Kapitel 31

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„Es tut mir leid, Camilla, aber ich muss nun weiter machen. Schließlich muss ich noch das Lehrerhaus einrichten." Rosaleen stütze sich mit der Hand vom Boden ab und erhob sich.
   Sie war nun fest entschlossen Miss Bradford eine gute Freundin zu sein und ihr zu helfen, aus sich selber raus zu kommen und eine etwas angenehmere Person zu werden.
   „Danke, für dieses erholsame Mittagessen mit Ihnen, Rosaleen. Ich hoffe, ich habe sie nicht belästigt."
Rosaleen lächelte beschwichtigend. „Aber nein, das Gespräch war recht...unterhaltsam." Sie hatte sich für einen kurzen Moment gefragt, woher Camilla ihren Vornamen kannte, bis sie selbst fast schon über ihre Frage schmunzeln musste. Es gab wohl kaum etwas in der Stadt, was Camilla und ihre Mutter nicht wussten.
Zum Abschied winkte Camilla ihr noch einmal zu, bevor sie auch schon auf die Straße zuging.
Ohne das benutze Geschirr auch nur anzufassen lief Rosaleen schon fast auf die Tür zu und schlüpfte schnell durch sie hindurch. Sie schloss kurz die Augen und presste ihre Handflächen fest aufeinander. Sie konnte das Gefühl nicht beschreiben, das sich plötzlich in ihr breit gemacht hatte, denn auch ihr Herz pochte in einem schnelleren Rhythmus. Sie lehnte sich an die Tür und atmete einmal tief ein und wieder aus.
Als sie sich dann endlich wieder etwas gefasst hatte ging sie nach vorne in Richtung Tafel auf ein Fenster zu, welches rechts an der Wand von der Tür lag und von wo man in den Wald blicken konnte, der schon direkt hinter dem Nebengebäude anschloss. Ab dann, als sie den aufgebrachten Spatz beobachtet hatten, der rechts auf dem Gebüsch gekommen war, wurde Rosaleen das Gefühl einfach nicht mehr los, beobachtet zu werden. Es war, als würden sie die ganze Zeit geheimnisvolle Augen verfolgen und jeden ihrer Schritte und Bewegungen genaustens ins Visier nehmen.
  Ihr Blick suchte die Stelle ab, wo der erschrockene Vogel rausgeschossen gekommen war, doch dort bewegte sich absolut nichts. Auch als sie noch dort mit Camilla gesessen hatte, waren ihr keine auffallenden Geräusche zu Ohren gekommen, was wahrscheinlich auch daran lag, dass der Sheriff den Hammer betätigt hatte. Wahrscheinlich hatte sie sich das alles nur eingebildet. Es war sicher ein Tier gewesen, welches sich nah an den Waldrand getraut hatte. Wo die eine Stadthälfte direkt an einen großen Wald stieß war es doch nicht verwunderlich, wenn sich auch mal die dort bewaldeten Tiere zeigen ließen.
   Überzeugt, dass diese Theorie stimmen musste, straffte Rosaleen ihre Schultern und begab sich wieder zur Tür. Doch sofort bleib sie wieder abrupt  stehen. Wie kannst du nur so naiv sein, Rosa? Du wurdest vor ein paar Wochen von Männern überrumpelt, die dir immer noch Drohbriefe schreiben und dann willst du dir ausreden, dass du sicher nicht beobachtet wirst und es nur ein Tier war, welches den Vogel verärgert hat?!
   Rosaleen ärgerte sich über ihre Naivität, die sie manchmal an den Tag legte. Natürlich war das kein Tier gewesen! Wenn ihre Gedanken und ihre logische Schlussfolgerung ihr keinen Streich spielten, wurde sie tatsächlich beobachtet - aus dem Wald. Sie ging wieder zurück zu dem Fenster und spähte nochmal hinaus, nur um zu sehen, dass sich da immer noch - oder wieder nichts - tat.
   Die Männer wurden ihr immer unheimlicher. Langsam mussten sie doch verstanden haben, dass sie so schnell nichts sagen würde. Außerdem wusste sie auch viel zu wenig über den geplanten Überfall und dann war da noch Joyce, die sie so gut wie nur möglich beschützen musste.
Zum Glück waren alle Fenster sauber und Rosaleen musste nur noch den Boden reinigen. Als sie aus dem Schulgebäude trat, kam ihr Mr. Corner mit einem fragenden Ausdruck auf dem Gesicht entgegen.
„Geht es Ihnen gut, Mrs. Laster? Sie sind so schnell im Schulhaus verschwunden."
Rosaleen räusperte sich. „Ja, mir geht es gut, danke." Sie wandte sich zum Gehen. „Ich muss nur noch den Boden innen schrubben, dann kann ich mit dem Umzug beginnen."
„Ich mache mich dann mal an das Holz. Wir sollten uns ein wenig beeilen, da es schon Mittag ist. Ich denke wir müssten es schaffen, das Lehrerhaus noch heute einzurichten, sodass sie sich schon heute dort einleben können."
Motiviert machte Rosaleen sich auf den Weg und schon kurz darauf kniete sie mit einem vollen Eimer und einer Waschbürste auf dem Boden und begann ihn mit einem Lächeln auf den Lippen zu schrubben. Sie war auf dem besten Weg in ihr eigenes, neues Leben.

...Weil ich dich liebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt