Kapitel Zwei

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THE TEST

Kalani Jacks' Point of View

„Cal wach auf! Wir müssen bald los!"

Brummend drehe ich mich auf die andere Seite und ziehe mir die Decke über meinen Kopf. Ich höre Adam lachen und dann spüre ich nur noch mir plötzlich die Decke weggezogen. Ein kalter Luftzug weht über mich hinweg.

"HEY!", beschwere ich mich lauthals und öffne die Augen.

Vor mir steht ein fertig angezogener Adam. Er grinst mich an und wirft dann die Decke zu Boden.

„Los! Zieh dich an, damit wir los können!", sagt er nur und schiebt die Kommode zur Seite.

Ich stehe schnell auf und ziehe mich an. Dass wir mehr Geld haben sieht man an meinen Klamotten. Da meine Eltern eh keine richtigen Altruan sind, haben wir das Geld. Sie behalten alles für sich. Sie sind von Grund auf schlechte Menschen, sie gehören eingesperrt!

„Heiß!", pfeift Adam, als ich angezogen bin.

Ich trage nun ein Kleid, was oben dunkelblau/schwarz ist und am Rock selbst Blumen in Orange und weiß drauf hat. Dazu eine schwarze Jacke und schwarze Stiefel. Ich verstoße mit meinem Outfit zwar gegen die Regeln, denn für normal dürfen Altruan nur grau tragen, aber heute ist ein spezieller Tag und da wil ich gut aussehen.

„Halt die Klappe!", lache ich nur und stoße Adam in die Seite.

Zusammen gehen wir runter. Meine Eltern sind weg. Wahrscheinlich arbeiten, ganz zu meiner eigenen Freude. In der Küche mache ich Frühstück für Adam und mich. Vorteile hat es, wenn die Mutter beim Rat arbeitet und sich somit nicht an die Pflichten der Fraktion halten muss. Wir haben immer genug zu essen und auch immer nur vom Besten. Naja, aber im Gegensatz zu meinen Eltern, verteile ich das Essen dennoch manchmal an Fraktionslose.

„Cal!? Wo bist du wieder mit deinen Gedanken?!"

Ich schüttele einmal kurz den Kopf und setze mich an den Tisch. Adam und ich fangen an zu essen und unterhalten uns währenddessen. Pünktlich verlassen wir nach dem Essen das Haus und gehen zur Zugstation. Als der Zug da ist, steigen wir ein und fahren los. Eine halbe Stunde später stehen wir vor dem Gebäude, in dem die Tests stattfinden. So langsam werde ich aufgeregter. Ich hoffe so sehr, dass bei dem Test Ferox raus kommt. Auch, wenn es mich nicht davon abhält, etwas anderes zu wählen. Trotzdem wünsche ich es mir.

„Kalani Jacks!", ruft eine Frau mit schwarzem Haar und gleichfarbigen Klamotten.

Langsam stehe ich auf und lasse Adams Hand los. Ich folge der Frau in einen kleinen Raum.

„Setz dich hin und trink das!", befiehlt sie mir.

Ich tue wie mir geheißen und trinke so ne Art Saft. Adams Vater hat mir mal erzählt, dass uns dieser Saft in eine Simulation versetzen wird. Die Simulation ist entscheidend dafür,in welche Fraktion wir gehören. Langsam werden meine Augen schlaffer. Am Ende fallen sie mir zu und, als ich sie wieder öffnen kann, stehe ich in meinem Haus. Alles ist wie immer und trotzdem ist etwas anders.

„Hallo kleines!"

Abrupt drehe ich mich um. Mein Vater steht hinter mir. In seiner Hand hält er seinen Gürtel.

„Wähle!", sagt plötzlich eine Stimme, die ich nicht kenne.

Vor mir erscheinen zwei Schüsseln. In der einen befindet sich eine Waffe und in der anderen liegt etwas, das ich nicht kenne. Sofort schnappe ich mir die Waffe und richte sie gegen meinen Vater.
Dass das hier eigentlich eine Simulation ist, vergesse ich in diesem Moment. Alles ist so real wie immer. Das hier ist nicht die Simulation, von der mir Adams Vater erzählt hat. Das hier muss Realität sein.

Ich werde aus meinen Gedanken geschleudert, als der Gürtel meines Vaters auf meine Haut klatscht. Ein stechender Schmerz zieht durch meinen Körper und Tränen bilden sich in meinen Augen. Mein Vater will erneut ausholen, doch ich richte instinktiv die Waffe auf ihn. Das hier muss aufhören und wenn erschießen der einzige Weg ist, dann muss es eben sein.

„Komm schon Kleines, das würdest du doch niemals tun. Ich bin deine Familie. Deine einzige verbliebene Familie. Du wertloses Stück wirst mich nicht erschießen! Dazu hast du den Mut nicht. Genau wie dein Bruder ihn hatte!"

Dad holt erneut aus, doch ich reagiere schneller. Ich drücke auf den Abzug und nun geht alles schnell. Eine Kugel kommt aus der Waffe. Gleichzeitig fällt mein Vater auf die Knie. Ein roter Fleck bildet auf seinem weißen Hemd. Er fällt auf den Boden und bleibt regungslos liegen.

Plötzlich werde ich in den Boden gezogen und ich befinde mich wieder auf dem Stuhl in dem kleinen Räumchen. Hastig und mit pochendem Herz versuche ich zu Atem zu kommen.

"Alles okay mit dir?", fragt mich die Frau.

Ich nicke nur langsam.

„Was war das? Mir wurde erzählt, dass diese Testsimulation komplett anders sei!"

"Die Simulationen wurden neu aufgebaut. Anstatt dass jeder das gleiche simuliert bekommt, muss man seine eigene tiefste Angst durchleben. Der Rat glaubt, dass man euch so noch besser zuordnen kann!", antwortet mir Tori, wie sie sich eben noch vorgestellt hat.

Ich nicke nur knapp und langsam. Die Simulation war grausam. Das ist doch beschissen, die Fraktion zu bestimmen, indem man seine schlimmste Angst durchleben muss.

„Willst du dein Ergebnis noch wissen?"

"Ja, bitte!"

„Eindeutig Ferox!"

Ich nicke erneut nur langsam und stehe vom Stuhl auf. Ohne ein weiteres Wort zu Tori zu sagen, verlasse ich den Raum. Ich mache mich, ohne auf Adam zu warten, auf den Weg zum Zug. Während ich auf ihn warte, denke ich nach. Ich habe tatsächlich meinen Vater erschossen. Auch wenn es nur in einer Simulation gewesen ist...

„Cal?! Was ist los?! Warum hast du nicht gewartet?!" 

Ich sehe auf und erblicke Adam. Er steht mit fragendem Blick vor mir.

"Nichts!" sage ich nur.

Adam lässt jedoch nicht locker. Ich bin mehr als froh, dass genau in diesem Moment der Zug gefahren kommt. Ich steige ein und setze mich auf einen Zweierplatz. Adam setzt sich neben mich und dieses Mal scheint er kapiert zu haben, dass ich nicht drüber reden möchte. Wir zwei gehen zu mir nach Hause, wo wir uns mit Essen in meinem Zimmer verschanzen. Keiner von uns reden. Wir sitzen nur stumm auf meinem Bett und essen.

Gegen zehn Uhr legen wir uns dann schlafen. Immerhin müssen wir morgen schon früh aufstehen. Ich schlafe nach kurzer Zeit ein und träume immer wieder von der Simulation.  


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