Bereuen

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Bereits als ich diesen Satz ausgesprochen hatte, bereute ich es. Es war das selbe Gefühl, das ich auch gehabt hatte, nachdem ich nach dem Streit mit meinen Eltern aus unserem Haus gerannt war.

Johannahs Augen spiegelten einen Moment lang tiefe Trauer wieder, bevor ihre Gefühlsregung wieder in Wut umschlug. Und schneller als Louis oder ich reagieren konnten, hatte sie auch schon ausgeholt. Ich dachte nicht lange nach, sondern tat einfach das, was ich in solchen Situationen am besten konnte: Ich rannte davon. Wieder einmal.
Louis schrie mir hinterher, doch ich hörte nicht auf ihn. Ich konnte einfach nicht länger dort bleiben. Johannah hatte mir zwar eine Ohrfeige verpasst, doch ich habe sie mit meinen Worten so sehr verletzt, dass sie so weit gegangen ist.

Die Tränen, die mir, als ich die Stufen zu Jolenes Haustür hinauflief, über die Wangen liefen, waren keine Tränen der Trauer. Es waren welche der Wut. Ich war einfach nur wütend auf mich selbst. Ich hätte so etwas nicht sagen dürfen. Johannah hatte sich in der letzten Zeit wirklich sehr um ein besseres Verhältnis mit mir bemüht und das war es, was ich ihr also dafür zurückgab.


Als Jolene die Tür öffnete und mich sah, nahm sie mich sofort in den Arm und überschüttete mich nicht sofort mit einem Redeschwall, wie sie es sonst immer tat. Und darüber war ich in diesem Moment wirklich froh.

Jolene zog mich in das geräumige Wohnzimmer und drückte mich sanft aber bestimmt auf das Sofa. Sie ließ mir Zeit um mich wieder zu beruhigen.

"Was ist passiert?", fragte Jolene, nachdem meine Tränen aufgehört hatten zu fließen. Ich seufzte und zog meine Knie dicht an meinen Körper. "Rose?" Ich blinzelte. Eine Menge von Gedanken ging mir gerade im Kopf herum. "Als ich nach Hause gekommen bin, da haben sich Louis und", doch weiter ließ sie mich erst gar nicht kommen. Auch wenn es mir schlecht ging, die Neugier war wohl größer. "Was?! Louis ist gerade in Doncaster und ich weiß nichts davon?"

Auch wenn ich mich gerade wirklich nicht danach fühlte, musste ich unwillkürlich lachen. Das mochte ich so an Jolene, sie konnte mich immer aufmuntern. "Ich wollte gerade sagen, dass sich Louis und Johannah gestirren haben, bevor du mich unterbrochen hast!" Jolenes Blick verdüsterte sich immer mehr, während ich ihr die ganze Geschichte erzählte. "Tja, und dann habe ich zu ihr gesagt, dass ich nicht ihre Tocher bin."

Wieder rannen mir die Tränen über die Wange. Jolene nahm mich in den Arm und wiegte mich leicht vor und zurück. "Ich hätte sowas nicht sagen dürfen! Sie hassen mich jetzt bestimmt!" Und das wäre auch ihr gutes Recht, nachdem was ich getan hatte.

"Du hättest das tatsächlich nicht sagen sollen, aber das kannst du jetzt auch nicht mehr rückgängig machen!"

Ich blieb noch für zwei Stunden bei Jolene. Wir hatten uns irgendeine Komödie angesehen und dazu Schokoladeneis gegessen. Und Jolene hatte Recht, es half wirklich, dass ich mich etwas besser fühlte.

Doch irgendwann war auch der Film zuende und ich verabschiedete mich von ihr.


Langsam lief ich zurück. Ich hatte furchtbare Angst davor, Johannah wiederzusehen. Doch länger konnte ich diesen Moment nicht mehr heruaszögern. Ich meinte, mein Herz klopfte so laut, dass es jeder hören musste, als ich meine Hand hob und klingelte.

Keine Sekunde später wurde sie von einem aufgeregten Louis geöffnet, der mich sofort in seine Arme zog. "Oh Gott, Prinzessin! Dir geht es gut!" Immer wieder fuhr er mir über meine Haare, die mittlerweile sicher ziemlich zerzaust sein mussten. Doch von einem auf den anderen Moment löste er sich von mir.

Grob packte er mich am Arm und zog mich in den Flur, bevor er die Haustüre zuschmiss. Ich hatte ihn noch nie so wütend erlebt, wie jetzt gerade, als er mich in die Küche zog, in der das Ganze angefangen hatte.

Louis lehnte sich dort gegen die Arbeitsplatte, während ich verschüchtert in der Mitte des Raumes stehen blieb.

Er begnügte sich damit, dass er einfach nur dort stand und mich mit wütend zusammengezogenen Augen musterte, bis ich meinen Blick abwendete.

Schließlich wurde die Stille so unangenehm, dass ich es einfach nicht mehr aushielt. Ich räusperte mich. "Wo ist denn Johannah?", meine Stimme klang nicht einmal halb so stark wie ich es gerne gehabt hätte. Louis schnaubte verächtlich und stieß sich ab, nur um auf mich zuzukommen.

"Nachdem du Mum das an den Hals geworfen hast, hat sie erstmal ne Weile gebraucht, um sich wieder zu beruhigen. Aber dann ist sie sofort losgeeilt um dich zu suchen!"

Ich spürte, wie das Blut aus meinem Gesicht wich. Der Verlauf, den die Situation gerade nahm, kam mir erschreckend bekannt vor. Meine Hände zitterten stark, als ich sie anhob um mir meine Haare aus der Stirn zu streichen. "Du... du musst sie sofort anrufen!", schrie ich den verdatterten Louis an. Einen Moment lang schaute er mich verwirrt an, so, als ob er nicht verstehen würde, was ich von ihm wollte. Doch dann griff er in seine Hosentasche und zog das Handy heraus. Er hielt es sich ans Ohr, nachdem er eine Nummer eingetippt hatte.

Doch Johannah nahm nicht ab. Und auch bei den nächsten fünf Versuchen ging niemand an das Telefon.

Louis legte es frustriert auf den Esstisch. Doch mir ging es immer schlechter. Schluchzend ließ ich mich auf den Boden fallen und wieder liefen mir diese lästigen Tränen übers Gesicht. Louis kniete sich vor mir hin und schüttelte mich panisch. "Was ist denn los, Rose? Rosalie?!"

Doch ich konnte ihm einfach nicht antworten. Diese Situation, in der wir uns gerade befanden, kam mir so erschreckend bekannt vor. Unaufhörlich liefen die Tränen, als ich mich wieder an den Tag zurückerinnerte, der erst dafür gesorgt hatte, dass ich nun hier mit Louis war.

In letzter Zeit hatte ich nicht mehr sooft daran gedacht. Ich hatte einfach dieses Leben gelebt, das ich nun hatte. Doch es fühlte sich jetzt brach wieder alles über mich ein. Wie ich mich mit meinen Eltern gestritten hatte und danach abgehauen war. Wie sie mich versucht hatten zu finden und das letztlich mit ihrem Tod geendet hatte.
Auch zu ihnen hatte ich etwas gesagt, was ich seit diesem Moment zutiefst bereute. Ich hasse euch. In diesem Moment hatte sich das passend angefühlt, doch hinterher tat es einfach nur noch weh.

Zu Johannah hatte ich etwas vergleichbares gesagt. Ich hoffte nur, dass ich diesesmal die Chance haben würde, alles wieder zu klären. Und vor allem um mich zu entschuldigen!



Ich weiß, ich hab euch das Kapitel für gestern versprochen, doch ich hatte komplett vergessen, dass ich noch auf eine Klassenarbeit lernen musste :(


Brother? |Louis TomlinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt