Kapitel 14

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"Sofies Café" stand an einem angenageltem Schild über der Tür. Aus dem Innern des Gebäudes strömte köstlicher Duft von gebratenem Fleisch und anderen Köstlichkeiten.
Die Tür wurde aufgestoßen und ein kleines Mädchen mit roten Zöpfen kam heraus gerannt. Ihr hinterher folgte ein etwas älterer Junge, ebenfalls mit mit der gleichen Haarfarbe. Die beiden stürzten die eine Holzstufe des Gehsteigs herunter und liefen lachend ein paar Meter weiter, bis Rosaleen eine Frauenstimme hinter der Tür vernehmen konnte. Kurz darauf wurden Abigail und Rosaleen von einer großen schlanken Frau begrüßt. Sie entschuldigte sich jedoch schnell und eilte ihren Kindern hinterher. Rosaleen hatte gerade die Tür wieder aufgestoßen um in das gemütliche Café einzutreten, als ihr der grinsende Vater der beiden Wildfänge entgegen kam. Er setzte einen Hut auf seine genauso roten Haare und machte sich auf dem Weg zu seiner Familie. Auf seinem ganzen Gesicht waren viele Sommersprossen verteilt und er war nur ein kleines Stück größer als seine Ehefrau.
In dem Café empfing sie eine angenehme Atmosphäre. Mehrere runde Tische mit Stühlen standen in dem breitflächigen Raum. Auf den Tischen waren Tischdecken ausgebreitet, die ein einfaches Karomuster zierte.
An der gegenüberliegenden Wand war, wie Rosaleen vermutete, die Küche, da durch die dort liegende Küche immer wieder einige Personen mit Geschirr oder ähnlichem auf der Hand hinaustraten.
Ein Schwarzweiß-Foto von Ulysses S. Grant hing an einer Wand.
Mehrere Blicke richteten sich in Richtung Eingang, in dem die zwei Damen samt Joyce immer noch standen. Für einen kurzen Moment erstarb das Gerede der Menschen, um den Neuankömmling in der Stadt zu betrachten. Nach, so wie es Rosaleen schien, mehreren Minuten konzentrierten sich die Bürger jedoch wieder auf ihr Essen, oder auf ihre Gesprächspartner. Etwas unwohl bewegte sie sich mit Joyce an der Hand auf einen freien Tisch zu.
Sie ließen sich auf den Stühlen nieder und kurz darauf kam eine Frau im fast noch jugendlichen Alter auf sie zu.
Zu Rosaleens Überraschung musste sie feststellen, dass sie der Frau von vorhin ähnelte. Die gleichen blonden Haare und dunkelblauen Augen. Auch diese Frau war groß und drahtig gebaut, es machte jedoch den Anschein, als wäre sie noch dünner, als die andere Schwester.
„Hallo Abigail! Ich freue mich, dass du einen Gast mitgebracht hast!" Ihre Stimme klang dünn und nicht besonders betont in Rosaleens Ohren wider. Ganz im Gegenteil zu der, der Schwester.
„Guten Tag! Ich bin Mrs. Rosaleen..Laster. Wirklich schön ein so gepflegtes Restaurant hier zu finden." Glücklich darüber, ein freudiges Funkeln in den Augen der etwa 30-jährigen Frau zu finden, unterstrich sie ihre Worte mit einem ernst gemeintem Lächeln.
„Was wünschen sie denn?"
Nachdem die Besitzerin des Cafés in der Küche verschwunden war, klärte Abigail Rosaleen auf. „Das war Sofie Clark. Ihr gehört dieses Restaurant hier. Wie sie wahrscheinlich schon bemerkt haben, ist sie die Schwester von Mary Hatley. Die Mutter der rothaarigen Bande." Verstehend nickte Rosaleen und wog Joyce in ihren Armen.
Abigail hatte es für das Beste empfunden, nicht zu Hause, sondern in diesem Café zu essen. Sie hatte die Worte „damit alle sie schnell kennenlernen können" benutzt, um Rosaleen zu überzeugen, dass es das Beste sei. „Sie redet nicht sehr viel und zeigt auch nicht so offen wie manche es tun ihre Gefühle, aber sie hat ein gutes Herz."
Rosaleen brummte schon der Kopf, von so vielen Menschen, mit denen sie bereits Bekanntschaft gemacht hatte. Einmal mehr war sie froh, dass Monticello keine der großen Städte war. Es war schon schwer genug, sich all diese Namen zu merken.
Als ihnen nach einigen Minuten und einer unterhaltsamen Unterhaltung das Essen gebracht wurde, falteten sie die Hände und neigten den Kopf.
„Danke, Vater im Himmel, auch für dieses Essen, das du uns schenkst. Segne du es und gib es auch denen, die zu wenig haben.
Bitte schenk Rosaleen einen guten Anfang in dieser Stadt. Amen"
Dann widmeten sie sich ihrem Essen.

***

Mit vollem Magen und einem glücklichen Lächeln auf dem Gesicht, verließen Abigail, Rosaleen und Joyce das Restaurant.
Joyce fielen immer wieder die Augen zu, was Rosaleen dazu veranlasste die Kleine auf ihren Arm zu nehmen. Den Einspänner den sie mit den Zügeln der Pferde an einem Holzpfahl fest gebunden hatte, ließen sie anfahren und begaben sich auf dem Holzsitz.
Liebevoll legte Rosaleen ihre Arme um Joyces kleinen Körper und wiegte ihren Oberkörper einschläfernd hin und her.
„Wie kommt es eigentlich, dass ich gerade zu ihnen gekommen bin, Abigail?" Neugierig hob Rosaleen ihren Kopf.
„Wir sind eine kleine Stadt. Ohne Hotel. Ich habe genug Platz in meinem Haus und da schadet es sicher nicht, ihn ganz auszunutzen.
Als mein Sohn am 21. April 1865 in den Krieg zog, fiel er dort einige Monate später an der Front."
Wie auch auf dem Weg in die Stadt, wanderten ihre Augen wieder in die Ferne. „Meine Tochter Kate starb drei Jahre zuvor an Scharlach. Und so blieben mein Mann und ich ganz allein in unserem Heim. Jeder weiß, dass ich ein Erbe habe und als dann auch noch mein geliebter Steven starb, haben wir, das heißt der Stadtrat und ich, beschlossen, dass solange wie es kein Hotel gibt, ich die Leute aufnehme."
Rosaleen war erstaunt, wie Abigail schon so viel Schweres in ihrem Leben durchgemacht hatte und trotzdem eine so glückliche und zufriedene Frau sein konnte. Es musste unglaublich schwer gewesen sein, einen Angehörigen nach dem anderen zu verlieren.
„Das tut mir leid." Mehr konnte Rosaleen einfach nicht sagen, um ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Und mit einem Mal überrollte sie wieder der Schmerz um den verstorbenen Ehemann. Sie konnte garnicht beschreiben, wie sehr sie ihn nach so langer Zeit schon vermisste. Immer wenn sie in Joyces Gesicht blickte, sah sie darin Josephs Gesichtszüge.
Die nächsten Worte von Abigail hörte sie schon garnicht mehr, da sie nur noch an ihren Joseph dachte.

                    ***

Leise breitete Rosaleen die weiche Decke über Joyces kleinem Körper aus.
Sie zog die Vorhänge zu, um das Zimmer zu verdunkeln und schlich auf Zehenspitzen wieder aus der Tür und schloss sie so leise wie möglich.
In der Küche war Abigail dabei ihre Einkäufe an ihren jeweiligen Platz zu ordnen. Rosaleen brachte die kalten Lebensmittel, wie Butter und Milch in die Sommerküche.
In der Sommerküche wurden Lebensmittel die gekühlt werden mussten gebracht, da die kleine Hütte dafür bestens geeignet war.
Es war eigentlich üblich im Sommer nicht in der Küche, sondern in der Sommerküche zu backen und die Lebensmittel in dem Keller aufzubewahren. Doch Abigail bevorzugte es, nicht immer die Bodenluke, die zum Keller führte, zu nutzen. Und da sie sowieso nur für drei Personen kochen musste und eigentlich immer nur für eine, tat sie das auch im Haus.
Sie hatte Rosaleen schon erklärt, dass sie längere Gerichte natürlich auch in der Sommerküche zubereitete.
Nach getarnter Arbeit, die Rosaleen noch ein kleines Stückchen mehr müde gemacht hatte, setzten sie sich in der Küche, die auch gleichzeitig als Wohnzimmer diente und ein Sofa und einen Sessel besaß, auf das beigefarbene Sofa.
Abigail und Rosaleen nahmen sich Nadel und Faden zur Hand und begannen die neuen Stoffbahnen zu einem Kleid zu verarbeiten.

...Weil ich dich liebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt