. „In den letzten sieben Monaten nicht mehr. Da hatte ich die Wände schwarz gestrichen". Vanessa lachte und zog sich die Schuhe aus.
Ich lief zu meinem Schrank und gab ihr ein großes schwarzes T-Shirt, welches sie dankbar annahm. Ich selbst griff nach einem Schlafanzug und ging in mein Bad, um Vanessa ein bisschen Privatsphäre zu gönnen und mich umzuziehen. Mona schlief bereits wie ein Stein. Die Gute war wohl ziemlich geschafft von der Fahrt.
Im Bad wusch ich mir noch schnell das Gesicht und wechselte die Klamotten. Wir mussten morgen unbedingt eine Maschine Wäsche waschen, vor allem Pat hatte da ein ziemlich großes Problem. Er hatte während seines gesamten Aufenthaltes in Italien nur das gewaschen, was er unbedingt brauchte. Somit war sein gesamter Koffer voller Schmutzwäsche. Aber alles erst morgen.
Totmüde kehrte ich mein Zimmer zurück. Vanessa lag bereits in meinem Bett und war fast eingeschlafen. Ich löschte das Licht und legte mich neben sie. Und so ziemlich sofort fiel ich in einen traumlosen Schlaf.
...
„Charly? Charly! Aufwachen" war das erste, was ich am nächsten Morgen vernahm. Eindeutig zu früh. Ich drehte mich auf die andere Seite und warf die Decke über mich. Leises getuschel war zu hören, doch ich driftete schon wieder in Morpheus' Arme.
Dann plötzlich war ein Rauschen zu hören, dann ein ohrenbetäubender schiefer Ton. Und ich stand im Bett.
Vanessa hatte meine E-Gitarre mit dem Verstärker verbunden und einfach die Saiten einmal durchgespielt. Der Verstärker steht neben meinem Bett.
„Bist du bescheuert? Willst du, dass ich taub werde?" frage ich genervt und nehme ihr die Gitarre aus der Hand und stelle den Verstärker aus. Vanessa sagt ohne mit der Wimper zu zucken: „Nein, ich wollte, dass du aufstehst. Wir kennen uns hier nicht aus und Sven dreht gleich durch".
Stöhnend fuhr ich mir durch die Haare. Eigentlich wollte ich jetzt erstmal duschen, doch dafür war erstmal keine Zeit. Deshalb griff ich nach einem Pulli und fuhr in meine Schuhe. Danach folgte ich Vanessa die Treppe hinab.
In der Küche waren Sven, Pat und Mona bereits versammelt und sahen mich erwartungsvoll an. „Morgen" sagte ich in die Runde und kramte im Schrank nach dem Kaffeepulver für die Maschine. Nachdem es gefunden war, schaltete ich die Kaffeemaschine ein und ließ mir einen Cappuccino zubereiten. „Macht euch, was ihr wollt" sage ich zu ihnen. „Sonst noch Fragen?"
Sven meldete sich als erstes zu Wort: „Wo ist hier der nächste Supermarkt? Und kannst du uns mal das WLAN Passwort geben?" Ich nickte und holte Zettel und Stift, damit ich es ihnen aufschreiben konnte. Danach erklärte ich Sven den Weg zum Supermarkt. Mona und Pat machten sich derweil an der Maschine zu schaffen, Vanessa war verschwunden.
Als soweit alles geklärt war, stieg ich die Treppe wieder nach oben, um endlich meine wohlverdiente Dusche zu nehmen. Doch genau in dem Moment klingelte es an der Tür. Sofort war es im ganzen Haus still, nur die Kaffeemaschine war noch zu hören.
Ich sprang die Treppe wieder hinunter und traf im Flur auf Pat und Vanessa, welche bereits zur Tür liefen. Ich deutete ihnen, zurück in die Küche zu gehen. Danach öffnete ich die Tür. Und wurde wütend, sehr sogar.
„Mia! Was machst du denn hier?" fragte mich die Person, die ich so abgrundtief hasste.
„Das weißt du bestimmt ziemlich genau, wahrscheinlich haben meine Eltern dich informiert, Tante Sophia. Die rufen und du springst, so ist es doch schon immer gewesen, oder?" fauchte ich sie an und wollte die Tür zu knallen. Doch die Alte hatte den Fuß dazwischen und hielt sie auf.
„Du hast dich kein bisschen verändert, Mia. Im Gegenteil, bei dir ist wahrscheinlich alles verloren" dann nahm sie den Fuß weg und ich schloss die Tür.
Ob es wohl Probleme mit der miesen Tante geben wird? Wir werden sehen... ;)
Lied der Woche: Panic! at the Disco - Crazy=Genius
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Rebell
Novela JuvenilMia Charlotte Becker: blaue Haare, schwarze Klamotten und laute Musik. Ihre Eltern haben mit ihrer Tochter abgeschlossen, sie konzentrieren sich mehr auf die anderen Kinder. Der diesjährige Urlaub soll Mias Leben ändern. Sie will ihren Platz im Leb...