Grelles Licht blendete meine Augen. Schnell schloss ich sie wieder und steckte den Kopf unter die Bettdecke, welche mir jedoch sogleich wieder genommen wurde.
Wütend öffnete ich die Augen nun einen kleinen Spalt. "Na, du Säufer?", sagte jemand belustigt. Als ich sein feixendes Gesicht erkannte, gab ich ein verächtliches Schnauben von mir, dicht gefolgt von einem Stöhnen.
Gequält griff ich mir an meinen schmerzenden Kopf.
"Ich hab Aspirin da!", sagte Josh dreimal so laut wie sonst.
Ich nickte leicht, doch sogar das führte zu einem sanften Pochen an meinen Schläfen.
Beschämt versuchte ich mich an gestern Abend zu erinnen.
Eigentlich hatte ich nicht viel getrunken, doch ich war schon nach einem einzigen Cocktail leicht angeheitert, was mir gestern Abend anscheinend zum Verhängnis geworden war.
Ein Detail der gestrigen Abends wollte ich verdrängen, doch es blieb hartnäckig in meinem Kopf. Ich, Josephine Adams, hatte Toby Sparks geküsst. Einfach so.
"Oh Gott!", murmelte ich leise und legte meinen Kopfpolster auf mein hochrotes Gesicht, um bloß niemanden sehen zu müssen. Wie dämlich ich doch war... Toby war die Perfektion schlechthin, während ich einfach nur ich war. Das kleine Mädchen aus der Nachbarschaft.
Schnell griff ich nach dem Wasserglas, welches mir Josh entgegenhielt und sah zu, wie sich die Tablette langsam auflöste.
Mit gerunzelter Stirn beobachtete mich mein kleiner Bruder dabei.
"Weißt du überhaupt noch was passiert ist?", fragte er mich und schaute mich zweifelnd an.
Leise brummte ich. Und wie ich es noch wusste... dieses Arschloch... bis jetzt hatte ich noch keinen vernünftigen Grund gehabt, ihn zu hassen, doch jetzt konnte ich es mir nicht verübeln!
"Grob", murmelte ich mit feuerrotem Gesicht, als ich bemerkte, dass Josh mich immer noch anstarrte.
"Mom hat echt Panik bekommen, als das ganze Blut aus seiner Nase gekommen ist!", sagte Josh und gluckste leise. Sogar ich musste jetzt schmunzeln. Ich hatte ihn ernsthaft geschlagen, doch ich bereute es überhaupt nicht. Er war arrogant und hinterhältig und meinte dann auch noch, mich zurechtweisen zu müssen.
Ich hörte Josh leise aufseufzen und ein trauriger Ausdruck schlich sich auf sein Gesicht.
Ich richtete mich ein wenig auf, worauf meine Schläfen wieder zu pochen begannen, doch ich versuchte es so gut wie möglich zu ignorieren.
"Ist etwas passiert?", fragte ich besorgt und versuchte ihm in die Augen zu sehen, doch er schaute stur auf seine Knie.
"Rede doch!", forderte ich ihn ungeduldig auf und begann nervös meine Hände zu kneten.
"Was passiert ist?", fragte Josh auf einmal und schaute mich entgeistert an.
"Sieh dich doch nur an! Hast du es so nötig Aufmerksamkeit auf dich zu lenken?", sagte er und grinste ungläubig.
"Auf der wichtigsten Party von Mom lässt du dich vollaufen, machst mit irgendeinem wildfremden Jungen rum, ďass es nicht mehr jugendfrei scheint und als dich der Sponsor von Mom ein bisschen zurechtweisen wollte, schlägst du ihn einfach mitten ins Gesicht! Ich muss sagen ich bin ein wenig... erstaunt?", sagte er und lachte leicht.
"Hat er wirklich geblutet?", fragte ich ihn kleinlaut, obwohl ich die Antwort schon kannte. "Und wie!", grinste Joshua.
"Es kamen rote Blut-Fontänen aus seiner Nase!", sagte er und pickste mich in die Seite. Schallend lachte ich los, beließ es aber sogleich wieder, als sich meine Kopfschmerzen bemerkbar machten.
"Ruh dich ein bisschen aus, bevor dir Mom eine Standpauke hält!", sagte Josh und verließ schmunzelnd mein Zimmer. Ich stöhnte leise auf und ließ mich bäuchlings auf das Bett fallen.
Nie, nie wieder würde ich auch nur einen Schluck Alkohol trinken.
Ich schnappte mir ein Buch von meinem Nachttisch, doch die Buchstaben begannen vor meinen Augen zu wackeln und so legte ich es seufzend zurück an seinen Platz.
Langsam begann ich den Abend Revue passieren. Wie ich angefangen hatte einen Cocktail zu trinken, wie ich mir noch ein zweites, drittes, viertes Glas geholt hatte. Irgendwann hatte ich aufgehört zu zählen.
Wie ich Toby geküsst hatte... bis jetzt hatte ich diese Erinnerung erfolgreich verdrängt, doch jetzt blieb sie hartnäckig in meinem Kopf. Seine weichen Lippen... wie er mich berührt hatte, wie er wie ein Verrückter angefangen hatte zu lächeln... meine Gänsehaut, die sich im ganzen Körper ausbreitete...
Lächelnd fuhr ich mit meinem Zeigefinger über meine Lippen. Über die Stelle, die seine Lippen vor wenigen Stunden noch berührt hatten.
Nun hatte ich den Beweis dafür: ich war unendlich verliebt in ihn.
***
"Ich hätte wirklich nie gedacht, dass du es so weit treibst! Du wusstest, wie bedeutend es für mich war, dass alles wie am Schnürchen lief. Stattdessen schlägst du unserem wichtigsten Sponsor die Nase blutig!", rief Mom und warf ihre Arme in die Luft.
"Tut mir leid!", murmelte ich kaum hörbar und sah zerknirscht auf meine Knie. Sie hatte Recht - ich hatte mich unmöglich benommen und ich versuchte erst gar nicht mich zu verteidigen.
"Wir können von Glück reden, dass er mir nicht gleich abgesagt hat. Ohne ihn wären wir verloren!", sagte sie, nun aber mir wesentlich leiserer Stimme.
"Ich-", setzte ich an, unterbrach mich jedoch selbst. Was sollte ich auch sagen? Dass er den ersten Kuss zwischen mir und meiner großen Liebe unterbrochen hatte und ihm deshalb das Gesicht zerschmettert hatte?
"Wieso Josephine? Hast du wegen diesem Jungen so viel getrunken? Wolltest du ihn beeindrucken?", rief sie und schaute mich verständnislos an.
"Nein!", sagte ich erschrocken.
"Toby hat überhaupt nichts damit zu tun!", versuchte ich ihn zu verteidigen, doch es war klar, dass Mom ihm die Schuld gab.
"Ich möchte, dass du dich aufrichtig bei Mr Horan entschuldigst! Und außerdem verbiete ich dir jeglichen Kontakt zu diesem Toby!", sagte sie leise, jedoch nicht weniger angsteinflößend.
"Was?", rief ich entrüstet. Nie im Leben würde ich zu diesem arroganten Schnösel gehen und mich entschuldigen! Ganz zu schweigen davon, dass ich keinen Kontakt zu Toby haben durfte...
"Keine Widerrede!", sagte Mom bestimmt und wandte sich dem Steak zu, welches in der Pfanne bruzelte.
Fassungslos ging ich in mein Zimmer. Sie wollte mir den Kontakt zu Toby verbieten... ich war neunzehn Jahre alt, ich konnte selbst entscheiden, wer und was gut für mich war!
Das Display meiner Handys leuchtete auf und schnell schnappte ich es mir. Ein breites Lächeln trat auf meine Lippen, als den Namen des Absenders sah.
Toby
Tut mir leid, was gestern mit dem Sponsor passiert ist, ich hätte dich irgendwie daran hindern müssen :/
Treffen wir uns später an der Tower?
Glücklich lächelte ich und simste ein schnelles 'Ja' zurück.
Ich war einfach hoffnungslos verliebt.
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Magic - N.H.||slow updates
Fanfiction"Ich hasse dich!", sagte ich und funkelte ihn wütend an. "Ich liebe dich!" *** Zwei Menschen, die sich abgrundtief hassen, und sich dennoch immer näher kommen... *** Cover: @irishmoonlight
