Sie taumelte regelrecht die langen Gänge des Schlosses entlang. Wie konnte Lysander dieses durchtriebene Spiel nur so weit bringen? Waren ihm ihre Gefühle von Anfang an vollkommen egal gewesen? Oder hatte es ihn einfach nicht interessiert? Aber wieso hatte er es dann solang vor ihr geheim gehalten? Wenn es ihm egal wäre, dann hätte er ja auch nicht darauf achten müssen, ob er ihre Gefühle verletzten würde. Seine Handlungen widersprachen sich mit seinem Gesagten und Lumière schüttelte verzweifelt den Kopf. Das alles machte sie krank, sie konnte keine klaren Gedanken mehr fassen.
Ermüdet ließ sie sich gegen die schwarze Marmor-Wand fallen und fuhr sich über das verweinte Gesicht. Es fühlte sich an als würden ihre Gedanken nicht mehr gehorchen und wie verrückt im Dreieck springen. Diese ganze Geschichte...war doch vollkommen...bescheuert.
Sie wusste nicht genau wie lange sie bereits gerannt war, doch ihre Beine schmerzten. Vermutlich war Lysander nicht in der Lage sie so schnell einzuholen. Seine Ausdauer war ja nicht gerade sehr berauschend.
Dennoch wollte sie nicht zu lang an Ort und Stelle verweilen. Es war seltsam still in dem Flur. Zu still...Hatte Lysander nicht irgendwas von wegen, Dämonen würden sie sofort angreifen, wenn sie in die Schatten hinaus treten würde, gesagt? Dafür ließen sich die Dämonen ganz schön lange Zeit. Aber vermutlich war es eh gelogen gewesen, sie wusste nicht mehr was sie dem Irrlicht noch glauben konnte. Der Schmerz des Verrates saß zu tief und war zu frisch. Wenn sie ehrlich war, dann wollte sie irgendwie von Dämonen gefangen werden, noch lieber würde sie von ihnen umgebracht werden und das sollte Lysander dann auch sehen. Er soll den unsagbaren Schmerz des Verlustes spüren, wenn Lumia in dem Körper ihrer Schwester zusammen mit Lumière sterben würde. Diese Gedanken jagten ihr eine leichte Gänsehaut auf die Arme. Noch nie zu vor hatte sie solche Gedanken gerollt. Hatten sie die vergangen Stunden so sehr geprägt, dass sie ihr ganzes Bild abgelegt hatte? Konnte ein einziger Tag einen vollkommen zerstören? Konnte man so viele Tränen vergießen, dass die Trauer und die Wut einen übernahmen...für immer? Zähne knirschend musste sich Lumière eingestehen, dass es ihr mittlerweile egal war, was mit ihr passieren würde. Sie schluckte schwer und drehte den Kopf um tiefer in den dunklen Gang zu blicken. Er war mit rotem Seidenteppich ausgestattet und an den schwarzen Wänden hingen Totenköpfe als Fackelhalter.
»Wie klischeehaft... «, murmelte sie und stellte sich auf die Zehenspitzen um einen der Köpfe zu berühren. Der Knochen war glatt und verchromt, man könnte fast sagen vergoldet.
Seufzend stützte sie sich von der Wand ab und wischte sich über die Augen. Die Tränen hatten endlich nachgelassen. Langsam setzte sie sich wieder in Bewegung als sie urplötzlich vernahm wie sich die Schatten vor ihr manifestierten und daraus drei junge Männer hervortraten. Ihre leuchtend roten Augen erhellten den dunklen Gang besser, als es die Fackelhalter je schaffen würden. Kurz überkam sie der Gedanke, dass es doch viel effektiver sein würde, hier die Köpfe der Dämonen an die Wände zu hängen. Sie würde auch eigenhändig helfen, diese anzubringen. Ashs Kopf würde der erste sein.
Die Ohren der Dämonen liefen spitzt zu und eine Art gelber Nebel umwarb sie. Schwefelgeruch drang in die Nase von Lumière. Doch sie wich nicht zurück, sie zuckte nicht einmal zusammen als die drei Dämonen auf sie zu sprangen. Sie schloss bloß die Augen und ließ es über sich ergehen. Sie erwartete nichts mehr. Ash würde nicht kommen und auch Lysander würde sie nicht retten. Diese ganze unsagbare Geschichte endete hier und es war gut so, dass sie endlich endete. Sie war doch von Anfang an verdammt gewesen allein zu sterben.
Ihr Hinterkopf schlug hart auf dem Boden auf als sie das Gewicht von drei Dämonen übermannte. Doch nicht mal ein Stöhnen drang aus ihrer Kehle. Zur Enttäuschung der Dämonen. Völlig teilnahmslos blickte sie an die dunkle Decke, während die Krallen und die Zähne der Dämonen über ihre Haut schliffen.

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Lumière (Deutsch)
Fantasy»Entscheide dich! Für mich - oder für ihn!«, seine Stimme brach und er blickte sie verletzt an. So hatte sie ihn noch nie gesehen. Sie spürte die Nässe auf ihren Wangen. »...aber erwarte nicht, dass ich dich nach deiner Entscheidung noch beschützen...