Act 2.0 Fridolin und Thaddäus

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich ein ruhiges Zimmer erwartet.
Sonnenstrahlen, die sanft in das Zimmer fielen und den Staub tanzen liessen, vielleicht noch die exotischen Geräusche der Insel, gedämpft durch das Fenster dringen hören. Das wäre ein angemessener Start in den Tag gewesen.
Und was bekam ich stattdessen?
Eine Maddy die kreischend über mein Bett hastete, mich dabei anrempelte und eine lachende Lissa, die ihr mit einer Spinne in der Hand folgte.
Nachdem ich schön durchgerüttelt wurde, und sie sich weiter im Kreis jagten, setzte ich mich fassungslos auf und starrte die beiden finsterer an als der Grinch an Weihnachten drauf war.
"Was zum Teufel ist hier los?"
Ich betonte jedes Wort und Maddy kreischte erneut auf, worauf es an die Wand klopfte, und irgend ein Junge "Schnauze" schrie. Ich konnte ihm nur zustimmen. Es war viel zu früh für Chaos. Zudem war es Tag eins.
Ich pflichtete ihm also gerade innerlich bei als Maddy mir endlich antwortete.
"Spinne...sie hat eine Spinne als Haustier!"
Was ich vorhin noch nicht geschnallt hatte, kam jetzt in meinem Gehirn an. Eine Spinne. Als Haustier. Meine Augen weiteten sich und ich starrte zu Lissa, die inzwischen inne gehalten hatte.
War das gerade ihr verdammter Ernst?
Ich liebte Schlangen, könnte mit Fledermäusen kuscheln und würde sogar mit einer schleimigen Schnecke ein einem Bett schlafen, aber bei Spinnen war bei mir Schluss.
Was vielleicht an einem womöglich traumatischen Erlebnis meiner Kindheit lag, als mir eine Vogelspinne übers Gesicht gekrabbelt war.
Im Zoo. Ein schreckliches Erlebnis, ihre haarigen Beine in meinem Mund zu fühlen. Spinnen von unten angesehen sahen noch grausiger aus als von oben.
Ich schüttelte mich und deutete auf Lissa.
"Du."
Sie schreckte auf, als hätte ich sie gerade verhext. Wenn ich gewusst hätte wie das ging, hätte ich es auch getan.
„Du sperrst das Vieh sofort irgendwo ein, wo es nicht mehr gefährlich oder eklig sein kann verstanden!"
Sie sah mich empört an.
"Fridolin hat auch Gefühle, und ausserdem ist er entgiftet, bei einem Biss stirbst du also nicht."
Ich hätte am liebsten das Weite gesucht. War ja sehr beruhigend. Ich versuchte krampfhaft, ihre Hand zu ignorieren und überall hin zu sehen ausser dort hin
"Fridolin? Du nennst dieses Vieh...Nein. Weisst du was vergiss es. Tu ihn einfach in seinen Käfig!"
Überfordert wedelte ich mit den Armen und war gerade heilfroh, dass Maddy noch zwischen mir und der Spinne stand. Schlotternd und panisch. Wenigstens würde die Spinne sie zuerst fressen. In der Zeit konnte ich mich getrost in Sicherheit bringen.
Lissa streichelte dem Ding in ihrer Hand sanft über was auch immer und formte einen Schmollmund.
"Aber er kann nur schlafen wenn er bei mir ist."
Meine Schläfen pochten und ich sah kurz zu Maddy, die bereits angezogen aus dem Zimmer schlich. Mist, meine Freikarte verschwand gerade. Ich musste also auch schleunigst hier weg.
"Wenn ich ihn auch nur einmal in meiner Nähe finde kann er sich mit den Vögeln im Wald auseinander setzen! Kapiert?"
Meine Stimme hörte sich Schrill an und keineswegs so gefasst wie ich es mir gewünscht hätte.
Lissa seufzte und nickte, bevor sie das Vieh in einen kleinen Käfig am Boden schubste. Was war das nur für ein schrecklicher Beginn in diesen „Urlaub."
Trotzdem um einiges erleichtert, atmete ich aus und stellte meine kalten Füsse auf den Boden. Dann stöberte ich nach etwas Anziehbarem und machte meine Haare.
"Wenns dir nichts ausmacht, wir sollten vielleicht langsam runter...es ist neun Uhr, die erste Challenge sollte wohl gleich beginnen."
Ach ja, das auch noch.
Ich erinnerte mich an das Gespräch von gestern, dieser Dr. Winchester hatte irgendetwas vor, und das gefiel mir gar nicht. Bei dem Typen hatte ich ein echt komisches Grinsen.
Auch als ich Dean herein geholt hatte, war das wissende Grinsen nicht aus seinem Gesicht gewichen, selbst als dieser etwas Verwirrt auf ihn zu ging. Lissa fuchtelte ungeduldig vor meinem Gesicht herum.
"Hallo? Beweg dich Mal, Muggel."
Das letzte fügte sie mit einem herablassenden Unterton hinzu.
Schnell und bereits jetzt völlig entnervt riss ich die Tür auf und warf bloss noch einen flüchtigen Blick in den Spiegel, um meine Haare mit den Fingern so gut es ging zu kämmen, bevor ich ohne grosse Rücksicht auf den Parkettboden den Gang entlang trampelte.
Lissa folgte mir nochmals einen Tick lauter, ihre schweren Schuhe waren wahrscheinlich daran schuld.
Eigentlich hatte ich die Absicht, schwungvoll in den Essraum hinein zu spazieren.
Doch ich hatte nicht mit einberechnet, dass die Vase, unter der der erste Brief stand ausgerechnet in dem breiten Gang, auf einem dünnen golden Tisch stand. Zu meiner Verteidigung, der Gang war nicht sonderlich breit.
Dementsprechend hatte ich auch nicht mit den Anderen gerechnet, die mehr oder weniger gestylt im Gang rum standen, einige genau mit dem Rücken zur Treppe, sodass es keinen Weg vorbei gab.
Vielleicht sollte ich noch erwähnen dass ich so in meinem Schwung drin war, dass, obwohl ich es wirklich versuchte, ich die letzte Stufe runter rauschte, direkt auf einen Rücken in einem lockeren Polohemd zu.
"Achtu..."
Weiter kam ich nicht, denn der Junge hatte sich umgedreht und ich war direkt an seine Brust geknallt, ein „Uff" entfuhr ihm und er legte die Hände um meinen Rücken, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Verdammt, schoss es mir durch den Kopf und langsam hob ich den Blick.
Zuerst sah ich seine blonden Haare und dann das schmale aber hübsche Gesicht, aus dem mich zwei klare blaue Augen überrumpelt ansahen.
"Tschuldige."
Fiepte ich und starrte ihn noch immer an ohne mich zu bewegen.
"Zu viel Schwung."
Lissa war grinsend an mir vorbei gelaufen, beinahe etwas Schadenfreude hatte in ihren Augen geleuchtet und dass bloss weil ich nicht nachvollziehen konnte wie man eine Spinne Fridolin nennen konnte.
Max nickte etwas perplex und noch immer bewegte sich keiner von uns, für meinen Geschmack war ich ihm etwas zu nahe.
"Da wird man doch gleich wieder Hetero, was Max?"
Kyle grinste abfällig und mein Blick wanderte giftig zu ihm, Maddy stand mit gesenktem Blick daneben. Hatte diese Frau denn keinen eigenen Charakter oder sowas?
Ich spürte wie Max sich merklich anspannte, Kyle war ein absolutes Arsch und ich hätte ihn gerne eine Klippe runter gestossen. Mit dem Typen hatte ich jetzt schon abgeschlossen.
"Ich kann sie gerne übernehmen, Max. Sie kann etwas anstrengend sein, ich weiss."
Ich biss mir auf die Lippen, von allen Menschen in diesem Haus, wieso musste ich als Erste vor allen blank stehen.
Und dann kam noch Dean, was mich endgültig aus der Starre beförderte in der ich mich befand. Er hatte Grinsend eine Hand auf die Schulter des blonden Jungen gelegt.
Schnell stiess ich mich von Max weg und machte einen Schritt rückwärts, während er sich schweigend etwas zurecht stellte, den Schmerz über die Mobberei war in seinen Augen deutlich zu sehen. Er war noch schlechter im Verbergen von Gefühlen als ich. Und das war eine Leistung, ich sags euch.
Also lächelte ich ihn aufmunternd an.
Ich, Jane schaffte es wirklich zu lächeln ohne dass es mir auch nur im Geringsten schwer fiel.
Dann bemerkte ich, dass wirklich schon alle Anwesend waren und wie mich die beiden Zwillinge Louis und Liam mich mit demselben Blick anstarrten. Einem Blick wo ich mich gleich fragte, ob ihr Kopf hinter ihren Augäpfeln leer war.
Anaconda hatte sich neben Eva positioniert, ihre Freundschaft ging also bereits auf die nächste Ebene über.
Einen vergifteten Apfel hatte sie ihr zu meinem Leidwesen jedoch nicht gereicht.
Nur gut, dass kein Adam ihren Anblick vollständig machte.
Die meisten waren selbst noch müde, doch als ich kurz in Deans Gesicht sah, leuchteten seine Augen bereits frech wie immer. Er kannte sowas wie morgendliches schlechtes Aussehen wohl nicht. Er sah verdammt gut aus in den Badehosen und dem weissen Hemd, dass er über seinem gebräunten Oberkörper trug. Einem sehr gut gebauten Oberkörper, so ganz nebenbei.
Schnell sah ich wieder weg und spürte seinen stechenden Blick sogleich auf meinem Rücken, als ich auf die Vase zu lief. Er hatte also bemerkt, dass ich ihn angestarrt hatte.
Aber zurück zur Vase. Sie war aus hellem Porzellan, kleine schwarze Muster waren darauf gezeichnet, alle perfekt ineinander verschlungen.
Sie stand auf dem kleinem goldenen Tisch, ich wunderte mich sogar dass seine überkreuzten dünnen Tischbeine die Runde platte aufrecht erhalten konnten. Wahrscheinlich war das alles ziemlich teuer, ich sollte also versuchen, nichts kaputt zu machen.
Ein roter Umschlag lag unter der Vase und ich zog ihn vorsichtig hervor, sofort spürte ich das raue Papier zwischen den Fingern.
Ich drehte mich mit dem Umschlag in der Hand zu den anderen um.
Erwartungsvolle Gesichter sahen mich an und Lissa wedelte mit der Hand, als Zeichen dass ich endlich auf machen sollte.
Alle waren noch gespannt, keiner von uns hatte Erfahrung mit der Studie und es würde abenteuerlich werden, die Aufgaben zu erfüllen. Das erhofften sich die Meisten zumindest.
Mein Enthusiasmus hielt sich ja gewaltig in Grenzen, aber ich öffnete den Brief dennoch, bevor mich noch einer mit Blicken erdolchte, weil ich zu lange wartete.
Also riss ich den roten Umschlag auf und fischte eine Karte heraus, auf die mit goldener, verschnörkelter Schrift einige Sätze darauf geschrieben waren.

Experiment Love *beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt