Kapitel 24

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Ihre Sorgen um Abigail wurden immer größer und Rosaleen fragte sich immer mehr, was denn mit ihr los sei.
Abigail lag nur noch im Bett und war furchtbar erschöpft. Außerdem plagte sie starker Durchfall und sie wollte auch das Essen nicht mehr bei sich behalten.
An diesem Donnerstagmittag wechselte Rosaleen zum zweiten Mal in der Woche Abigails Bettlaken und tauschte sie gegen frische ein, da ihr Körper erhitzt und verschwitzt war. Rosaleen und Joyce hatten zu Mittag eine einfache, schnelle Suppe gegessen, doch Abigail war zu erschöpft gewesen, um auch nur einen Löffel zu sich zu nehmen.
Als sowohl Joyce als auch Abigail eingeschlafen waren, begab Rosaleen sich zu dem Stall, der ein paar Meter neben dem Haus stand. Dort spannte sie die Pferde in den Einspänner und führte das Gespann vom Hof.
Langsam ließ sie die Pferde antraben und suchte die Arztpraxis von Mr. Khelby auf.
"Mr. Khelby, Abigail geht es sehr schlecht. Ich weiß einfach nicht mehr was ich tun soll, damit sie wieder zu Kräften kommt und gesund wird."
Sorgenvoll runzelte Rosaleen die Stirn und stellte sich neben den Stuhl der im Vorraum, dem Wartezimmer, stand.
„Nun beruhigen Sie sich doch erstmal, Mrs. Laster und erzählen Sie mir mal, was für Symptome bei ihr auftauchen."
Einatmen, ausatmen.
Schon während Rosaleen ihm von Abigails Durst, dem Fieber und anderen Verhaltensweisen erzählte, wölbte sich auch seine Stirn und er griff nach seiner Arzttasche.
Oh nein, das ist kein gutes Zeichen!
Äußerlich versuchte Rosaleen ihre Ängste nicht zu zeigen, doch innerlich breitete sich eine Angst aus, die sie nicht mehr klar denken ließ.
Nun spannte auch Mr. Khelby seinen Wagen an und platzierte seine Tasche in dem Bodenraum unter dem Sitz.

***

Die Ladenglocke klingelte, als Luke
Mr. Tomby's Gemischtwarenladen verließ. Gut gelaunt pfiff er eine fröhliche Melodie und balancierte die eingekauften Päckchen in seinen Armen.
Plötzlich hörte er eine ihm bekannte Stimme und sein Blick wanderte nach rechts. Sofort machte sich ein ungutes Gefühl in ihm breit, als er Mrs. Laster mit Mr. Khelby ein paar Worte wechseln sah, woraufhin sie beide sich in ihren Einspänner begaben und die Pferde antraben ließen.
Also hat Abigail doch etwas Ernsteres, dachte Luke und öffnete die Tür zur Sheriff Wohnung.

***

Als der Arzt Abigails Zimmer verließ machte er ein ernstes Gesicht und seine Stirn hatte sich immer noch nicht geglättet. „Was hat sie, Mr. Khelby?" Rosaleen stellte sich vor Ihn.
„Ich will nicht lange um den heißen Brei reden." Er räusperte sich und wandte den Blick von ihr ab. Anscheinend fällt es auch ihm nicht leicht, solche Nachrichten zu überbringen.
„Ich sehe, dass sie mittlerweile Abigails Freundin geworden sind und nur aus diesem Grund sage ich ihnen, was sie hat. Ich erwarte aber von Ihnen, dass sie das für sich behalten. Mit sowas ist nicht zu spaßen und ich hatte eigentlich auch nicht den Eindruck, als wären sie eine von den Klatschtanten, die mit jedem über alles reden."
Sein strenger Blick zeigte Rosaleen, dass auch ihm etwas an Abigail lag. Was ist sie nur für eine tolle Frau. Ich habe das Gefühl, die ganze Stadt liebt sie.
„Ich habe nicht vor, jedem zu erzählen, dass Abigail krank ist, Mr. Khelby. Genau wie alle hier, habe auch ich Abigail schon ins Herz geschlossen und will es vermeiden, dass sie das Gesprächsthema der Stadt wird."
Anscheinend zufrieden mit ihrer Antwort, nickte der Arzt.
Er führte Rosaleen zu dem Sofa und nahm selber auf dem Sessel Platz.
„Abigail...hat eine Infektionskrankheit erwischt." Er machte eine kurze Pause in der er ihr Gesicht prüfend musterte.
Rosaleen atmete scharf ein. Eine Infektionskrankheit!
Sie nickte, um ihm zu signalisieren, dass sie bereit für weitere Hiobsbotschaften war.
„Ich sage das wirklich nur ungern, aber es ist...Cholera."
Rosaleens Finger verkrampften sich um die Sofakante und sie spürte, wie ihr alle Farbe aus dem Gesicht entwich. Sie wollte nachfragen, ob er sich nicht irgendwie vertan hatte, doch es kam kein Ton aus ihrem Mund.
Oh Gott! Willst du mir jetzt auch noch meine einzige Freundin nehmen?!
Mit weit aufgerissenen Augen starte Sie Mr. Khelby an. Sie spürte wie sich ein dicker Kloß in ihrem Hals bildete, den sie nicht mehr herunterschlucken konnte. „Geht es Ihnen gut, Mrs. Laster? Sie sehen blass aus."
Hastig nickte Rosaleen. Seid wann bin denn ich die Schwache?, sagte sie sich selbst zur Ermutigung.
„Ja, ja, reden sie weiter." Reiß dich zusammen Rosaleen!
„Cholera ist höchst ansteckend, weshalb sie am besten ihre Tochter wieder zu jemanden geben. Außerdem sollten sie sich öfter als sonst die Hände und das Gesicht waschen. Lassen sie keinen in ihr Haus und am besten bleiben auch sie hier.
Es wäre wirkungsvoll, wenn sie das Wasser das sie trinken, abkochen bevor sie es verwenden. Cholera ist eine Folge von beschmutzter Nahrung oder Wasser.
Wenn jemand hierher kommt, reden sie in einigem Abstand von dem Hausmittel demjenigen.
Lüften sie außerdem mehrmals die Zimmer durch, um die Luft so sauber wie möglich zu halten." Sein Blick wurde wieder etwas weniger professionell und er fügte hinzu: „Abigail bedarf jetzt gründlicher Pflege. Ich kann leider nicht so oft herkommen, da ich auch noch andere Patienten habe, die auf meine Behandlung warten."
Rosaleen nickte, da ihre Stimme ihr immer noch nicht gehorchen wollte.
Wie im Trance begleitete Sie Mr. Khelby zur Tür und sah zu, wie die Pferde sich in Bewegung setzten.

***

Rosaleen hob Joyce aus dem Wasser und wickelte ein weiches Handtuch um ihren nassen Körper. Sich selbst hatte sie auch schon gewaschen und nun war auch Joyce wieder sauber.
Mit Joyce auf dem Arm stieg sie in das frühere Zimmer von Kate - so hatte Abigail ihr gesagt - und packte die nötigen Sachen für einen längeren Aufenthalt zusammen.
„Jetzt musst du schon wieder gehen, Joyce. Aber so bald wie möglich hole ich dich wieder zurück." Was wird dann sein? Die Angst, die sie ergriffen hatte, als Mr. Khelby ihr berichtet hatte, dass Abigail an Cholera erkrankt war, wollte sie einfach nicht mehr verlassen.
Mit einem letzten Blick in Abigails Schlafzimmer machte Rosaleen sich mit Joyce auf den Weg in die Stadt.
Vor dem Haus der Sherwoods begrüßte Rosaleen den Ehemann von Rebecca, der gerade zu einer kleinen Mittagspause vom Feld kam.
Auch Mrs. Sherwood kam gerade aus der Tür und lächelte erfreut über Rosaleens Besuch. „Guten Tag Mrs. Sherwood, Mr. Sherwood. Ich habe leider keine guten Neuigkeiten für sie." Darüber zu reden ist ja noch viel schwerer, als ich dachte. Sogleich, nachdem Rosaleen diese Worte ausgesprochen hatte, nahmen die Gesichter des Ehepaars einen sorgenvollen Blick an.
„Abigail, sie...ihr geht es nicht gut." Mrs. Sherwood machte einen kleinen Schritt auf ihren Mann zu, um bei ihm Halt zu suchen. Wenn Joseph jetzt- sofort unterbrach Rosaleen ihren Gedankengang und sprach schnell weiter, bevor sie der Mut verlassen konnte. „Der Arzt hat gesagt, dass ich es nicht jedem in der Stadt erzählen soll, aber ich denke, da Ihr Freunde von Abigail seid-" Mrs. Sherwoods Gesichtsausdruck nahm einen mütterlich liebevollen Blick an und sie legte Rosaleen mutgebend einen Arm um die Schultern. „Was ist los, Mrs. Laster?"
Rosaleens Stimme zitterte, als sie weiter sprach:„Der Arzt war heute bei uns und hat sie untersucht. Alle Symptome und...er hat festgestellt..." Sie schluckte den Kloß im ihrem Hals herunter und nahm einen weiteren Anlauf:„Es ist Cholera."

...Weil ich dich liebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt