Kapitel 21

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Froh, dass Abigail ihrem Vorschlag zugestimmt hatte, machte Rosaleen sich auf dem Weg zum Sheriff Büro.
Ihr war jedoch nicht entgangen, dass Abigail auch heute matt und krank gewirkt hatte. Abigail hatte sie fast dazu überreden müssen, Joyce bei ihr zu lassen und sich auf den Weg zu machen, doch sorgenfrei war Rosaleen doch nicht. Abigail machte nicht den Anschein, als wäre sie eine schwache kränklich Frau. Im Gegenteil, ihre stämmige große Gestalt wirkte eher kräftig und ausdauernd.
Während sie so ihren Gedanken nach hing, begrüßte sie mehrere Stadtbewohner und beobachtete die Kinder beim Spielen. Sie hoffte von ganzem Herzen, diese unschuldigen Geschöpfe einmal unterrichten zu können.
Mr. Bradford, der Bürgermeister, war schon in dem Büro und begrüßte sie freundlich. „Guten Morgen, Mrs. Laster. Sie können sich garnicht vorstellen, wie froh ich bin sie in meiner Stadt willkommen heißen zu können. Sie sehen mir noch sehr jung aus, ich dachte sie wären etwas älter, da sie schon ein Kind haben?" Abwartend, was sie darauf antworten würde, schaute er Rosaleen an. Glücklicherweise half Mr. Corner ihr, indem er ihre Antwort übernahm. „Das Mädchen ist fast zwei Jahre alt. Da ist es doch verständlich, dass sie noch so jung ist." Als merke er nicht, dass sie ihm für seine Antwort dankbar war, hielt er Augenkontakt mit dem Bürgermeister. Dieser blickte sie erstaunt an und fragte dann: „Und sie sind schon Witwe, in so einem jungen Alter? Es war doch sicher keine Zwangsheirat und sie haben sich gezwungen gefühlt ihn loszuwerden?" Er hielt sich lachend den Bauch und nahm auf dem Holzstuhl platz. Rosaleen musste sich beherrschen Mr. Bradford nicht zurechtzuweisen, da er so respektlos von Toten sprach und sie hob wütend das Kinn. „Er war ein guter Mann und ich habe ihn sehr geliebt. Auch unsere Heirat war freiwillig und ich war es nicht...und sein Tod kam auch sehr plötzlich." Sagte sie mit einer unbeabsichtigt kalten Stimme. Wie konnte er es wagen, so über jemanden zu sprechen, den er überhaupt nicht kannte!
Rosaleen zwang sich zu einem Lächeln, um die Situation etwas zu entschärfen, da Mr. Bradford etwas erstaunt und gleichzeitig reuevoll errötete.
„Nun ja, wir haben uns eingetroffen, um ihren Arbeitsstand zu besprechen. Mr. Bradford ich habe Ihnen bereits gesagt, was ich davon halte und wie qualifiziert sie für diese Stelle ist." Auch der Sheriff lies sich mittlerweile auf seinen Stuhl sinken.
Der Bürgermeister räusperte sich und rückte seine Krawatte auf seinem gerundeten Bauch zurecht.
„Ich habe in Vancouver auch eine junge gebildete Dame getroffen, der eine Stelle als Lehrerin durchaus gefallen würde. Sie könnte jedoch erst in einem Monat mit dem Unterricht beginnen, da der Umzug doch einige Unbequemlichkeiten von ihr verlangt.
Ihr Onkel spendierte ihr auch eine höhere Ausbildung, die sicher auch brauchbar in ihrem Unterricht wäre." Mit einem vorsichtigen Blick auf Rosaleen fuhr er mit seinen Einwänden ihr gegenüber fort.
„Sie, Mrs. Laster, können jedoch nicht von solchen Erfahrungen profitieren und da liegt es uns doch nahe, die damalige Studentin einzustellen."
Rosaleen betete: Oh Gott, ich brauche diesen Platz!
Diese Frau hatte aber kein Kind das sie versorgen musste und sicher war auch ihr Mann nicht kürzlich verstorben.
Natürlich, Rosaleen hatte noch den Ring, aber sie wollte Joyce doch so gerne eine höhere Schulbildung ermöglichen! Und sie wollte am liebsten einfach alle Möglichkeiten, die sich ihr boten, ergreifen.

                              ***

Auch Luke hatte so seine Zweifel, was Mrs. Laster anging. Sicher, er hätte die hübsche Witwe gerne genommen, doch die gebildetere ungebundene Dame, gäbe sicher auch ein schönes Bild als potentielle Lehrerin ab.
Luke beobachtete wie Mrs. Laster nervös ihre Hände knetete und auf seine Meinung zu diesem Thema wartete. Da sprang ihm plötzlich etwas ins Auge. Er konnte sich noch zu gut daran erinnern, wie er den kostbaren Ring an ihrer linken Hand gesehen hatte, als sie im Behandlungszimmer des Arztes gelegen hatte. Doch nun, er sah nochmal genauer hin, war er verschwunden. Ihr Ringfinger war leer.
Schnell hob er wieder seinen Blick und blickte in ihre klaren Augen. Sie hatte etwas geheimnisvollen an sich und Luke wusste nicht, ob das gut war.
„Ich würde auch die Dame aus Vancouver bevorzugen, da sie einfach mehr Potential hat. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, aber wenn es so eine Möglichkeit gibt...da würde ich ihnen vielleicht einen anderen Job zuteilen." Luke konnte fast sehen, wie es in ihrem Verstand ratterte, bis ihr bewusst wurde, dass beide gegen sie gesprochen hatten. Ein schuldbewusstes Mitleid machte sich auf einmal in ihm breit und es tat ihm fast leid, sie auf so ungeschonte Weise einfach abgewiesen zu haben. Doch als Sheriff war es sein Job, richtige Entscheidungen zu treffen. Auch wenn er dabei andere Menschen nicht glücklich machte. Er wollte nur das Beste für Monticello und leider mussten dafür andere Menschen und Wünsche manchmal in den Hintergrund gestellt werden.
Ihn Mrs. Lasters Augen loderte plötzlich ein empörtes Feuer auf und sie sprang von ihrem Stuhl auf. „Sie haben mir gesagt, dass es wahrscheinlich so einzurichten wäre, dass ich diese Aufgabe als Lehrerin kriege und nicht eine ander Frau, Sheriff. Sie waren es doch, der sie mir Hoffnung gaben und mir beinahe versichert haben, dass ich diesen Job kriegen würde!" Genau das hatte er vermeiden wollen.
Ihre grünen Augen funkelten gefährlich und sie schritt wütend in seinem kleinen Büro hin und her. Selbst wenn sie wütend ist, ist sie hübsch!Nun erhob auch er sich und trat auf sie zu. „Es tut mir wirklich außerordentlich leid, dass nun nicht sie die Lehrerin sein werden. Aber ich werde schon dafür sorgen, dass sie anderswo eine gute Arbeit bekommen." Für einen Moment wich die Wut aus ihrem Blick und wurde von Zweifeln abgelöst.
Das letzte, was Luke in ihren Augen sehen konnte, war Enttäuschung, bevor sie ihren Blick wieder auf den Boden heftete.
Bitte, bitte ich habe die richtige Entscheidung getroffen!
Sie versuchte es weiterhin: „Aber ich habe doch auch schon so viele Bücher gelesen über Geographie und Geschichte. Außerdem brauche ich diese Arbeit!" Mit einem letzten Hoffnungsschimmer sah sie ihm in die Augen. Normalerweise ließ Luke sich nicht so leicht umstimmen, doch im Anbetracht der Zustände, könnte er vielleicht noch einmal mit dem Bürgermeister reden und versuchen es sich noch einmal zu überlegen.
So wie Luke ihn jedoch kannte, würde Mr. Bradford auf seine Entscheidung bestehen.
„Ich werde mich sofort mal nach möglichen Arbeitsangeboten umschauen und es Ihnen sobald wie möglich mitteilen, wenn ich etwas gefunden habe. Vielleicht gibt es etwas für Sie, dass besser in ihren Zeitplan passt als Lehrerin." In Mrs. Lasters Augen konnte er sehen, dass ihr dieser Punkt vollkommen egal war.
Mit einem kurzen Blick auf Mr. Bradford bestätigte sich seine Vermutung, dass der Bürgermeister es sich auf dem Stuhl gemütlich gemacht hatte und an seinem Oberlippenbart zwirbelte - das tat er immer, wenn er etwas besonders interessant fand.
Frustriert schüttelte Luke den Kopf. Mr. Bradford war ein kluger freundlicher Mann, doch in manchen Situationen fand er einfach nicht die richtige Art und Weise, wie er reagieren sollte. Er hatte einfach nicht das nötige Taktgefühl.
„Es tut mir leid, Sheriff, Mr. Bradford. Ich hätte mich nicht so aufregen sollen. Es ist nur...ach ist nicht so wichtig. Ich werde schon etwas finden."
Sah Luke da etwa eine Träne in ihren Augenwinkel aufblitzen?
Mit einem Mal fühlte er sich so schlecht, weil er dieser jungen Mutter nicht den Wunsch erfüllt hatte. „Er trat zu Tür und öffnete sie, als er sah, dass sie im Inbegriff war zu gehen. „Das ist verständlich, Mrs. Laster. Ich verspreche ihnen, dass ich so schnell wie möglich etwas für Sie finden werde." Er warf ihr einen aufmunterndes Lächeln zu, obwohl Luke nicht glaubte, dass diese kleine Geste ihr helfen würde. Sie nickte nur schwach mit mit dem Kopf und machte sich auf den Heimweg, nachdem sie sich auch höflich von Mr. Bradford verabschiedet hatte.

...Weil ich dich liebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt