UGH {25}

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Ich saß zusammengekauert auf dem Beifahrersitz unseres silbernen Toyotas und starrte zum Mom hinüber, die gerade mit einem der Sanitäter diskutierte. Sie hatte mich schon mal zum Wagen voraus geschickt, was für mich die erlösende Fluchtmöglichkeit gewesen war. Außerdem wollte ich nicht für irgendwelche Interviews vor die Kameralinse eines größeren TV-Senders gezerrt werden und über die Geschehnisse berichten. Deshalb war es besser sich hier im schützenden Auto zu verschanzen.

Ich wollte einfach nur heim. Ich lenkte meinen Blick auf das dunkle Display oberhalb der Handbremse und drückte auf den Einschaltknopf des Radios. Ich drehte am Rädchen bis ich meinen Lieblingssender gefunden hatte und schraubte die Lautstärke nach oben. Just in dem Augenblick sah Mom kurz zu mir und reichte dem blonden Kerl im neonorangen Rettungsanzug endlich die Hand um sich zu verabschieden. Dann kam sie und setzte sich auf den Fahrersitz. „So Spätzchen, jetzt können wir heim." Sie legte ihre Hand auf meine und übte einen sanften Druck aus. Ich gab ihr ein scheues Lächeln und verschränkte meine Arme. Mom startete den Motor und parkte aus. Dann fuhren wir an all den Schaulustigen vorbei, runter vom Parkplatz auf die Hauptstraße und brausten in Richtung Zuhause davon.

Als ich daheim aus dem Wagen stieg und die Autotür zuschlug fiel mir sofort auf, dass bei den Tomlinsons kein Auto in der Einfahrt parkte. Nur der schäbige Transporter stand einsam in der offenen Garage.

Kaum stand ich im Flur kamen Papa und Josh aus dem Wohnzimmer gerauscht und Dad zog mich so gleich in seine Arme und murmelte mir tröstende Worte gegen die Haare.

„Es ist schon wieder alles in Ordnung", meinte ich, nachdem er mich wieder ausgelassen hatte und mich die männlichen Mitglieder unserer Familie besorgt anstarrten.

Dad sah mich betroffen an und erklärte mir, dass ich immer mit ihnen sprechen könnte und mich anvertrauen könnte. Natürlich wusste ich das ohnehin, doch ich lächelte nur und nickte. „Wirklich, ich glaub ich hab's so langsam schon wieder ein bisschen verdaut. Das war alles nur der erste Schock und außerdem ist mir nichts passiert."

„Ja, das war echt Glück im Unglück", bestätigte Mom. „Also wurde niemand verletzt?", fragte mein Bruder und klang etwas erleichtert.

„Doch", sagte ich sofort und setzte eine bitterböse Miene auf. „Ein Mann wurde getroffen, weil er versucht hat raus zu rennen und... und Louis." Als ich seinen Namen aussprach war es plötzlich als ging mir die Luft aus. Ich musste mich ein paar Mal räuspern.

Die Überraschung stand Josh und Dad in ihre Gesichter geschrieben. „Himmel, das ist ja schrecklich."

„Deswegen sind die Tomlinsons vorhin mit quietschenden Reifen weggefahren".

Erst jetzt kam es mir in den Sinn mir meine Jacke und meine Schuhe auszuziehen. Während ich mich auf die Treppe setzte berichtete meine Mom was sie wusste. „Der Sanitäter hat mir erzählt, dass der Mann nicht in Lebensgefahr schwebt, die Ärzte waren ja schon gleich zur Stelle und haben ihn ins Krankenhaus geflogen. Er kommt auf jeden Fall durch."

Wir gingen alle ins Wohnzimmer und setzten uns aufs Sofa. BBC lief und ich erkannte mit einem kleinen Schrecken, dass die eingeblendete Reporterin genau dort stand wo ich vor wenigen Minuten noch gewesen war. Es wurden Aufnahmen vom Inneren des Supermarktes eingeblendet, man konnte die aufgeplatzten Dosen sehen und das Innere des Büros, wo sich Mr. Doss versteckt hatte. Hastig wendete ich meinen Blick ab.

„Und was ist mit dem Jungen?", fragte Papa und drehte den Ton des Fernseher etwas herab. Mom kam mit einem Glas Wasser zu mir und zuckte dann mit den Schultern. „Keine Ahnung, wir sind gefahren nachdem er abtransportiert wurde."

Hastig kippte ich den Inhalt meines Glases hinunter. „Ich würd jetzt echt gern nach oben in mein Zimmer gehen, ich will mir das", ich zeigte auf den Bildschirm, „jetzt wirklich nicht reinziehen. Ich muss mich jetzt einfach mal ausruhen."

The Tommo WayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt