Kapitel 19

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PoV Michael

Als ich aufwachte erwartete ich, dass Ashton noch schlief, doch sein Bett war leer. Verschlafen setzte ich mich auf und streckte mich einmal, bevor ich aufstand und in unser winziges Badezimmer ging. „Morgen", murmelte er abwesend. Ich stellte mich neben ihn vor den Spiegel, während er noch damit beschäftigt war, seine locken zu bändigen. „Morgen", meinte auch ich und nahm mir dann meine Zahnbürste.

„Wir müssen gleich los, wenn wir heute noch in Derby ankommen wollen", teilte er mit.

„Gut, musst du hier noch irgendwas erledigen?", erkundigte ich mich, während er zurück in unser Zimmer ging und ich meine Haare versuchte unter einer Beanie zu verstecken, die er mir mitgebracht hatte.

„Ne, von mir aus können wir sofort hier weg." Gesagt getan. Eine halbe Stunde später checkten wir aus und machten uns auf den Weg zu unserem nächsten Zwischenziel.

„Ich hab übrigens eine Idee wo wir hin könnten", teilte er mir ganz nebenbei mit, als wir schon eine Weile fuhren.

„Ach ja?"

„Jep. Naja, es ein Kollege von mir hat ein Ferienhaus in Neuseeland. Allerdings ist er letztes Jahr bei einem Job gestorben und seitdem wird das Haus nicht mehr genutzt. Ich stand ihm nicht sehr nahe, deswegen sollte das auch nicht allzu auffällig sein", berichtete er.

„Das ist ja schön und gut, aber auch in Neuseeland werden wir gesucht. Es ist immer die Gefahr, dass uns jemand auf der Straße erkennt", zweifelte ich.

„Auch dafür habe ich eine Lösung. Also ich hatte mal einen Fall, da hat jemand seinen Tod vorgetäuscht. Ich weiß, dass ist ein großer Schritt, aber wenn wir es irgendwie schaffen würden, dass die Leute denken, wir wären tot, dann könnten wir ganz einfach die neuen Identitäten annehmen und schon und all unsere Probleme mit der Polizei wie weggewischt." Mit großen Augen sah ich ihn an. Das war die perfekte Lösung!

„Ashton, ich liebe dich!", freute ich mich und erwartete, dass auch er sich freuen würde, doch er wendete seinen Blick nur aus dem Fenster. „Sag das nicht, wenn du es nicht wirklich meinst." Er spielte das gar nicht, oder? Was hatte er schon für einen Grund jetzt noch zu lügen? Auch er hatte schon einige Straftaten mit mir begangen, da konnte es nicht sein, dass er weiterhin für das AFP arbeitete. Doch ich konnte ihm einfach nicht mehr richtig vertrauen... „Ashton ich-„ „nein, lass es einfach", unterbrach er mich und sah mich dabei verletzt an. Ich sah ihm für einen Moment tief in die Augen und da war es wieder. Dieses Gefühl, dass er für mich doch mehr bedeutete als ich zugeben wollte. Vielleicht sollte ich auch einfach mal über meinem Ego stehen und mich endlich mit ihm vertragen, doch es war einfach so schwer. Und bevor ich ihm falsche Hoffnungen machte, wollte ich mir erst ganz im Klaren darüber sein, was ich wirklich fühlte.

Ohne noch etwas zu sagen lenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße und gab noch etwas mehr Gas, damit wir möglichst schnell unser Ziel erreichen.

PoV Ashton

Gegen Mittag machten wir an einer Raststätte halt. „Hast du hunger?", fragte Michael, während wir ausstiegen und zu dem kleinen Rasthaus gingen. Bestätigend nickte ich und suchte uns einen Tisch in der Ecke, während er uns was zu essen kaufte. Kurz darauf kam er mit zwei Cheeseburgern wieder und gab mir einen davon, bevor er sich gegenüber von mir hinsetzte.

„Wenn du willst kann ich gleich auch mal eine Weile fahren. Du siehst müde aus", schlug ich vor, während wir aßen.

„Nein, passt schon. Außerdem, nimm mir das jetzt nicht übel, ist das mein Baby, dass fahre nur ich", lehnte er ab.

„Du hast diesen Wagen vor ein paar Wochen gestohlen", lachte ich amüsiert.

„Ja und? Trotzdem ist es mein Baby!", wiedersprach er und sein Blick verriet mir, dass das Thema damit für ihn beendet war, weshalb ich nochmal kurz lachte und mich dann wieder meinem Burger zuwandte.

„Wie geht's dir eigentlich so?", fragte er nach einer Weile.

„Gut, schätze ich, warum?", fragte ich verwirrt.

„Mir auch, schön dass du fragst. Das nennt man Smalltalk, weißt du? So entsteht ein Gespräch", erklärte er mit einem Seufzen.

„Aber das ist doch egal. Wir lügen doch sowieso", murmelte ich immer noch verwirrt.

„Gut, dann frage ich dich halt was anderes", seufzte er. „Wieso bist du damals Agent geworden?"

„Weil ich alles unrecht in dieser Welt bekämpfen will", antwortete ich sofort.

„Aha, und weshalb wirklich? Komm schon, jeder hat eine Geschichte." Eine Weile dachte ich nach, ob ich ihm das wirklich erzählen sollte.

„Ich wollte Rache. Ich wollte, das die Menschen für ihre Sünden bezahlen", gestand ich leise. Einen Moment schien er zu überlegen, ob er das Folgende wirklich sagen wollte oder nicht, entschied sich dann aber dafür: „Wen hast du verloren?" Sofort wendete ich meinen Blick ab und verkrampfte mich. „Meine kleine Schwester." Für den Rest der zeit blieb es Still und als wir fertig gegessen hatten, machten wir uns sofort wieder auf den Weg.

PoV Calum

„Verdammt, irgendwo müssen die doch sein!", seufzte Luke genervt, als ich ihm von den schlechten Nachrichten berichtete.

„Ich weiß es doch auch nicht! Das schlimmste daran ist trotzdem, dass grade Ashton sowas abzieht. Schließlich war er doch immer der vernünftige von uns!", murmelte ich genervt in den Hörer und fuhr mir mit der freien Hand durch meine ungestylten Haare.

„Stimmt. Aber das ist es wohl, was liebe mit einem Anstellt. Ich könnte übrigens auch ein bisschen Liebe gebrauchen", sagte er ganz beiläufig.

„Bin gleich zuhause Babe." Ich konnte sein Grinsen förmlich hören als ich auflegte. Schnell nahm ich meine Jacke von meinem Schreibtischstuhl und machte mich auf den Weg zu Luke. Seid Ashton nicht mehr da war hatte sich einiges zwischen Luke und mir geändert. Die Suche nach unserem besten Freund hat uns irgendwie zusammengeschweißt. Dazu kam noch, dass wir viel Zeit alleine verbracht haben und ja, irgendwie sind wir uns dann eines Abends näher gekommen. Luke war für mich der Ausgleich zu diesem anstrengenden Leben als Agent. Er war die Liebe meines Lebens.

Was Ashton betraf war das alles allerdings nicht so einfach. Wir hatten inzwischen die Suche schon auf ganz Australien ausgeweitet. An den Flughäfen wurden die Kontrollen verschärft, genau wie an allen anderen Wegen, dass Land zu verlassen. Trotzdem fehlte jede Spur von ihnen. Und ich war einfach so enttäuscht von meinem besten Freund. Was hatte Michael nur mit ihm gemacht, dass er sowas tat? Wenn ich sowas gebracht hätte, wäre das schon unrealistisch gewesen, aber im Vergleich zu ihm wäre das bei mir ganz normal. Ich konnte mich noch genau daran erinnern, was er damals gesagt hatte, als er bei unserer Aufnahmeprüfung gefragt wurde, weshalb er diesen Job machen wollte. „Ich will dafür sorgen, dass es weniger Unrecht in dieser Welt gibt und dass die Menschen für das bezahlen, was sie damals meiner Familie angetan haben. Es ist nicht so, als würde nur die betroffene Person darunter leiden, was Andere ihr antun, sondern auch alle Angehörigen." Und damit hatte er sowas von recht.


das Ding mit der FreiheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt