Wie in Trance nahm Claire wahr, dass zwei kräftige, kurze Arme sie packten und in die gleiche Richtung zerrten in die sie Owen gebracht hatten.
Aus dem Augenwinkel nahm sie Anamikas Blick zum Eingang des Versorgungsganges wahr, in dem Delta hoffentlich immernoch lag.
Sie tauschten stumme Blicke, es schien jedoch keinen der Soldaten zu interessieren, dort einen Blick hineinzuwerfen.
Unsanft stieß der Mann, der sie weitergezerrt hatte, nach einem kurzen Marsch durch das Unterholz auf die Lichtung vor Owens Bungalow, wo der Hubschrauber parkte, an dem sich bereits eine Tür schloss und die Rotorblätter wieder auf volle Touren hochgefahren wurden.
"Wo bringen sie ihn hin?", Claire fand es komisch ihre Stimme wieder zu benutzen und sich selbst zu hören. Sie konnte nichtmal mehr sagen, ob sie immernoch weinte oder nicht.
Alles war so unwirklich und fühlte sich an, wie durch einen Nebelschleier.
Sie fühlte Anamikas Hand auf ihrer Schulter. Es sollte wohl eine beruhigende Geste sein, allerdings hatte Claire das Gefühl, dass nun das was um sie herum noch nicht zusammengeklappt war, jetzt wegbrach.
"San Rafael in Alajuela, wenn das noch Sinn macht..." hörte Claire ihn mit leicht spöttischem Unterton sagen.
Sie erinnerte sich, dass das San Rafael eines der besten Krankenhäuser in Costa Rica war. Sie schloss irgendwo in ihrem Unterbewusstsein seinen Nebensatz weg - und versuchte ihn zu ignorieren.
Die werden das hinkriegen....!
Die können auch keine Toten zum Leben erwecken....!.
"Mrs. Masrani, wir bringen sie dann zur Basis...", sagte er Mann nun barsch und wies sie mit dem Finger zu einem Parkfahrzeug, in welches sich Claire mit Anamika nun willenlos hineinschieben ließ.
Als Wagen neben dem Hubschrauberlandeplatz zum stehen kam, erkannte Claire Dawson schon von Weitem.
Er stand, grinsend die Arme über dem dicken Bauch verschränkt, mitten auf dem Platz.
Es hatte schon etwas hoskinsches an sich, wie er sie anblickte, als sie auf ihn zuging und sie wünschte sich für einen Moment Blue würde genauso herangeschossen kommen, wie bei seinem Kollegen, um ihn aus dem Weg zu schaffen.
Aber um all diese Gedanken zu Ende zu denken, dafür fehlte ihr die Kraft.
"Mrs. Dearing es ist wunderbar, dass sie trotz aller Umstände nun doch zu uns zurückgefunden haben...." meinte er und tippte sich an die Mütze, " wir haben uns Sorgen gemacht..."
"Halten sie den Rand!", fauchte Anamika ihn nun an.
Dawson stutzte.
Noch nie war er von einer Frau so angeblafft worden, von einem Mädchen schon garnicht.
"Man erzählte mir das Problem mit dem Saboteur hat sich nun auch erledigt... Sehr gut..." meint er , schließlich zufrieden, während Claire sich einfach wortlos an ihm vorbei schob.
" Sollten sie sich weiter derart verhalten, sorge ich dafür, dass sich ihr Problem bald genauso erledigt hat wie das ihres Kollegen Jason! Sie mieses Arschloch!" ließ Anamika nochmal von sich hören und folge Claire dann.
Anamika war sich offenbar zum ersten Mal über ihren Einfluss in voller Gänze bewusst.
Hatte er doch dazu geführt, dass sie den Troopern im Dschungel die Notwendigkeit eines Noteinsatzes bewusst machen konnte, nachdem Owen von der Kugel getroffen worden war.
Und ebenso - zumindest hatte sie das vor - würde sie sich bei ihrer Rückkehr in Costa Rica mal genauer ansehen, WER überhaupt für Masrani Global die Entscheidungen traf.
Der Tod ihres Vaters war schlimm genug, so musste es doch wenigstes einen positiven Aspekt geben, der sich herauskehren ließ, weil sie sein Imperium geerbt hatte.
Das die Soldaten im Dschungel sie tatsächlich hatten zurücklassen wollen, verschwieg sie lieber, als sie nun mit Claire in das unberührte Hotelzimmer trat, wo diese nun planlos ihre Sachen in ihren Koffer zu werfen begann.
Erst das Bewusstmachen ihres Einflusses, hatte diese Vollidioten dazu veranlasst, einen Hubschrauber anzufordern und während sie warteten, hatte Anamika sich auf den Weg den Hügel hinunter gemacht, um sich anzusehen wie schlimm es tatsächlich war.
Sie hatte noch nie gesehen, wie sich ein Mensch im Todeskampf herumwand und ausgerechnet Owen so zu sehen und nicht zu wissen, ob er lebend herauskommen würde, hatte sich für immer in ihrem Gedächtnis eingebrannt.
Das sagte sie jedoch alles nicht.
Sie beschloss es einfach in ihrem Kopf zu behalten und nahm lediglich ihr Telefon in die Hand um dafür zu sorgen, dass ein weiterer Hubschrauber herankam, um zwischen Claire, sich und Nublar soviele Kilometer wie möglich zu bringen.
"Owen Grady..." meinte Claire nun zu der Krankenschwester in ihrem blauen Kittel, an die man sie verwiesen hatte, nachdem sie im Eingangsbereich nach der Station gefragt hatten.
Die Schwester ging zurück in das Stationzimmer und kam mit einem Klemmbrett zurück.
"Sind sie eine Angehörige...?", fragte sie routiniert und ihre Augen wanderten zwischen Claire und Anamika hin und her.
Nein das bin ich nicht, aber ich bin Schuld an dem Ganzen und wenn sie mir jetzt sagen, dass er nicht mehr lebt können sie mich gleich hierbehalten..
"Ich....", fing Claire an doch Anamika fiel ihr ins Wort, " hören sie mal, sie werden ja wohl jetzt nicht fragen, ob seine Verlobte sich über seinen Zustand informieren kann?"
Claire holte tief Luft
Anamika!!!.
"Ach sie sind...", fing die Schwester an und kniff nun die Augen zusammen, " sie sind doch diese Dame aus dem Fernsehen..." meinte sie dann, als sie Claire scheinbar erkannte, "sie können wohl den Hals nicht vollkriegen, was...? Erst diese ganzen Verletzten in ihrem gottlosen Freizeitpark und jetzt bringen sie auch noch ihren Verlobten dort um... alles was von dieser Insel kommt, bringt nur Leid mit sich..." meinte sie erbost.
"Ich...", fing Claire wieder hilflos von vorne an.
"Es hat sie niemand nach ihrer Meinung gefragt!", betätigte Anamika sich nun wieder als Sprachrohr.
Die Schwester ließ einen kleinen, zischenden Schnauflaut hören: "Tzhe!" und wendete sich dann wieder zu ihrem Klemmbrett.
"Es ist mir wirklich kreuzegal was sie über mich denken, oder was sie von alledem halten, Miss.... ich will nur wissen, ob er hier ist und ob es ihm gut geht...", mittlerweile war es Claire egal, dass sie bettelte.
Sie wollte bloß die Erleichterung verspüren, die eine einfache Antwort mit sich gebracht hätte.
Die Schwester nahm nun die silberne Brille, die an einer kleinen Kette über ihrem mächtigen Busen hing, auf ihre knubbelige Nase und überflog die Zeilen.
"Gut?", echote sie spöttisch und ihre grauen, krausen Haarsträhnen wippten hin und her als sie den Kopf schüttelte, " dass ist nicht unbedingt die Vokabel die ich benutzen würde, Schätzchen!"
Anamika verdrehte die Augen. Am liebsten hätte sie ihr das verdammte Klemmbrett aus den pummeligen Fingern gerissen.
Claire hingegen verspürte wieder, wie Tränen in ihr hochstiegen.
"Der Bursche hat verdammtes Glück gehabt, dass kann ich ihnen sagen... ein paar Millimeter weiter und die OP hätte man sich sparen können."
Ein kurzes Aufatmen durchfuhr Clarie bis die Schwester weitersprach: "... wir müssen sehen, ob es was genützt hat...", sagte sie dann schnippisch.
"Ich verstehe nicht...", meinte Claire dann fassungslos und sie hatte das Gefühl diese Achterbahn würde sie jeden Moment dazu bringen, sich an Ort und Stelle zu übergeben.
"Er hat so unglaublich viel Blut verloren, dass es an ein Wunder grenzt, dass er es überhaupt hierher geschafft hat. Die Rippen haben, dass meiste abgefangen. Aber man kann nicht unbedingt sagen, er ist über den Berg, ganz zu Schweigen von der Bisswunde! Da hat der Arzt ganz schön geflickt. Das kann ich ihnen sagen..." plapperte sie dann wie ein Wasserfall und Claire wünschte sich, sie würde es nicht tun, "ich dachte sie killen diese ganzen Viecher auf der Insel... wie kann es denn sein, dass jemand dann noch derart ge..."
Anamika fiel ihr ins Wort: " Danke, ich denke das ist genug Information, ist es möglich ihn zu besuchen?" Geistesgegenwärtig wollte sie abmildern, das mehr Details dazu führten, dass Claire sich wirklich noch auf den Flur erbrach, denn sie spürte wie sie neben ihr mehr und mehr zu schlucken begann.
Es war wirklich mehr als ein Mensch ertragen konnte.
"Die Schwester hob die Brauen nun über die Brille, "ich bezweifle das er davon etwas mitkriegt," sagte sie dann ernüchternd.
"Er ist nicht bei Bewusstsein?", fragte Claire dann leise und zaghaft.
Was hast du Dir denn vorgestellt? Das er fröhlich im Bett sitzt und wartet dass du vorbeikommst?
Die Schwester ließ ein spöttisches Lachen hören.
"Sie machen mir Spaß...", damit verschwand sie ohne ein weiteres Wort und ließ Claire und Anamika einfach im Flur stehen.
Noch bevor sie Gelegenheit hatten, sich zu fragen, aus welchem Grund die unfreundliche Schwester sie einfach stehen gelassen hatte, kam eine weitere Schwester auf die Beiden zu.
Sie war blond, zierlich und vielleicht fünf Jahre älter als Anamika.
"Sind sie die Verlobte von Mr. Grady..."
Verlobte! ---Was für ein höchst merkwürdiges Upgrade! Ich frage mich wie du aus der Nummer wieder herauskommen willst, falls man dich entsprechende Details fragen sollte! - danke Anamika!
Claire nickte zögernd.
"Kommen sie, sie könne ein paar Minuten zu ihm..." ihre Stimme war sanft und hatte etwas unglaublich tröstliches.
"Ich warte im Foyer...", sagte Anamika und strich Claire über den Rücken.
"Kann ich mit einem Arzt sprechen?"
"Kommen sie....",sagte sie nur und deutete ihr an, dass sie ihr folgen sollte.
"Ich werde ihnen einen Arzt holen... hier entlang..." meinte sie und öffnete dann unvermittelt eine halbverglaste Tür, die den Blick auf ein Bett freigab.
Für einen Moment vergaß Claire wie man atmete.
Es waren unzählige Apparaturen die die Sicht auf das Bett versperrten, Schläuche , Kabel und Kanülen.
Zaghaft ging sie einen Schritt näher.
Es war schwierig unter all dem Ganzen überhaupt einen Menschen auszumachen.
"Gehen sie nur hin, ich bin sicher das er spüren wird wenn sie da sind...", munterte die kleine Schwester sie auf. "sie dürfen auch seine Hand halten..."
Eine Atemmaske und daran angeschlossene Schläuche verdeckte Mund und Nase. Der Arm, den Blue erwischt hatte, lag verbunden und mit einer Schlinge fixiert neben ihm auf einer Erhöhung. Seine Fingerspitzen die unter dem ganzen Verbandszeug heraus zu sehen waren, waren von Jodtinktur organerot.
Auf seiner nackten Brust hingegen klebte nur ein Wundverband, wo die Kugel eingetreten war, und man offenbar einen vergleichsweise kleinen Schnitt geführt hatte, um diese wieder zu entfernen.
Plasmabeutel und andere Flüssigkeiten an Tropfständern führten über dünne Schläuche in Braunülen an seinem unverletzten Arm und in ihnen perlte in regelmäßigen Abständen etwas hinunter.
Inszwischen hatte die Schwester einen Stuhl herangezogen und schob ihn neben das Bett, vorsichtig nahm sie Claires Hand, während diese sich setzte und legte sie über Owens gesunde, große Hand die über seinem Bauch auf der Decke lag, die seinen Unterleib bedeckte.
Sie nickte ihr aufmunternd zu."Wird er wieder...gesund?" flüsterte Claire und versuchte sich an das Geräusch des Beatmungsgerätes zu gewöhnen, das stoisch klickte, pumpte und in dessen Rhythmus sich sein Brustkorb sachte hob und senkte.
"Ich hole ihnen einen Arzt...", wand sie sich vor der Antwort und verließ das Zimmer.
Claire blickte sein Gesicht an, das fast so friedlich aussah als würde er schlafen, wenn Mund und Nase nicht unter der Atemmaske verschwunden wären.
Die heftete ihren Blick an seine dichten Wimpern unter den geschlossenen Lidern und strich vorsichtig über seine eiskalte Hand die schlaff und kraftlos unter der ihren lag.
"Kannst du bitte zu mir zurück kommen?", meinte sie leise, " ich weiß nicht was ich ohne dich machen soll..." sie hob seine Hand an ihr Gesicht und küsste sie vorsichtig.
"Kannst du nicht irgendwas machen? Damit ich weiß das du noch da bist... Bitte..." wieder schwappten Tränen über ihr Gesicht, obwohl sie eigentlich das Gefühl hatte, dass es nicht mehr möglich war noch mehr zu heulen, und sie hasste sich mittlerweile für ihre Wehleidigkeit.
"Ich weiß nicht , was wir mit deinem verdammten Raptor machen sollen? ...ich fände es jetzt wirklich toll, wenn du dazu mal etwas sagen würdest... Immerhin ist das der Grund für den ganzen Schlamassel. Verdammt nochmal!" schimpfte sie nun mit ihm.
"Es ist gut wenn man auch mit bewusstlosen Patienten spricht.", hörte sie plötzlich eine Männerstimme hinter sich, " das Unterbewusstesein speichert mehr ab als wir zu ahnen vermögen. Ich würde nur vielleicht nettere Worte formulieren. Wer weiß an was er sich mal erinnert.", sagte er lachend.
Claire grinste in sich hinein.
"Prof. Hennesy...Guten Tag...", stellte er sich vor und reichte ihr die Hand.
"Dearing..."murmelte sie, "Werde ich denn denn die Chance haben ihn das je wieder zu fragen?", meinte sie dann ernst.
"Er hat sehr viel Blut verloren Mrs. Dearing und wir haben getan was wir konnten. Jetzt müssen wir der Sache Zeit geben. Ich denke, wir werden mit dem ausschleichen der Langzeitnarkose in den nächsten Tagen beginnen können, wenn uns nichts unvorhergesehenes dazwischenkommt. Und dann wird es sich zeigen ob ihr Verlobter mitmacht. "
Verlobter...es wäre interessant zu wissen WIE sein Unterbewusstsein DIESE Information verarbeitet!
"Er ist leider nicht wieder zu Bewusstsein gekommen, bevor ich ihn operiert habe. Dann wäre es mir leichter gewesen die Situation einzuschätzen.", sagte er dann ehrlich, " das Projektil hat eine Rippenfraktur versusacht, war sein Glück... Weitere Ausführungen möchte ich ihnen gerne ersparen."
Eigentlich wollte Claire nicht nach Bajamar fahren, um dort in ihre Wohnung zurück zu kehren. Am liebsten wäre sie an seinem Bett sitzen geblieben, in der Hoffnung bald ein Lebenszeichen von ihm zu bekommen.
Doch als es anfing dunkel zu werden hatte man sie nach Hause geschickt. Mit der Bitte, sich zu erholen soweit es ging und dem Versprechen, dass man sie anrufen würde, sobald sich sein Zustand veränderte.
Dann telefonierte sie mit Karen, die natürlich auch prompt anfing zu heulen und immer wieder betonte, man dürfte den Jungs bloß davon nichts erzählen, bis Claire dann beschloss das ihr das Gespräch nicht wirklich gut tat und es beendete.
Ihr Blick fiel auf Grays kleines Weihnachtsäckchen und es trieb ihr erneut Tränen in die Augen. Sie heulte bis das Blut in ihren Ohren rauschte und ihr Kopf schmerzte, als sei er in einem Schraubstock gefangen.
Das Singen des Telefons ließ sie aus dem Schlaf schrecken.
Benommen tastete sie nach dem Gerät und ging ran:"Dearing?"
"Mrs Deraing, San Rafael hier, es wäre sicherlich gut, wenn sie sich auf den Weg machen würden."
Sie setzte sich auf und lauschte ihrem Atem, der durch ihren Körper strömte und starrte in die stockfinstere Dunkelheit.
"Was... was ist?" murmelte sie benommen und ihre Stimme klang seltsam.
"Es ist besser wenn sie sich auf einen Abschied vorbereiten.."
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Why we really need a 2nd one! © Lina Schön OKTOBER 2015
RomanceClaire und Owen müssen erneut zusammenfinden, als wäre dass nicht schon schwierig genug, hat sich Owen außerdem in den Kopf gesetzt, den letzten überlebenden Velociraptor zu finden : Blue! Was sich allein schon dadurch schwierig gestaltet, dass InG...