14. Kapitel - Immer Ärger mit Parasiten

87 9 5
                                    

Michelle sitzt einsam und auf den Arzt wartend auf der Bank in der Krankenstation. In der Stille der Isolation verspürt sie ein zunehmendes Pochen in ihrer rechten großen Zehe, sodass sie beschließt, den Fuß zur Linderung auf die Bank zu legen. „Aua – Scheibenkleister, so ein Mist." Fluchend entkommen Michelle ein paar Schmerzensschreie, als sie sich dabei die Zehe an der Bank stoßt und ein paar Tränen kullern ihr die Wange runter. Sie fühlt sich ziemlich verloren, aber sie versucht sich zu beruhigen, indem, dass der Doktor eh gleich kommen wird, wobei jedoch eher der Wunsch Vater des Gedankens ist.

Da vernimmt sie plötzlich ein Geräusch, ein Klirren, wie wenn Glas zerbrochen wird, und sie mutmaßt, dass dies aus dem Labor nebenan kommen muss. Sollte der Doktor doch anwesend sein, kommt in Michelle eine zaghafte Hoffnung auf und sie humpelt die paar Schritte bis zur Tür des Labors. Da in der gesamten Krankenstation nur die Notbeleuchtung eingeschaltet ist, kann sie durch das Glas drinnen rein gar nichts erkennen, so dass sie beschließt, die Türe zu öffnen. Sie drückt auf den Türöffner und lautlos gleiten die beiden Glastüren zur Seite. Vorsichtig streckt Michelle den Kopf in den Raum und ruft. „Doktor, sind sie da?"

Keine Antwort, unerträgliche Stille und nur ein leichter Hauch der Verwesung macht sich in ihrer Nase breit. Bevor sie sich Gedanken über die Ursache machen kann, ruft sie nochmals, diesmal lauter, nach dem Doktor. Ein Geräusch - leises Rascheln - und nochmals ein Rascheln, wie es Mäuse verursachen, die im Keller auf der Suche nach Nahrung herum wuseln. Michelle dreht den Kopf in die Richtung, wo sie das Rascheln vernommen hat und sieht im dämmrigen Licht des Labors etwas, das ihr das Blut in den Adern gefrieren lässt.

„Peter, das war eine tolle Idee, die Bewegung des Weltraumes mit einfließen zu lassen!" stellt Rick McNamara begeistert fest und schlägt mit der Faust kraftvoll auf den Tisch. Er und Professor Hargend befinden sich nach wie vor im technischen Labor und betreiben immer noch Nachforschungen im Hinblick auf die mögliche Existenz eines neuen Himmelskörpers. Peter hebt bedächtig den Kopf – er ist völlig in seinen Unterlagen vertieft - und es dauert einen Augenblick, bis seine Gedanken sich einen Weg von seiner Welt in die von Rick bahnen.

„Ich habe deine Berechnungen nun ausführlich überprüft - sogar zweimal -  und meine Ergebnisse stimmen mit den Deinen überein." Rick strahlt bei diesen Worten Peter wie den Weihnachtsmann an. „Bis allerdings auf einen nicht unerheblichen Punkt! Du hast definitiv die Existenz eines neuen Himmelskörpers in unserem Sonnensystem nachgewiesen, aber ich bezweifle, dass es sich hierbei um Nemesis handelt."

„Du bist dir in Bezug auf Nemesis nicht sicher, warum?" entgegnet ihm Professor Hargend fragend, der sich allerdings nicht von seiner Hypothese abbringen lässt und umgehend mit seiner Erklärung beginnt:

„Meine Analyse hat ergeben, dass das Objekt aufgrund der Störungen in der Gravitation auf die anderen Zwergplaneten eine Masse in Höhe des etwa 50 fachen des Planeten Jupiters haben muss. Daraus resultiert, dass sich die Umlaufbahn des Objektes in einer Entfernung zur Sonne zwischen etwa 1 und 3 Lichtjahren bewegt und dabei kann es sich aufgrund seiner Größe natürlich nur um einen Stern - nämlich um Nemesis handeln."

„Die Analyse will ich auch gar nicht in Frage stellen" erwidert Rick mit einem zustimmenden Nicken. „Aber ich vermute, dass du die Divergenzen in der Gravitation deutlich zu hoch angesetzt hast."

"Aha" ist das einzige, was Peter vorerst entkommt. „Welches Ergebnis resultiert aus deinen Berechnungen?" fragt Peter  schließlich, der trotz seines Wissens und seines Verstandes oder vielleicht gerade auch deshalb für alternative Vorschläge immer ein offenes Ohr hat. Es gibt nichts auf der Welt – ausgenommen Michelle und seine Tochter Lilly – was ihm mehr Leidenschaft bereitet wie ein wissenschaftlicher Disput.

Die letzten MenschenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt