Wäre ich doch nie weggerannt!

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Ich wusste nicht, wie lange ich dort saß und weinte. Als der Regen nachließ, riss ich mich schließlich zusammen und stand mit zitternden Beinen auf.

Langsam lief ich die Straße hinunter. Nach einiger Zeit konnte ich schließlich unsere Einfahrt sehen. Doch was ich dort sah, ließ das Blut in meinen Adern gefrieren. Nach Atem ringend blieb ich stehen.

Vor unserem Haus parkten zwei Polizeiautos, deren Blaulicht die ganze Straße beleuchtete. Nachdem ich das Alles regestriert hatte, atmete ich tief durch. Es musste etwas passiert sein.

Als ich unser Haus erreichte, kam mir eine noch relativ junge Polizistin entgegen. Durchdringend sah sie mich an. "Bist du Rose Jackson?" Ich nickte.

Traurig lächelte  sie mich an. "Deine Eltern haben sich große Sorgen um dich gemacht, Kleine." Wütend schnaubte ich. Doch irgendetwas in ihrem Blick hielt mich davon ab, etwas dazu zu sagen.

Die Polizistin kniete sich hin, sodass sie mir besser in die Augen schauen konnte. Dann ergriff sie meine Hand. "Es tut mir so leid, dass ich dir das jetzt sagen muss, Ros." Sie streichelte mir über meinen Handrücken. "Deine Eltern, sie sind mit dem Auto losgefahren um dich zu suchen. Es tut mir so leid!" An diesem Punkt brach sie ab.

"Deine Eltern hatten einen Unfall, Rose. Sie sind bereits auf dem Weg ins Krankenhaus verstorben."

Wie paralysiert zog ich meine kalte Hand aus ihrer Warmen. "Das... Nein! Das kann nicht sein!" Ich bemerkte nicht wie mir die Tränen in Sturzbächen über die Wangen liefen.

Wieder griff die Frau nach meiner Hand. "Es tut mir so leid!" Wir blieben einen Moment so stehen.

Schließlich kam ein anderer Polizist hinzu und berührte mich leicht an der Schulter. "Kommen Sie, Miss Jackson." Damit führte er mich zu einem der Wagen. Noch immer weinend ließ ich mich auf den Sitz fallen, bevor ich mein Gesicht in meinen Händen vergrub.

Wäre ich nicht weggerannt, dann wären meine Eltern jetzt noch am Leben!

Ich registrierte kaum, wie das Auto hielt und ich in ein Haus geführt wurde. Dort sprachen die Polizisten mit einer Frau.

Schließlich wurde ich in einen Raum geführt. Entkräftet ließ ich mich auf das Bett fallen.

"Du bleibst jetzt erstmal hier, Rose.", sagte die nette Polizistin, doch ich reagierte nicht auf sie. Sie drückte kurz meine Hand, dann schloss sie die Tür hinter sich und ich war allein.

Ich weiß nicht mehr, wie lange ich dort einfach nur saß und vor mich hinstarrte. Doch schließlich überfiel mich die Müdigkeit und ich driftete in einen traumlosen Schlaf.

Am nächsten Morgen wachte ich auf, als jemand laut an die Tür klopfte. Verwirrt sah ich mich um. Wo war ich? Zu Hause sah es doch anders aus.

Doch dann kamen die Erinnerungen an den vergangenen Tag zurück. Ich war nicht mehr zu Hause. Ich war in einem Kinderheim.

Da ich nicht auf das Klopfen hörte, öffnete schließlich eine ältere, streng aussehende Frau die Tür. "Wie ich sehe, bist du schon wach. Es gibt jetzt Frühstück!" Damit verschwand sie wieder.

Langsam stand ich auf und zog mich um. Eine einfache Bluejeans und einen schwarzen Pulli. Das war alles, was sich in 'meinem' Schrank befand. Das musste wohl mein Vorgänger hiergelassen haben.

Seufzend trat ich auf den Flur und schaute mich um. Vor mir war eine Treppe und ich vermutete, dass das Esszimmer dort unten war. Ich hatte richtig vermutet.

Als ich das Zimmer betrat, legten sich alle Blicke auf mich. Mit gesenktem Kopf setzte ich mich auf den einzigen freien Platz neben einem jüngeren Mädchen.

Immernoch starrten mich Alle an. Langsam wurde es mir echt unangenehm. "Hi, ich bin Rose!", sagte ich schließlich, hoffend, dass sie nun damit aufhören würden.

Das taten sie auch, doch nun zischte mich die Frau von vorhin an: "Rose, bei uns wird während der Mahlzeiten nicht gesprochen! Da du neu hier bist, werde ich von einer Bestrafung absehen."

Ich runzelte die Stirn, fing dann aber auch an zu essen. Das war vielleicht eine komische Regel!

Wie ich später an diesem Tag noch feststellen musste, war das nicht die einzige Regel.

Mrs. Miller, die Heimleiterin, rief mich nach dem Frühstück zu sich und führte mich in ihr Büro. "Rose. Ich möchte ehrlich zu dir sein." Bei diesen Worten zog ich eine Augenbraue hoch.

"Du bist bereits 15 Jahre alt und damit wirst du höchstwahrscheinlich keiner Pflegefamilie mehr zugeteilt werden. Geschweigedenn eine Adoption. Du wirst also die nächsten drei Jahre hier in meiner Obhut verbleiben." Sie sah mich durchdringend an.

"Es wird also in deinem Interesse sein, dass du dich an die Regeln hältst, die es hier gibt", Mrs. Miller machte eine Pause, "Wie du bereits beim Frühstück bemerkt hast, ist es verboten während des Essens zu sprechen. Außerdem übernimmt jedes der Kinder hier eine Aufgabe im Haushalt. Wird diese überhaupt nicht oder nur mangelhaft erledigt, gibt es nichts zu essen für denjenigen."

"Das können Sie doch nicht ernst meinen!?", rief ich aufgebracht. Die Heimleiterin sah mich scharf an. "Und wie ich das ernst meine, Rose Jackson! Und da wären wir auch schon bei Regel Nr. 3 angekommen: Mir wird nicht widersprochen. Ist das klar?!"

Ich nickte. Was blieb mir auch anderes übrig? Ich wollte nur, dass sie mich in Ruhe ließ.

"Außerdem ist die Bettruhe um 21 Uhr. Wer danach nicht in seinem Zimmer ist, wird bestraft."

Mit einem knappen Nicken entließ sie mich und langsam ging ich zurück in mein Zimmer.






Brother? |Louis TomlinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt