Der Fahrstuhl kommt im zweiten Stock an und ich stieg aus. Meine Mutter war schon echt ein starkes Stück. Glaubt die mir doch echt aufs Wort, dass ich es am Strand mit jemanden getrieben habe. So sieht sie mich also. Als kleine Schlampe, die sich überall rumtreibt.
Müde hole ich die Schlüsselkarte aus meiner Brieftasche und halte sie an das Schloss. Mein Handy vibriert in der Tasche. Doch ich betrat zuerst mein Zimmer, bevor ich die Nachrichten checkte. Dort zog ich meine Hose und das T-shirt aus und warf mich so auf mein Bett. Es war einfach viel zu warm hier drin. An schlafen war nicht zu denken, das Gespräch mit Pat und das zusammentreffen mit meiner Mutter haben mich zu sehr aufgewühlt. Deshalb nehme ich mein Handy und schließe es erstmal an das Ladegerät an. Danach suche ich mir meine Kopfhörer aus den Klamotten und stöpsel sie an mein Smartphone. Die Musikwahl ist klar. Wieder vibriert mein Handy.
Ich nehme es in die Hand und entsperre den Bildschirm. Zehn neue Nachrichten zeigt es mir an. Drei von einer unbekannten Nummer. Wahrscheinlich Pat. Ich öffnete Whatsapp und gehe auf den Chat mit unbekannter Nummer. Die drei Nachrichten waren alle ziemlich kurz.
Hi, hier ist Pat. Der dir das Eis ausgegeben hat.
Ich hab gelogen. Ich habe gar keine Geschwister. Aber eine Freundin.
Schreib mir zurück, wenn du das gelesen hast.
Ich speicherte die Nummer ein und verließ erstmal den Chat. Dann sah ich meine anderen Nachrichten durch. Mein Bruder wollte wissen, welches Zimmer ich hatte, meine Eltern riefen zum Abendbrot, dann fragen sie, wo ich bin, dann drohen sie mir Ärger an und dann enterben sie mich. Kurzerhand blockiere ich die Nummer. Meine Schwester möchte ebenfalls wissen, wo ich bin und fragt mich nach irgendeinen Rock, den sie nicht findet. Keinem antworte ich. Ich suche mir das eine Lied aus, welches ich gerade so dringend brauche und schreibe Pat zurück. Ich bin jetzt im Hotel. Weist du, was heute für ein Tag ist? So der Text.
Es ist ja nicht so, dass meine Familie meinen Geburtstag vergessen haben. Ehrlich, sie haben mir sogar Geschenke überreicht. Meine Schwester ein Notenbuch für meine Gitarre, mein Bruder einen Schlüsselanhänger und meine Eltern haben mir versprochen, mein Studium zu bezahlen. Aber alles Gute und so weiter hat mir keiner der vier gesagt. Und da sie mich zu einem Psychologen geben wollen, kommen die Geschenke auch nicht so gut an.
Mein Handy vibriert. Nein, was ist den heute für ein Tag? schrieb Pat. Ich lächelte und antworte ihm sofort. Genau heute vor achtzehn Jahren wurde Mia Charlotte als zweites Kind ihrer Eltern geboren. Und vor genau sechs Jahren haben diese dann begonnen, diesen Tag zu verfluchen.
Ich erhebe mich von meinem Bett und laufe zu dem Tisch, welcher am Fenster in meinem Zimmer steht. Auf diesem liegt meine Gitarre. Ich packe sie aus der Tasche und streiche über das Holz. Dann nehme ich sie und lege mich zurück auf mein Bett. Auf meinem Handy suche ich mir einen Song aus, zu welchem ich mitspielen kann. Diesen lasse ich laufen. Zuerst muss ich die Musik unterbrechen, da sich die Gitarre durch die Reise verstimmt hat. Nachdem ich mithilfe einer App alle Saiten auf die richtige Länge gebracht habe, drücke ich auf Play und der Song beginnt von neuem. Nur, dass ich diesmal mit der Gitarre begleite. Zuerst ganz vorsichtig und langsam, dann immer schneller und lauter. Ich vertiefe mich komplett in die Musik und drifte mit den Gedanken weit weg. Endlich den Kopf frei bekommen, endlich keine nervigen Eltern und Geschwister. Endlich frei sein.
Mein Handy machte mich auf eine neue Nachricht aufmerksam. Genervt lege ich die Gitarre zur Seite und greife nach meinem Handy. Pat hat mir geschrieben. Glückwunsch. Dann sieh das Eis als Geburtstagsgeschenk. ;)
Ich lächle. Sehr gerne. Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass es bereits Mitternacht war. Ich lege meine Gitarre zurück auf den Tisch und verschwinde kurz ins Bad. Dann ziehe ich mir den BH aus und werfe mir ein T-shirt über. So bekleidet lege ich mich hin und nehme ein letztes Mal mein Handy. Dankeschön. Und gute Nacht., schreibe ich Pat. Dann stelle ich das Gerät in den Flugmodus. Zufrieden rolle ich mich zusammen und schließe die Augen....
Mein Handy weckt mich halb sechs morgens. Wie ich diese Zeit hasse. Müde strecke ich mich in meinem Bett, bevor ich mich erhebe. Das Licht bleibt erst mal aus. So trotte ich in das Badezimmer und steige unter die Dusche. Das Wasser holt mich aus meinem Halbschlaf. Nun bin ich richtig offiziell achtzehn Jahre alt. Ich konnte wählen gehen, allein Auto fahren, Schnaps kaufen, Tattoos stechen lassen und Steuern bezahlen.
Ich stelle das Wasser ab und steige aus der Dusche. In ein Handtuch gehüllt putze ich meine Zähne und schminke meine Augen. Dann nehme ich mir den Föhn uns frisiere die Haare. Zwanzig Minuten nach dem aufstehen war ich fertig angezogen und zurechtgemacht. Die letzten zehn Minuten verbrachte ich an meinem Handy. Pat hatte mir noch geschrieben, ich wünsche ihm als Antwort einen guten Morgen.
Dann ziehe ich mein Handy von Ladekabel und schnappe mir meine Schlüsselkarte. So verlasse ich mein Zimmer und laufe zum Fahrstuhl. Dieser ist auch sofort da, denn wer außer mir ist auch so früh wach?
Pat schrieb mir eine Nachricht: So früh schon wach? Ich lächel mein Handy an. Das hatte schon einen Grund, warum ich so früh schon wach war. Wenn man in einem Nobelhotel wohnt und blaue Haare hat, muss man Kompromisse hinnehmen. Da hier der Altersdurchschnitt etwa bei 55 Jahren lag, waren andersfarbige Haare nicht so angesehen. Kurz - ich wurde begafft wie ein Clown im Zirkus. Um dem aus dem Weg zu gehen, frühstücke ich schon um sechs, wenn meine Ruhe zu haben. Die Kurzfassung dieser Geschichte schrieb ich Pat. Dann gelang der Fahrstuhl im ersten Untergeschoss an und ich stieg aus.
Den schockierten Blick der Kaffeetusse hinter dem Tresen ignorierte ich gekonnt. „Hi" sage ich zu ihr und schenke ihr ein strahlendes Lächeln. Sie sah nur verdattert auf meine Haare. Ich nehme deshalb demonstrativ eine Strähne zwischen die Finger und überprüfe sie auf Spliss. Erst jetzt kommt die Angestellte wieder zu sich. Zu ihrer Verteidigung: sie ist etwa 60 und sie trägt ein großes Kreuz um den Hals. Anscheinend also streng katholisch. Sie murmelt mir eine Begrüßung zu und sieht mich dann auffordernd an. Ich sage ihr meine Bestellung und lasse meine Strähne wieder los. Sie macht sich an der Kaffeemaschine zu schaffen und drückt mir dann einen Zettel in die Hand. Darauf steht meine Bestellnummer. Mit der konnte ich mir dann meinen Kaffee holen.
Schnell suche ich mein restliches Frühstück zusammen und hole meinen Kaffee. So bepackt setzte ich mich an einen der Tische. Ganz in Ruhe beiße ich von meinem Brötchen ab, als mich jemand von hinten anspricht.
„Noch so ein Opfer, dass früh aufsteht, um den normalen aus dem Weg zu gehen?"
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Rebell
Teen FictionMia Charlotte Becker: blaue Haare, schwarze Klamotten und laute Musik. Ihre Eltern haben mit ihrer Tochter abgeschlossen, sie konzentrieren sich mehr auf die anderen Kinder. Der diesjährige Urlaub soll Mias Leben ändern. Sie will ihren Platz im Leb...