6. - idiots

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Der Fahrstuhl beförderte Mia und mich in die elfte Etage des riesigen Bürogebäudes. Neugierig schaute sich Mia den Arbeitsplatz meiner Mom an, während ich zum Telefon hechtete, welches pausenlos klingelte.

"Josephine Adams, Hil-", meldete ich mich, doch schon wurde ich unterbrochen.
"Hi, hier ist Marylin Sparks, könnten Sie bitte jemanden in Stock 7 schicken? Dort wurde etwas für jemanden hinterlegt!", sagte eine meiner Meinung nach viel zu hohe Frauenstimme.

"Klar...", murmelte ich und legte auf. Wahrscheinlich war einfach nur ein Brief im falschen Postfach gelandet.
"Kannst du bitte kurz Stellung halten?", bat ich Mia, die sich die Bilder von Kindern an den Wänden ansah. Sofort nickte sie und erleichtert machte ich mich auf den Weg nach unten. Was würde ich nur ohne sie tun?

Ungeduldig drückte ich die sieben. Es kam mir vor, als schlössen (?) sich die Aufzugtüren heute in Zeitlupe, es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sich der Fahrstuhl endlich in Bewegung setzte.

Plötzlich kam mir ein schrecklicher Gedanke. Was, wenn der Fahrstuhl wieder stehen bleiben würde? Ich hatte zwar keine Angst vor engen Räumen, doch ich hatte panische Angst, wenn ich alleine in einer misslichen Lage war. Die letzten Male hatte ich immer jemanden bei mir, doch jetzt war ich ganz alleine im Aufzug... ich bemühte mich tief ein und aus zu atmen und nicht daran zu denken, dass ich womöglich alleine in einem Aufzug stand, der jederzeit stehen bleiben könnte. Doch all meine Sorgen erwiesen sich als unnötig: mit einem Klingen öffneten sich die Aufzugstüren und ich ging, nein lief, aus dem Fahrstuhl.

Erstaunt sah ich mich um. Das Büro war noch viel größer als das meiner Mom, die sich die Etage mit einem Rechtswalt teilte.
Anscheinend verteilte es sich auf die geamte Etage.
Verunsichert schritt ich auf den Empfangstresen zu, wo ich zwei Frauen erblickte, die scheinbar sehr in ihre Arbeit vertieft schienen.

"Ähm... Entschuldigung!", sagte ich leise, als mich keine der Frauen zu bemerken schien. Jetzt hob eine den Kopf. "Was kann ich für Sie tun?", fragte sie in einem herablassenden Ton. Ich versuchte, nicht auf ihren Tonfall zu achten, er würde mich ansonsten noch zur Weißglut treiben!
"Ich suche eine gewisse Marylin, ich wurde vorhin von ihr angerufen!", sagte ich mit klopfendem Herzen. Warum hatte ich nur solchen Bammel? Ob das an der Aussattung der Büros lag? Es wirkte alles so teuer, so sauber...

"Marylin, die junge Dama hier braucht dich!", sagte die eine Frau und stupste die andere an.
"Oh! Ich dachte nicht, dass es so schnell geht!", sagte die andere Frau und kam auf mich zu.
"Niall hat hier letztens abgegeben, er sagte, Sie haben es im Fahrstuhl verloren?", meinte sie und schaute mich fragend an. Schnell nickte ich. Wer auch immer dieser Niall war - ich war ihm unendlich dankbar. Das Armband hatte mir meine Großmutter geschenkt und es war mein einziges Andenken an sie.

Ein Junge mit viel zu langen, lockigen Haare kam auf uns zu und flüsterte der Frau etwas im schnellen Englisch zu, welches sie mit einem Nicken zur Kenntnis nahm.
Irgendwo hatte ich ihn schon mal gesehen, bloß wo?

Marylin führte mich den Flur entlang und blieb mit staksigen Schritten vor einem Raum stehen.

Irgendwie mochte ich sie von Minute zu Minute weniger.
Sie betrat den Raum und unschlüssig blieb ich im Türrahmen stehen. Man konnte den Raum vor mir als sozusagen Aufenthaltsraum bezeichnen
Dieses Zimmer war das komplette Gegenteil vom restlichen Gebäude: Couchen standen bunt zusammengewürfelt im Raum, hier lag eine Gitarre, dort stand ein Keybord. Der Boden war mit unendlich vielen Blättern bedeckt und mittendrin saß ein bloner Junge, der vor sich hin summte und zwischendurch immer wieder etwas notierte.
"Marylin! Hi, ich wollte dich fragen wann sich Simon angekündigt hat!", sagte der junge Mann, dann sah er zum ersten Mal auf.
Als ich seine Augen sah, schnappte ich laut nach Luft. Ich hatte noch nie in meinem Leben so unglaublich schöne Augen gesehen! Moment... ich hatte diesen Jungen schon einmal gesehen, nicht auf Postern, sondern irgendwo hatte ich ihn schon einmal getroffen...
"Oh, ich bin Niall, und du?", fragte er mich breit lächelnd und hievte sich hoch.
Niall... das war doch der Typ, von dem Lucy heute geschwärmt hatte... der, der Selena Gomez datete, oder? Er war eines der Bandmitglieder...

"Josy!", sagte ich mit fester Stimme, doch ich konnte meinem Blick immer noch nicht von seinen Augen abwenden. Um ehrlich zu sein: ich hatte noch nie so schöne Augen gesehen. Nicht mal Toby konnte diese Perfektion toppen...

"Dein Armband!", sagte Marylin mit ihrer anstrengenden Stimme und nahm etwas Glitzerndes aus einer Schublade der vielen Wandkästen. Wie in Trance streckte ich meine Hand danach aus und legte es mir um.

Lange Zeit stand ich da und wusste nicht was ich tun sollte. Sollte ich diesen Jungen um ein Foto für Lucy fragen? Oder einfach gehen? Einerseits wollte ich nicht nach einem Foto fragen, doch andererseita wollte ich Lucy eine Freude machen... ich schluckte meinen Stolz hinunter und machte einen Schritt nach vorne.
"Hey, kann ich ein Foto oder ein Autogram oder so was für eine Freundin haben?", platze ich los, bevor ich es mir nochmal anders überlegen konnte.

Verständnislos starrte mich der Junge an, dann lachte er laut auf und konnte sich beinahe nicht mehr einkriegen. Ich folgte seinem Blick über meine Schulter und erblickte den Jungen, der uns vorhin im Flur begegnet war. Er hopste merkwürdig herum und streckte seine Daumen in die Höhe.

Ich hatte es gewusst. Sie waren idiotische, eingebildete und arrogante Widerlinge.

Magic - N.H.||slow updatesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt