24. Kapitel - Das Ende der Specularius

81 10 4
                                    

Auf der Brücke der Specularius sitzt Rubinia nach wie vor völlig angespannt im Stuhl des Captains und sieht sich einem Anflug von Panik entgegen. Schweißperlen stehen ihr auf der Stirn, ihr Mund ist trocken und das Herz rast wie ein Maserati. Ihrer Miene ist Verzweiflung und Hilflosigkeit zu entnehmen, denn das Raumschiff wurde in der Zwischenzeit von den außerirdischen Wesen fast vollständig okkupiert, ein Widerstand ihrerseits war erst gar nicht vorhanden. Die Kommandobrücke wurde allerdings bisher noch nicht gestürmt, doch auch dies scheint nur mehr eine Frage der Zeit zu sein.

Die bisherigen Erdstöße haben sowohl am Raumschiff als auch am Fahrstuhlschacht, in der sie mit der Specularius nun schon seit Stunden gefangen sind, große Schäden angerichtet. Ein Großteil der Decken- und Wandelemente der Fahrstuhlkabine wurden zerstört oder sind einfach weggebrochen. Ein wuchtiges Teil der Deckenkonstruktion liegt quer über die fast gesamte Rückseite der Specularius, sodass diese aufgrund des immensen Gewichtes umgekippt ist. Auf dem großen Bildschirm auf der Brücke ist nur zu deutlich zu erkennen, dass der rechte, vordere Teil des Raumschiffes aufgestellt und völlig im Nirwana hängt, irgendwo über den Tiefen des Plateaus, das weggebrochen und einfach verschwunden zu sein scheint.

Aber auf der anderen Seite hat sich durch die Zerstörungen auch ein größeres Loch in der Außenwand der Fahrstuhlkabine ergeben – ein Loch, das vielleicht groß genug ist, um durch dieses endlich in die Freiheit entschweben zu können.

„Ingenieur Sparty, Maschinen anwerfen" brüllt Rubinia krächzend in ihr Multikommunikationsgerät und in ihrer Stimme liegt pure Verzweiflung, nicht einmal ein Schimmer von Hoffnung ist zu erkennen.

„Wir werden da raus kommen" versucht sie jedoch den anderen Crewmitgliedern auf der Brücke demonstrativ Optimismus zu versprühen.

„Wenn das nur gut geht" flüstert sie leise vor sich hin und spontan fällt ihr dazu der immer positiv denkende Jury ein. „Für ihn wäre das eine Banalität, absolut kein Thema." Rubinia denkt etwas wehmütig an seine positive Ausstrahlung, als sie von Ingenieur Sparty endlich die erhoffte Information erhält.

„Maschinen startbereit" teilt er mit. „Der Antrieb ist wieder hochgefahren und die Specularius ist nun einsatzbereit."

„Starten und Kurs auf 25.8 setzen" befiehlt Rubinia und das leise, aber durchaus angenehme Vibrieren des Antriebes können Alle auf der Kommandobrücke nur zu gut spüren.

In der Zwischenzeit hat sich Jury allmählich in kleinen Schritten, aber mit großer Vorsicht der Kante der Klippe genähert und blickt von dort hinunter. Mehr als 50 Meter unter ihm sieht er leicht undeutlich im Qualm der Aschewolken nun jenen Felsbrocken, der vom Plateau abgebrochen ist. Jury erkennt Captain Brunelli und die 1. Offizierin, Julia Smith, sowie Michelle, Lilly und Nigel.

„Und das müsste Harry sein, der vor dem verletzten Larry kniet, oder auch umgekehrt, die beiden ähneln sich so sehr, die kann ich von hier nicht wirklich unterscheiden" führt Jury an der Kante nun sogar Selbstgespräche, aber nicht aus Frust, sondern beinahe fröhlich, weil er zufrieden ist, jemanden lebend entdeckt zu haben.

„Und diese zwei süßen Miezen sind mir auch bekannt", stellt er fest, während er am Rand des Felsbrockens zwei Uniformierte beobachtet, die sich langsam vom Boden aufrichten. „Auch wenn mir ihre Namen momentan nicht einfallen."

Irgendwelche Anzeichen weiterer Lebewesen, weder von den Außerirdischen noch von den Menschen, kann er jedoch auf diesem Felsbrocken aktuell nicht ausmachen. Mit großer Besorgnis jedoch nimmt Jury zur Kenntnis, dass sich der Felsblock – zwar langsam, aber stetig – weiter absenkt und er in einigen Minuten vermutlich in der glühenden Lavasee verschwunden sein wird.

„HALLO - Captain, hören sie mich" brüllt er runter. „Hier oben bin ich", aber niemand unten am Felsblock kann ihn wahrnehmen. Dies liegt nicht nur an der Entfernung, sondern vor allem an dem ständigen Geräuschpegel, der durch den Vulkan und seine Eruptionen verursacht wird.

Die letzten MenschenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt