Sie konnte ihren Augen nicht glauben. Sie wollte ihnen nicht glauben.
Die Vorstellung, dass das was sie sah, die Realität war, ließ sie schaudern.»Wer zum Teufel tut so etwas?«, schrie sie entsetzt. Sie rannte den Hügel herunter und kniete sich neben die Frau aus dem Landkartenladen.
Kein Puls.Natürlich...Was habe ich auch erwartet, bei diesen Verletzungen?
Ash und Lysander kamen langsam ebenfalls den Hügel herunter.
Lumière blickte den Prinzen panisch an.
»Weißt du etwas davon, Ash?!«
Der Schwarzhaarige schien vollkommen traumatisiert.
»Nein...Also ich...Nein...«
Lumière blickte ihn fest an. Wie kam er jetzt immer noch auf die Idee sie anzulügen? In so einer Situation. Das hier war kein Spiel mehr. Das waren die Leben vieler Humanisten und sie konnte es einfach nicht fassen, dass er es wagte sie immer noch anzulügen.
»Ashallyn! Wenn du irgendetwas über die Tode dieser unschuldigen Humanisten weißt, sag es mir jetzt!«
Sie konnte den inneren Konflikt, den er ausficht, in seinen Augen erkennen.
»Ich...Ich brauche eine Minute für mich...«, Ash machte auf dem Absatz kehrt und flüchtete regelrecht den Hügel hinauf.
Sie hatte einen ganz neuen Ausdruck in seinen Augen wahrgenommen:
Schuld und sogar ein wenig Furcht.
Sie wusste ihre Gefühle nicht zu deuten. War sie verärgert, enttäuscht, traurig oder empfand sie sogar ein wenig Mitleid für ihn?
Sie konnte es nicht genau sagen.
Die Schwarzhaarige wollte sauer auf ihn sein, sie wollte ihn am liebsten aus ganzem Herzen hassen, doch...das konnte sie nicht. Sie konnte ihm noch nicht einmal böse sein, obwohl sie wusste, dass er irgendetwas mit den Toten zutun hatte.Dabei sind die drei schwierigsten Dinge doch: ein Geheimnis für sich zu behalten, eine Enttäuschung zu vergessen und wissen wer ein Freund ist.
Und obwohl sie wusste, dass er ihren Hass verdient hatte, er konnte spätestens jetzt nicht mehr abstreiten, dass er ihr etwas verschwieg. Doch seine eisblauen unsicheren Augen, hatten sie total irritiert. Lumière hatte ihn noch nie so erlebt.
Er hatte wieder seine Maske aus Stolz und Kälte abgelegt. Aber diesmal kam etwas Neues hervor, etwas anderes als das letzte Mal:
Ash hatte tatsächlich...verletzlich gewirkt.
Und aus einem ihr unergründlichen Grund, verspürte sie trotz allem, das Bedürfnis ihm hinterher zu rennen.Nein...Er soll merken, dass ich sauer bin. Auch wenn es ihm sicherlich egal ist...
Da kam ihr etwas in den Sinn: Jetzt wo Ash weg war, konnte sie Lysander ausfragen. Er war schließlich ein unglaublich schlechter Lügner.
Lumière wendete sich dem Weißhaarigen zu. Dieser hockte vor einer Leiche und pikste neugierig in die Wange eines Mannes, als erwartete er, es würde daraufhin irgendwas geschehen.
Scheinbar waren Irrlichter nicht mit dem Tod bekannt.
Je näher sie auf Lysander zuschritt, desto größer wurde der beißende Geruch, der vergammelnden Leiche. Der Mann musste schon länger dort liegen.
Sie legte die Finger auf ihren Nasenrücken und drückte zu, in der Hoffnung dies würde den schrecklichen Geruch wenigstens etwas hemmen.
Machte Lysander der Geruch gar nichts aus?
Konnten Irrlichter überhaupt riechen?»Ly...Lysander?«, fragte sie vorsichtig.
Der Weißhaarige wirbelte herum und zog die Finger von der Leiche.
»Ja?«, entgegnete er grinsend.Er ist schon irgendwie seltsam...Ob alle Irrlichter so sind?
»Du weißt aber schon, dass dieser Mann...tot ist, oder?«
»Jop.«
»Und...das macht dir nichts aus?«
»Nein!«, er klatschte in die Hände, »...ich finde den Tod von Humanisten interessant. Wie steif der Körper wird und wie leer die Augen dann sind...
Innerhalb einer Sekunde kann das Leben vorbei sein. Ohne Vorwarnung, ohne die Chance, noch irgendwas zu erledigen, was einem wichtig gewesen wäre - einfach vorbei.
Einfach toll!«Die Schwarzhaarige schluckte schwer. Wenn sie tot umfallen würde, würde Lysander dann sie 'anpiksen'?
Eine schaurige Vorstellung.Sie schüttelte den Kopf um das aufsteigende Kopfkino zu vertreiben.
»Du...Lysander?«
Das Irrlicht blickte kurz zu ihr auf, ehe er sich wieder der Leiche zu wand.
»Mhm...?«
»Was genau verschweigt ihr Beiden mir eigentlich?«Lysander schien inne zu halten. Sie erkannte, dass seine Augen unsicher zitterten.
Er wagte es nicht, ihr in ihr Auge zu blicken, als er sagte:
»Nichts...Wir verschweigen dir nichts.«Sie biss sich auf die Unterlippe.
»Sieh mich an, Lysander!«, befahl sie fest.
Das Irrlicht blickte unsicher zu ihr auf.
»Sag es mir!«»Lysander!«, die Stimme Ashs durchbrach ihr Vorhaben.
Sie hatte Lysanders Willen fast gebrochen.
Innerlich fluchend drehte sie sich zu Ash um, der an die Beiden herangetreten war.Schon wieder taucht er einfach so auf...Ich habe nicht mal Schritte gehört. Wie macht er das nur immer wieder?
Lumière verschränkte die Arme vor der Brust und zog fragend die Augenbrauen in die Höhe.
Jetzt sollte Ash eine passende Erklärung haben.
Natürlich wusste sie, dass er eigentlich nur ihr Gespräch durchkreuzt hatte, damit Lysander ihr nichts verriet.
Es war also eigentlich egal, was er jetzt sagte, oder welche Ausrede er hatte:
Sie wusste, dass er log.Wenn auch die Fähigkeit zu täuschen ein Zeichen von Scharfsinn und Macht zu sein scheint, so beweist doch die Absicht zu täuschen ohne Zweifel Bosheit oder Schwäche.
»Lysander...Würdest du mir bitte kurz folgen?«, bat Ash.
Der Weißhaarige setzte sich in Bewegung, doch Lumière hielt ihn am Handgelenk fest.
»Warum sollte er das tun Ash?«, fragte sie skeptisch.
»Ich muss mit ihm reden.«
»Das kannst du doch auch, wenn ich dabei bin, oder nicht?«, harkte sie nach.
»Es ist ein Männergespräch.«
Lysander riss sich los und schritt schweigend an ihr vorbei.»Tut uns leid.«, murmelte er im vorbeigehen.
Sauer verschränkte sie die Arme und blickte den Beiden nach.»Lügner!«

DU LIEST GERADE
Lumière (Deutsch)
Fantasy»Entscheide dich! Für mich - oder für ihn!«, seine Stimme brach und er blickte sie verletzt an. So hatte sie ihn noch nie gesehen. Sie spürte die Nässe auf ihren Wangen. »...aber erwarte nicht, dass ich dich nach deiner Entscheidung noch beschützen...