Quid pro Quo

77 5 0
                                    


Claire glaubte nie wieder atmen zu können, während Barry sich ihr langsam näherte, um sie dann an der Schulter zu berühren.
"Claire....? " fragte er, " alles ok? " Claire nickte stumm und registrierte ihr feuchtes Gesicht.
Absurderweise konnte sie trotzdem Owens Atmen nach wie vor fühlen. "Ich hätte nicht gedacht, dass sie herkommen... ", sagte er und sah dann zu Owen, der immernoch zu schlafen schien.
Er lachte, "... er hat alles verpasst...? Nicht zu fassen... "
Barry strich Claire dann über den Rücken.
Ihre Lippen bebten.
Sie wusste nicht ob es einen Grund gab sich darüber zu belustigen.
Denn im Augenblick war sie bloß froh am Leben zu sein.
Die Sorglosigkeit die Owen und Barry im Zusammensein mit den hochgefährlichen Tieren manchmal an den Tag legten war für sie immer etwas Unnachvollziehbares gewesen.

Wie versteinert saß sie auf ihrem Platz und starrte auf den Fleck, an dem der Raptor in die Tiefe gesprungen war.
"Ich denke nicht, dass sie so schnell wiederkommen... nicht jetz... ", sagte Barry dann ernst und sank neben sie auf den Boden.
"Aber wir müssen ihm sagen, dass seine Lieblingsfrau zurückgekommen ist... " fing Barry kichernd an und streckte die Hand nach seinem schlafenden Freund aus, die Claire mit einer erstaunlicherweise raschen Geste abbremste und ihn anfunkelte.
"Hey... das war nicht nett gesagt, ich weiß das du... " sagte Barry, dann entschuldigend, doch Claire unterbrach ihn - sie hatte endlich ihre Stimme wiedergefunden: "... Ich weiß, was du damit ausdrücken wolltest. Ich verstehe das.... " sagte sie behutsam, "...kannst du dir vorstellen, was er tut, wenn er davon erfährt? Also ich meine, wenn du ihn jetzt weckst...? "
Barry zuckte die Schultern, "... Er wird ebenfalls vom Dach sprinten und ihr nachlaufen... " vermutete er.
Claire nickte und gleichzeitig rief es ihr in Erinnerung , worin die letzte Unterschlagung von Informationen geendet hatte.
Mach das nicht schon wieder Claireee!
"... Genau dass. Barry ich hab nicht vor ihm das zu verschweigen, aber... ich möchte, dass er.... Ich will nicht.... "stammelte sie mutlos und wusste sie nicht wie sie ihren Satz beenden sollte.
Es könnte ohne all das soviel einfacher sein.
"Hey... is' okay... " sagte Barry tröstlich und legte ihr den Arm um die Schultern, "Er wird dich schon nicht zu Gunsten von ein paar Reißzähnen und Echsenhaut im Stich lassen... " versuchte er zu scherzen.
"... Aber sie ist nunmal ein untrennbarer Teil seines Lebens...und er ihres... "
Claire sah herunter auf ihren schlafenden Freund und sofort kämpfte sich wieder dieses Gefühl in ihr nach oben, ihn nur in einem solchen Zustand an sich binden zu können.
Auch wenn das natürlich völliger Unsinn war.
Doch es hatte trotzdem etwas von einem gehüteten Schatz.
"... UND DU ebenso! Das warst du immerschon, bereits als du ihn hast das erste Mal abblitzen lassen... " grinste er dann.
Für einen Moment, wusste Claire mit dieser Information nichts anzufangen.
Warum sagt er sowas?
Sie blickte ihn ratlos an.
"Es war nicht schön, ihn zu ertragen, nachdem du ihm diesen Pullover zurückgegeben hast, das kann ich dir sagen." Barry lachte,"...das Ding war wochenlang sein ständiger Beifahrer. Es lag immer in seinem Auto, natürlich hat er ihn dort nur vergessen.." er zwinkerte verschwörerisch.
Claire spürte wie sie rot wurde.
Niemals hätte sie daran gedacht, dass der Pullover genauso eine Bedeutung für ihn hätte haben können, weil SIE ihn bei sich gehabt hatte, wie es bei ihr der Fall gewesen war.
Allein der Geruch des Kleidungsstücks, SEIN GERUCH, hatte dafür gesorgt, dass sie in der Lage gewesen war durchzuschlafen.
Auch jetzt, gelang ihr das nur noch in seinem Beisein.
Niemals hätte Claire geglaubt, dass ein Mensch so etwas in ihr hätte auslösen können, bis zu dem Moment, als sie wieder ohne das Stoffstück ODER ihn hatte einschlafen müssen.
"... im Ernst?", fragte sie überflüssigerweise und Barry blickte schuldbewusst zu Boden, weil er sich nicht sicher war, ob derartige Ausplaudereien seinem Freund überhaupt recht waren, doch an Claires Blick sah er, dass er die Büchse der Pandora bereits geöffnet hatte.
Barry schielte zu ihm herunter, dann sah er Claire wieder an und nickte.
"Irgendwie schon, aber das hat er natürlich nie zu gegeben, ich sollte wohl auch besser still sein, denn ich denke, es würde ihm nicht gefallen, wenn du das weißt."
Claire konnte jetzt ein Grinsen nicht unterdrücken.
Sie blickte auf ihn herab und ihre Augen ruhten auf seinem Gesicht.
"Er hat sich mehr davon versprochen, als er dich um dieses Date gebeten hat... ", murmelte er.
"Hat er das gesagt...?"
Barry lachte, "... wohl kaum, er drückt vieles nicht in Worten aus, dass dürfte dir inzwischen bekannt sein...Aber das sollte ihr vielleicht besser MITEINANDER besprechen...du solltest ihm sagen, dass seine Raptoren hier waren...."
Damit hatte er Claire unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sich das kleine Fenster in Owens Gefühlswelt bereits wieder geschlossen hatte, bevor es überhaupt richtig aufgewesen war, was Claire sehr bedauerlich fand.
Sie hätte zu gern mehr darüber gewusst.
Barry erhob sich und ging zur Dachkante.
Er blickte in die dämmrige Tiefe.
"Sie sind bestimmt ins Innere der Insel gelaufen, ich nehme an, sie haben dort ein Nest...", sagte er.
Dann kam er wieder zu ihr zurück.
"Du musst ihn wecken....ich glaube das Boot kommt zurück..."
Claire sah zuerst Barry an, dann wieder zu Owen und strich nun sanft über seine Wange.
""Owen...", sagte sie vorsichtig, und bewegte prüfend ihre steif gewordenen Beine, " hey..."
Owen schnaufte tief.
"...komm schon... werd' wach..." sagte sie und lächelte, während ihr Herz einen Hüpfer machte, als seine Hand nach oben kam , sie im Nacken fasste und ihren Kopf zu sich herunter zog um sie sachte zu küssen.
Verschlafene Küsse sind die Besten!
"Hey Dornröschen... Wir bekommen Besuch... und du hast schon welchen verpasst...", brach sich Barrys Stimme in die Vertrautheit des Augenblicks.
Owen ließ Claire los und erhob sich schwerfällig in eine sitzende Haltung neben Claire, die froh war ihre Bewegungsfreiheit zurück erlangt zu haben.
Auch wenn du selbst sein Ruhekissen sein wolltest, die Freiheit der eigenen Bewegung ist ein nicht zu unterschätzendes Gut.
Er rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht.
Der kurze Schlaf hatte zwar die Erschöpfung etwas abgemildert, dennoch fühlte er sich ziemlich gerädert.
"Wen hab ich verpasst...?", murmelte er schläfrig zwischen seinen Fingern hindurch, rieb sich die müden Augen und blinzelte dann Barry an.
Barry sah zu Claire herüber und sein ganzer Blick verriet, dass ER die Bombe keinesfalls platzen lassen würde.
"Das -- also ---", fing Claire an und als sie in sein fragendes zerknautschtes Gesicht sah, fiel es ihr nocheinmal schwerer ihm zu sagen wonach der verlangte.
Es war immerhin der Grund gewesen, warum sie hier saßen
...und wir wollen hoffen, dass er NICHT darauf kommt, dass du ihm versprochen hast DIE STELLUNG zu halten!
- Noooahhrr - Kannst du nicht EINMAL die Klappe halten? Ich hatte Angst das das Vieh mit den Kopf abbeißt!
Owen lehnte sich nach vorne und reckte sich zu seinen Stiefelspitzen, um sich zu strecken.
"Hm?", machte er auffordernd und sah in ihre Richtung.
"Blue...Ich... ich habe sie gesehen... hier auf dem Dach.. sie kam einfach raufgesprungen.. und...ich..ich..." stammelte Claire los.
Es war, als könnte sie ihre eigene Angst von vorhin nocheinmal spüren.
Hilflos musste sie stattdessen zusehen, dass Owen, wie von der Tarantel gestochen aufsprang und zur Luke rannte.
Sein Kopf verschwand genau so rasch im Gebäude, wie das Tier vorhin vom Dach gesprungen war.
"Was habe ich dir gesagt...?" meine Barry in gelangweiltem Tonfall und reichte Claire die Hand, um ihr aufzuhelfen.
Gerade als sie auf ihren Füßen zum Stehen gekommen war, konnte sie unten hören, wie sich das Einganstor öffnete und Owens unverwechselbaren Pfiff, der zu ihnen nach oben drang.

Why we really need a 2nd one!       © Lina Schön OKTOBER 2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt