9. - broken

118 1 0
                                        

Der Tag war eigentlich wie jeder andere und doch ganz anders. Ich wurde von allen Seiten angestarrt, wenn ich bei den Leuten vorbeiging, steckten sie ihre Köpfe zusammen und begannen grinsend zu tuscheln.

Ja, ich hatte Gefühle für Toby, warum konnten sie dies nicht vergessen oder einfach ignorieren? Wie schnell sich so etwas doch in der Schule herumsprach...

Ich ging mit kleinen Schritten auf meinen Spind zu und versuchte so wenig wie möglich aufzufallen. Wieso machten die Leute so ein Drama daraus? War es so komisch jemanden gern zu haben?
Als ich meine Bücher aus dem Spind nahm, bemerkte ich Mia neben mir. Hastig stopfte sie etwas in ihre Tasche und wollte sich aus dem Staub machen, doch ich war schneller. Mit einem festen Griff packte ich ihren Oberarm und hielt sie fest.

"Sag mir doch, was dein Problem ist!", fauchte ich bemüht leise.

"Mein Problem?", sagte sie, dann lachte sie ungläubig.

"Mein Problem bist du, Adams", höhnte sie. Sofort lockerte sich mein Griff um ihren Arm.
"Das ist jetzt nicht dein Ernst...", murmelte ich leise. Mia war meine beste Freundin, seit sie vor zwei Jahren neu hergezogen war. Von Anfang an hatten wir uns gut verstanden, wir hatten immer wie Pech und Schwefel zusammen gehalten... was hatte ich falsch gemacht, dass sie sich jetzt so mir gegenüber verhielt?

Lautes Gelächter ließ mich aufblicken. Sofort starrte ich in die Augen eines Mädchens, das mich mitleidig anstarrte und dann mit dem Kopf in eine Richtung nickte. Erstaunt folgte ich ihrem Blick. Was ich dann sah, ließ mein Blut gefrieren.

Niemand anderes als Toby Sparks kam auf mich zugeschritten. "Shit, shit, shit...", murmelte ich und suchte verzweifelt einen Ausweg aus dieser peinlichen Situation. So gut es ging, versuchte ich mich hinter meinen braunen Haaren zu verstecken, doch es half nichts. Er kam direkt auf mich zu, ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen.
Ich spürte, wie ich errötete. "Bitte tut sich jetzt ein Loch im Boden auf!", murmelte ich leise zu meinem Spind. Langsam traten mir Tränen in die Augen. Wir waren alle um die achtzehn Jahre, musste man wirklich so kindisch sein? War es so unnormal, dass man mit achtzehn jemanden mochte? Schnell wischte ich mir meine Tränen weg und begann mit großen Schritten zum Kunstraum zu laufen, wo ich meine nächste Stunde hatte.

"Josy!"
"Josy, warte!"
Ich ignorierte die Rufe und beschleunigte meine Schritte. Ich würde mich nicht von diesen unreifen Kindern niedermachen lassen.

"Josy, verdammt!" Die Schritte kamen näher, eine Hand hielt mich am Oberarm fest. Schnell wirbelte ich herum und sah den Betroffenen direkt ins Gesicht.

"Was?", fuhr ich ihn an. "Willst du mich auch noch aufziehen?", rief ich wütend. Erschrocken ließ er mich los.

"Sorry...", murmelte er leise und sah zu Boden.
"Ich wollte dir nur das zurück geben!", flüsterte er und streckte mir ein Blatt Papier hin.
Verwirrt betrachtete ich das Blatt, welches er in der Hand hielt, dann erkannte ich das Foto.
"Wo-woher hast du das Foto?", stotterte ich und starrte Toby verzweifelt an.
"Es lag im Englischbuch!", sagte er leise und merkwürdigerweise schlich sich ein Hauch von Rosa auf seine Wangen.

Das konnte jetzt doch nicht wahr sein! Was hatte ich getan, dass ich diesen Tag verdient hatte? War mir heute nicht schon genug passiert?

"Du bist jemand ganz besonderes, Josy!", sagte Toby und lächelte mich leicht an. Sofort verstärkte sich das Kribbeln in meinem Bauch.

"Mach dir keinen Kopf, lass sie reden! Was wissen sie schon?", sagte er, dann ließ er mich verdutzt im Flur stehen.

Toby hatte gesagt, ich wäre besonders... er hatte mich nicht ausgelacht, er hatte sich so verhalten, als ginge es bei der Sache gar nicht um ihn, sondern um jemand ganz anderen.

Still saß ich im Kunstraum und arbeitete leise vor mich hin. Ich versuchte die Gedanken an Mia so gut wie es ging zu verdrängen. Wieso hatte sie das getan, wieso hatte sie mich nicht darauf aufmeksam gemacht, dass ich laut wurde? Egal wie wütend ich auf sie wäre, ich würde sie immet verteidigen. Vor allem und jedem. Wir waren wie Schwestern, hatten von Anfang an alles miteinander geteilt. Ich war nicht böse auf sie, ich war enttäuscht. Mehr als enttäuscht.

Am besten wäre es sowieso, wenn ich jetzt einfach gehen könnte. Schnell warf ich einen Blick auf meinen Stundenplan. Französisch. Ich besuchte den Kurs zusammen mit Mia... und ich wollte es um jeden Preis vermeiden, ihr unter die Aigen zu treten.

Schnell packte ich meine Sachen, als die Glocke läutete und hastete aus dem Schulgebäude. So schnell ich konnte lief ich auf die U-Bahn-Station zu. Kaum war ich in der Bahn, liefen mir die ersten Tränen über die Wangen. Warum hatte sie das getan? War ich so ein schlechter Mensch? War es so schlecht, Gefühle für jemanden zu haben? Ich verstand die Welt nicht mehr. Was hatte ich falsch gemacht? Wir waren beste Freundinnen gewesen... doch ein Gefühl sagte mir, dass diese Freundschaft nicht mehr so leicht zu repaieren war.

Magic - N.H.||slow updatesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt