Allergic To You {22}

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Ich wechselte meine feuchte Jeans mit einer anderen aus und zog mir auch ein anderes Oberteil an. Mein vorheriges hatte zwar keinen Tropfen Wasser abbekommen, aber ich fühlte mich nicht wohl darin, nicht vor seinen Augen. Für diese Situation erschien es mir zu schlicht, zu unförmig und zu hässlich, obwohl ich es daheim dauernd trug.

Deshalb viel meine Wahl auf ein, in meinen Augen cooleres Teil, einen schwarzen, gerippten Stehkragenpullover, den ich mir erst vorletzten Samstag in Sheffield geholt hatte. Ich betrachtete mich noch einmal für einen letzten Check im Spiegel und ging nach unten ins Wohnzimmer.

Kaum zu glauben, dass ich mir Gedanken darum machte was Louis von meinen Klamotten hielt, wenn ich doch eigentlich fest beschlossen hatte nichts mit seinem neuen Gangster-Ich zu tun haben zu wollen. Und das schon vor Jahren.

Unser Wohnzimmertisch sah aus wie ein Labor, wenn auch eher ein schmuddeliges, denn große und berüchtigte Wissenschaftler würden ihre Tiere eher nicht in Marmeladengläsern gefangen halten.

Louis saß steif auf einem unserer großen Stühle und sah hinter sich ins Regal in dem Bilder von mir und Josh standen, auch eins wo wir halbnackt in einer Badewanne lagen und ich ihm einen Finger ins Ohr steckte. Als ich den Raum betrat drehte er sich rasch um und sah zu mir, so als ob ich ihn bei etwas ertappt hatte.

Ich legte das Bestimmungsbuch auf den Tisch und versuchte mir einen Kommentar zu verkneifen. Stattdessen machte ich mich daran die einzelnen Insekten zu bestimmen. Wir wechselten nur ein paar Worte um die Aufgabenverteilung zu besprechen, Louis kümmerte sich um die beiden Proben und ich mich um die Tierchen.

„Kannst du mal still halten", fauchte ich ein Etwas an, das unruhig in dem Glas herumschwirrte. Genervt stand ich auf und holte eine Kanne Tee aus der Küche, zusammen mit zwei Tassen und einer Zuckerdose. Ich wollte ja meinen schlechten Eindruck bei ihm nicht noch verstärken und außerdem war meine Kehle kurz vor dem Austrocknen. Und noch dazu musste ich einfach mal schnell in einen anderen Raum verschwinden, einfach um mal kurz durchatmen zu können und meinen verkrampften Oberkörper zu lockern.

Ich kam zurück und stellte das Teeservice auf den Tisch, goss den Tee in die Tassen, gab einen Schuss Milch hinein und schob eine zu ihm rüber.

Dann arbeiteten wir schweigend weiter. Ab und zu schielte ich zu Louis, der immer wieder unser Wohnzimmer beäugte. Ich fragte mich, was in seinem Kopf vorging. Verglich er das Bild, das er heute sah mit dem was er von früher kannte? Erinnerte er sich überhaupt an unser altes Wohnzimmer? Jetzt hatte es immerhin einen anderen Anstrich erhalten, die Möbel waren umgeräumt und die Couch und der Esstisch waren komplett neu. Nur einige Möbelstücke waren von früher erhalten geblieben. Doch sein Gesicht verriet keinen Funken von irgendwelchen Reaktionen.

Irgendwann holte ich noch meinen Laptop nach unten, damit wir die Fotos der Tiere und die passenden Bezeichnungen in eine Power Point Präsentation einfügen konnten, schließlich mussten wir alles festhalten und jeden Furz dokumentieren.

Louis saß in einem großen Sicherheitsabstand von mir, deshalb schob ich den Laptop soweit auf den Tisch, dass ich mit meinen Händen gerade noch so die Tastatur erreichen konnte. Hoffentlich hatte er jetzt einen angenehmen Blick auf den Desktop.

In peinlicher Hektik rammte ich meine Finger auf die Tasten als das Einloggungsportal erschien und ich meinen PC mit meinem Passwort entsperren musste. Ich wollte nicht, dass er mein eingestelltes Benutzerbild zu lange betrachten konnte. Es war vor drei Wochen auf dem Sleepover bei Claire entstanden und wir fünf posten alle billig und viel zu aufgestylt in die Kamera.

Gottseidank erschien nun ein anderer Ladebildschirm und ich nahm einen Schluck aus der Tasse.

„Du fühlst dich echt, als wärst du die allergeilste oder?"

The Tommo WayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt