Raptorvertrauen

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Es war heute das erste Mal gewesen, dass die Schwester es geschafft hatte, die Todeszone zu halten.
Endlich!
Blue konnte sich darauf verlassen, dass sie trotz ihrer Schwäche, dass Beutetier festgesetzt hatte.
Sie hatte nun den Dreh raus, ihre Einschränkung kompensieren zu können, auch wenn sie nie wieder so schnell sein würde, wie sie es einst gewesen war.
Mit einem gekonnten Biss ins Genick, tötete sie das kleine Tier und Blue tat sich mit Delta daran gütlich.
Es war schwierig in einem Rudel zu jagen, in dem es nur zwei jagdfähige Tiere gab.

Der Andere freute sich.
Er lachte erleichtert und die Raptorworte, die er benutzte, waren immer besser verständlich.
Aber er war kein Alpha.
Nicht IHR Alpha - die Erinnerung an ihn schmerzte immernoch so hart, als wären es die Bisse und Krallen, der großen Weißen auf ihrer Haut.
Sie brannte, wie das Feuer des Feuervogels, der soviel verbrannte Erde und tote Saurier zurückgelassen hatte - dort in ihrem alten zu Hause.
Sie war schneidend, wie der viel zu scharfe Wind, der oft über diesen Urwald wehte, der viel älter war, als alles was sie je gekannt hatte.
Sie würde nie wieder ihre Loyalität aufgeben!
Auch wenn es so gut wie sicher war, dass ER nie mehr zurückkommen würde.
Was tot war, kehrte nicht wieder - dass wusste sie.
Der letzte Funken Hoffnung, dass es vielleicht doch nicht so war, erlosch in dem Augenblick als Blue bewusst wurde, dass sie nicht mehr dort waren! Dort wo ZU HAUSE war.
Sie waren WOANDERS - wie sollte er sie denn hier finden?
Falls es ihn überhaupt noch irgendwo gab.
Woher sollte er wissen, dass sie hier waren?
Nichts in diesen Sträuchern, oder auf diesem Boden erinnerte an ihn.
Kein Geruch...Kein Geschmack - rein garnichts!
Der Andere durfte sie leiten, jedoch bekam er keine Loyalität.
"Sie lässt sich auf mich ein, aber nie wird sie mir vertrauen...", meinte der Andere nun zu dem Mädchen und seine Freude verklang ein wenig.
Blue ignorierte den Geschmack der Enttäuschung, den er verbreitete und schlang den letzten Bissen hinunter.

Delta war es gewesen, die schließlich dazu beigetragen hatte, dass sie die Unsicherheit der angstmachenden, fremden Umgebung aufgegeben hatten und ihm gefolgt waren.
Nachdem sie die unheilvolle Höhle verlassen hatten, benommen durch das unbekannte Waldland irrend.
Den Kopf zum bersten voller Schmerz.
Nie wieder würde sie ihm vertrauen.
Er hatte sie gelockt, und es hatte genau hier geendet!
Bis hier her.
Zu einem neuen Nest.
Es erinnerte ein bisschen an das Alte.
Aus diesem Grund war sie dem Flehen der Schwester nachgekommen.
Sie war nicht in der Lage gewesen zu jagen.
Nicht auf die übliche Raptorart.
Darum war sie ihr gefolgt - soweit, bis sich die eiserne Tür hinter ihnen geschlossen hatte.
Zu!
Die zweifelhafte, neugewonnene Freiheit vorbei wie der Windhauch, der ihr über die Schuppen strich!
Zwei Tage hatte sie versucht die Tür zu öffnen, aber es waren keine Mechanismen die sie kannte.
Sie hatte Alpha so oft dabei beobachtet, doch nie hatte sie herausgefunden wie GENAU es funktionierte.

Es war hier alles so ANDERS.
Blue hatte gerufen, sie wusste nicht mal wonach - es würde ja doch niemand kommen und die Situation ändern!
Solange bis Delta ihr schließlich klarmachen musste, dass es gut war.
Leichtgläubige Delta!
Es war erst gut gewesen, als die ersten Beutetiere kamen, und der Andere mit dem Mädchen begonnen hatte, mit ihnen zu jagen.
So wie es immer gewesen war.
Wie Blue es kannte!
Ab diesem Moment war das eiserne Tor Schutz vor dem was Draußen lauerte.
Es war keine greifbare Gefahr, aber in der Luft lag dieser stickige Geschmack, von dem Blue wusste, dass sie ihn kannte.
Doch ihre Erinnerung daran war trüb und so gelang es ihr nicht diese zuzuordnen.

Mit einem schrillen Pfiff rief der Andere sie zurück und dem unwiderstehlichen Locken konnte sie sich nicht entziehen.
Sie wusste, wenn sie in das Dunkel der neuen Höhle trat, würde sich draußen eine weitere Türe schließen und sie wären gefangen, bis die Nacht dem Morgen wich.
Doch der Lockruf war unmissverständlich.
"Wie willst du denn den T- Rex hierherbringen?", er klang ärgerlich und ratlos.
"Lass dir etwas einfallen, wer ist denn hier der Trainer? Du hast selbst gesagt, dass InGEN auf Nublar nichts Gutes bedeuten kann...Ich will nur mein Eigentum schützen."
Er war jetzt so aufgeregt, dass Blue es spürte, wie sein Herz in der Brust schneller schlug. Das Mädchen - es war oft so dass, wenn sie redete, sein Herz vor Aufregung schneller zu schlagen begann.
Doch es war nicht etwa das gleiche Schlagen, dass Alpha für die rothaarige Raptorin hatte.
Es war sogar ziemlich deutlich auseinander zu halten.
Eher so, als habe der Andere jedes Mal eine merkwürdige Art Angst, dass das, was sie zu ihm sagte, alles noch schlimmer machen könnte, als es bereits war.
Denn zufrieden war er nicht.
Sie wusste, wie sein Geruch war, wenn er zufrieden war.
Doch es war so lange her, dass sie ihn in ihrer Nase gehabt hatte, dass es nicht mehr war, als eine dumpfe Erinnerung.
Es war Alpha immer wichtig gewesen, dass es ihm gut ging.
Blue wusste wie es sich anfühlte, und selten waren die Beiden mal nicht einer Meinung gewesen, dafür war es der Andere mit dem Mädchen umso mehr.

"Du weißt wie groß das Teil ist? Dein Eigentum... das ist doch kein Spielzeug!", sagte er nun und sein Herzschlag nahm eine gleichbleibend hohe Frequenz an.
"Vierzehn....zumindest steht das in den Unterlagen."
Sie war ganz ruhig.
Ihr Blut pochte so verlockend süß und schnell in den Andern, dass Blue für einen kurzen Moment vergaß, dass sie ihr verwehrt blieb und stieß einen Protestlaut aus.
"Blue!" herrschte der Andere sie nun an.
Er benutze Raptorworte, die nicht leichter verständlich hätten sein können: Was bildest du dir ein!? Die Zähne in sie hineinschlagen! Unterstehe dich!!
Seine Raptorworte waren Blicke und das Rufen ihres Namens: BLUE - der Name bei dem sie schon immer gerufen worden war, seit es sie gab - sie wusste genau, was es bedeutete.
Das Mädchen verstand garnichts, keine Raptorsprache - und ihr wohnte keine tröstende Ruhe inne.
Ihr schrecklich, neutraler Geschmack war nun eigentlich eher, dem unwiderstehlichen Drang gewichen, die Zähne in ihr zartes Fleisch zu schlagen und das nervtötende Kolobiriherz damit für immer zum Schweigen zu bringen.
Besonders in diesem Moment.
Und sie wusste, dass der Andere sie durchschaut hatte.
Ihm konnte sie nichts vormachen.
Er war fast so schlau wie Alpha.
Blue trat an den Zaun, steckte die Schnauze hindurch und ließ ein bedrohliches Knurren vernehmen.
" Was hat sie denn...?" das Kolibriherz war verwirrt und sie brachte unwillkürlich einen Sicherheitsabstand zwischen sich und das Gehege.
Es erzeugte ein noch lauteres Knurren in Blues Kehle, ohne, dass sie es hätte verhindern können.
"Ich fürchte deine Ideen gefallen ihr nicht, und damit ist sie nicht allein Anamika!"
Der Andere war jetzt ganz ruhig und langsam ließ es auch die Ruhe in Blues Körper zurückkehren.
Das Gefühl die Zähne in ihr zu versenken, verebbte je ruhiger er sprach: Ganz ruhig Mädchen, dass willst du nicht wirklich! Komm schon. Komm wieder runter...okay?Easy...
"Was willst du überhaupt machen wenn sie hier ist?", fragte er nun.
"Wir haben noch eine Anlage hier und das weißt du, die Zuchtstation von damals. Die Aufzuchtstation von Hammond."
Der Andere setzte nun das Lachen auf, das er nur Denen vorbehielt, die er verachtete und aus seinem Mund kamen die Worte: "... und dann? die ist nicht mit ein paar Ferkeln am Tag zufrieden...und die sind schon schwer zu bekommen. Ich will garnicht wissen, wie sich ein T Rex benimmt, der sich wochenlang nur von Aas ernährt hat."
Das Kolibriherz war verzweifelt.
Blue fühlte es in jeder Schuppenfaser und es ließ die Wut fast wieder hochkochen.
Delta trat nun an ihre Seite.
Sie verbreitete den Geschmack von Sanftmut wie es nur die Schwester vermochte.
Trost, und die Zuversicht nicht allein zu sein.
Gräme dich nicht um deren Sorge. Sie werden wissen was zu tun ist.
Der Stubs ihrer Schnauze, ließ Blue die Ihre aus dem Gitter ziehen.
Auch wenn Delta zu gutgläubig war...
Was blieb ihnen denn übrig, als es nicht einfach geschehen zu lassen?
Wir sind auf Gedeih und Verderb hierran gebunden! Und ich bin mir nicht sicher, dass die Entscheidungen, die sie treffen die Richtigen sind! Ich habe es nur einmal bei Jemandem gewusst und Dieser ist nun nicht mehr am Leben! Delta!
Die blinde Wut ließ sie nochmal an das Gatter zurückschnellen und ihre Schnauze hindurchstecken.
Sie stieß einen warenenden, tiefen Laut aus.
Lauter als die, die sie ihnen bisher zugedacht hatte.
Ich vertraue euch nicht.
Dir Kolibirherz schon garnicht!
Dein Geschmack ist neutral wie Wasser!
Es gefällt mit nicht! Und Du! wandte sie sich nun an den Anderen:Hör auf dauernd zu Zweifeln! Damit ich weiß, ob es Sinn macht dir zu vertrauen! Was ist daran so schwer? Wenn du ein Alpha sein willst! Dann habe wenigstens Vertrauen in dich SELBST!  

Why we really need a 2nd one!       © Lina Schön OKTOBER 2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt