Ein schöner Ort zum Sterben

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Ash...

Vollkommen perplex konnte Lumière nichts anderes tun, als den Schwarzhaarigen irritiert anzustarren. Ihr Herz war ihr in die Hose gerutscht. Sie konnte nicht mal einen einzigen klaren Gedanken fassen. Dabei hatte ihr bis eben noch die süße Hoffnung das Herz gewogen. Nun fühlte sich ihr Körper taub an. Nur langsam schaffte sie es, sich aus ihrer Starre zu lösen. Ihr Überlebensinstinkt fachte neues Feuer und paarte sich mit der lodernden Angst. Verängstigt wich sie zurück, bis sie das kühle Nass, des Wassers an ihren Knöcheln spürte. Wie hatte er sie so schnell einholen können? Die Erkenntnis offenbarte sich ihr wenige Sekunden später und es traf sie wie der Blitz. Seine Mutter, die Queen, hatte doch eine Aussage über die Dämonen gemacht: Sie würden ‚im Schatten wandeln'. Außerdem hatte sie jetzt mindestens schon drei Dämonen gesehen,die sich aus dem Nichts manifestiert hatten. Schattendämonen konnten durch Schatten wandeln. Sie hätte sich am liebsten mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen. Doch das einzige, was ihre Hand gerade tat, war zittern. Wo kam auf einmal ihre unglaubliche Angst her? Vor gerade einmal dreißig Minuten, hatte sie sich schon auf ihren Tod eingestellt und nun? Lag es etwa an Ash? Sie musste zugeben, jetzt, wo er in seiner richtigen Form agierte, da strahlte er eine ganz berauschende Macht aus. Sie konnte seine Augen durch die Schatten seiner Haare nicht erkennen, doch sie wusste, dass diese rot leuchteten, seine Ohren liefen nun spitz zu und als er den Mund öffnete blieb ihr Blick an seinen Reißzahn-ähnlichen Zähnen hängen. Er hatte sich so unglaublich stark verändert. Vollkommen in ihre Gedanken vertieft, bekam sie nicht einmal mit, dass er mit ihr sprach. Sie konnte die Töne nicht vernehmen, sie drangen nicht zu ihr durch. Es war als würde sie sich in einem unendlich langen Tunnel befinden und die Wörter fanden ihren Weg durch den Tunnel nicht zu ihr. Mit Mühe und Not schaffte Lumière es, sich aufzurichten. Ihr war klar, dass es nicht von Vorteil für ihr Leben war, vor ihrem Feind am Boden zu liegen. Mit stolpernden Schritten suchte sie Schutz im reißenden Flusswasser, ließ ihren Gegenüber allerdings keine Sekunde aus den Augen. Irgendwie musste sie sich verteidigen, wenn er angreifen würde. Die Schwarzhaarige versuchte ihren Körper zu beruhigen, ihren Geist zu klären, ihre Gedanken zu ordnen und ihre Kräfte zu mobilisieren. Sie konzentrierte sich voll und ganz auf Ash und versuchte dessen Seele zu erfassen um sie auszuschalten. Doch nicht einmal die Farb-Auren-Sicht konnte sie aktivieren. Jetzt – in so einem wichtigen Moment – spielten ihre Kräfte sie aus und sie war ihrem Feind schutzlos ausgeliefert. Innerlich fluchend wich sie noch einige Schritte in die Flussmitte zurück. Das Wasser stand Lumière bereits bis zur Hüfte und sie hatte Mühe der starken Strömung entgegen zu wirken, doch lieber würde sie ertrinken als von Ash gefasst zu werden. Außerdem konnte Ash ja nicht schwimmen...Sie hoffte, dass ihr das Wasser zur Rettung verhelfen würde. Der Nebel um ihre Sinne lüftete sich endlich etwas und Ashs Stimme drang zu ihr vor.

»Beruhige dich okay...? « Der Schwarzhaarige machte einen Schritt auf sie zu und überschritt dabei eine unsichtbare Grenze. Daraufhin zuckte Lumière instinktiv zurück und verlor jeglichen Halt unter ihren Füßen. Die Strömung gab ihr den Rest. Das Wasser brach erbarmungslos über ihrem Kopf zusammen und verzweifelt versuchte sie wenigstens zu erkennen, wo sich oben und unten befand oder zumindest die Wasseroberfläche zusehen. Doch die Strömung wirbelte sie mit Leichtigkeit in dem breiten Flussbett herum, in welchem sie mittlerweile gar keinen Boden mehr spürte. Nach einer gefühlten Ewigkeit, durchbrach sie hustend die Wasserdecke. Gierig zog sie die frische Luft ein. Keuchend musste sie feststellen, dass sie nicht nur ein Problem damit hatte, sich über Wasser zu halten, nein da war noch ein viel größeres, im wahrsten Sinne des Wortes: berauschendes Problem. Ein Wasserfall. Mittlerweile nur noch wenige Fuß von ihr entfernt. Auch wenn sie eine gute Schwimmerin war: gegen so eine starke Strömung kam niemand an. Urplötzlich packte sie etwas und zog sie in die entgegengesetzte Richtung. Schmerz durchzuckte ihre Hand. Der Griff war erschauernd fest. Sie versuchte den Kopf zu drehen und blickte direkt in die verbissenen Augen ihres Feindes.

Lumière (Deutsch) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt