Kapitel 19

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An diesem Montagmorgen sorgte das Krähen des Hahns, dafür dass Rosaleen aufwachte.
Sie spürte den warmen Körper ihrer Tochter, die sich nahe an Sie gekuschelt hatte, an dem ihren.
Bei dem Anblick in das liebliche süße Gesicht von Joyce, wanderten ihre Gedanken wieder nach New Orleans. Sie konnte sich einfach nicht dazu überwinden, ihre Gedanken an Joseph wegzuschieben.
Zwei schöne Jahre hatten sie gemeinsam verbracht, in denen Joseph sie auf Händen getragen und sie ihm ihre Liebe geschenkt hatte. Diese Zeit konnte sie einfach nicht vergessen, egal wie sehr sie sich darum bemühte, in die Zukunft zu sehen.
Als Rosaleen merkte wohin ihre Gedanken schon wieder wanderten, kroch sie entschlossen aus dem Bett.
Traurig darüber, dass ihre Bibel zu Hause in einem Zimmer der Jillsons lag und nun verstaubte, machte sie sich daran, sich für den neuen Morgen zurecht zu machen, nachdem sie gebetet hatte.
Sie goss sich, wie auch jeden anderen Morgen, Wasser in die Waschschüssel und reinigte damit ihr Gesicht.
Das Korsett konnte sie um einiges enger schnüren als sonst, ohne dass sie sich direkt eingeengt fühlte und auch die frisch gewaschenen Kleider waren ihr, wie sie aufs Neue feststellte, breiter als sonst.
Die Reise und einfach die ganzen Ereignisse hatten sie in der letzten Zeit wirklich mitgenommen. Das sah Rosaleen jetzt auch in ihrem Spiegelbild.
Ihre Augen wirkten größer, dadurch dass sie auch im Gesicht abgenommen hatte und auch ihre Wangenknochen stachen etwas mehr heraus als sonst.
Unten, in der ersten Etage, erwartete sie Stille. Stirnrunzelnd ging Rosaleen zum Fenster hinter den Sitzgelegenheiten, neben der Tür, doch die Sonne war schon aufgegangen und schimmerte hinter den Spitzen der Berge hervor.
Sie öffnete das Fenster und sog mit geschlossenen Augen die frische Luft ein. Die Natur hier war so atemberaubend schön und frei. Rosaleen glaubte, noch nie einen idyllischeren Ort gesehen zu haben.
In Louisiana war nicht diese Ruhe und friedliche Stille, sondern geschäftiges Treiben war schon am Vormittag in New Orleans zu erwarten gewesen.
Die Läden und Gebäude waren eng aneinander gereiht und überall hörte man Menschen, die sich angeregt unterhielten oder auf dem Markt ihre Ware anpriesen.
Sie genoss die Atmosphäre in diesem Ort. Je mehr Zeit sie hier verbrachte, desto lieber gewann sie die Menschen, die Stadt und alles was zu ihnen gehörte. Vielleicht ist es doch ein wenig zu ruhig hier? Leise klopfte sie an die Zimmertür von Abigail, welche sich links gegenüber der Eingangstür befand. Als jedoch keine Antwort ertönte, drehte sie den Türknauf um und lugte ins Zimmer hinein. Der Türspalt warf ein schummriges Licht ins Rauminnere. Die Vorhänge waren zugezogen und Rosaleen konnte nur dunkle Umrisse von Abigail im Bett erkennen. Auf Zehenspitzen bewegte sie sich auf das Bett zu und versicherte sich, dass mit Abigail alles in Ordnung war. Als sie sah, dass sich ihr Brustkorb gleichmäßig hob und senkte, trat sie wieder aus dem Zimmer heraus.
Rosaleen war gerade dabei die Eier aufzusetzen, als es plötzlich an der Tür klopfte.

***

"Guten Morgen, Sheriff! Sie sind aber schon früh unterwegs. Was führt sie zu uns?" Mit dieser Begrüßung bat Mrs. Laster ihn herein. Sie trug heute einen sauberen braunen Rock mit einer hellblauen Bluse, welche - wie er zugeben musste - ganz...passabel an ihr aussahen.
Luke bevorzugte es, lieber draußen zu warten, er wollte nicht lange bleiben.
Und so kam er auch schnell zum Punkt: „Guten Morgen. Ja, ich war gerade unterwegs und ich wollte gleich mal fragen, wie es Abigail geht. Sie ist sonst eigentlich nicht so oft krank."
„Da machen sie sich mal keine Sorgen, Mr. Corner. Ich denke sie brauchte einfach mal ein wenig Ruhe, um wieder voll durchstarten zu können. Sie schläft jetzt noch, aber ich bin mir sicher, sie wird auch bald wieder aufstehen." Prüfend sah die junge Frau zum Himmel hinauf und betrachtete den Stand der Sonne.
Ihr schien plötzlich etwas einzufallen, denn sie wandte sich zum Gehen. „Entschuldigen sie, Sir, aber ich muss mal kurz nach meiner Tochter schauen. Setzten sie sich doch hier auf die Bank, ich komme sofort wieder." Ohne auf seine Reaktion zu warten drehte sie sich schwungvoll um und hastete in Richtung Treppe. Die Tür fiel hinter ihr zu, als sie sie nicht mehr aufhalten konnte. Schmunzelnd ließ er sich auf der ihm angebotenen Bank nieder und ließ seinen Blick über das grünen Gras auf ihrem Hof wandern.
Sein Pferd, Black Beauty, graste friedlich und schnaubte zufrieden.
Schon einige Minuten später kam Mrs. Laster wieder heraus, mit ihrer kleinen Tochter auf dem Arm. Die Kleine rieb sich verschlafen die Augen und schlang die Arme um den Hals ihrer Ma.
Luke erhob sich und wollte schon wieder gehen, als ihm etwas einfiel.
„Hätten sie noch einmal kurz Zeit, ich würde sie gerne mal was fragen." Neugierig beobachtete Joyce ihn und ein kleines Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht, als sie seinen Blick bemerkte.
Luke stupste ihre winzige Nase mit dem Finger an und wandte seine Aufmerksamkeit auf Mrs. Laster. Diese warf einen kurzen Blick ins Haus, in den Bereich, wo sich die Küche befand.
„Es tut mir leid, aber ich fürchte, ich muss wieder in die Küche. Es sei denn, sie kommen mit rein, aber-" „Dann reden wir einfach ein anderes Mal darüber. Sicher werden wir uns noch einige Male begegnen." Um ihr Einverständnis zu geben, nickte Mrs. Laster mit dem Kopf,wobei ihr einige Strähnen ins Gesicht fielen.
Luke verabschiedete sich höflich und band mit einem amüsierten Grinsen auf dem Gesicht Black Beauty los.
Frauen. Lebendiger als ein Wirbelsturm!

***

Als Abigail nach einer halben Stunde immer noch nicht erschien, beschloss Rosaleen noch einmal nach ihr zu schauen.
Auf den ersten Blick schien es ihr, als hätte sich nichts in dem Zimmer geändert, doch als sie näher an das Bett herantrat, konnte sie erkennen, wie Abigails Augenlider flatterten und sie ihre Augen schließlich ganz öffnete.
„Guten Morgen, Abigail! Habe ich Sie geweckt?" Rosaleen strich die Falten auf der Bettdecke glatt und zog einen kleinen Spalt die Vorhänge auf. Es kam jedoch nur ein verschlafener Ton aus Abigails Munde, als sie den Kopf schüttelte und um ein Glas Wasser bat.
In der Küche, setzte Rosaleen Joyce auf das Sofa und drückte ihr die Stoffpuppe in die Hand. Mit einem Glas Wasser in der Hand kehrte sie dann zu Abigail ins Zimmer zurück. „Kann ich die Vorhänge ganz aufziehen, Abigail? Es sieht uns doch bestimmt keiner durch die Bäume um das Haus herum." Nach Abigails Einverständniserklärung schob Rosaleen mit einem Ruck den schweren Stoff vom Fenster weg.
Mit Schrecken stelle sie fest, als sie sich wieder umdrehte, wie gerötet das Gesicht ihrer Freundin war. Sogar einige Schweißperlen standen ihr auf der Stirn. Ist wohl doch ernster, als gedacht.
Sofort eilte Rosaleen zurück in die Küche und befeuchtete ein Stofftuch.

...Weil ich dich liebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt