Kapitel 2

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'Wir schützen uns vor Einsamkeit, indem wir andere davor bewahren.'

„Kelsey? Lass uns hier so schnell wie möglich abhauen!“, flüsterte ich über den Tisch und schlürfte weiter an meiner Cola. „Also Jungs, ich bin nicht eure Schlampe! Verstanden?“, meinte die Kellnerin ernst und ich sah wie man sie von oben nach unten scannte. Ganz schön Mut, das Mädchen! dachte ich mir und biss von meinem Cheeseburger ab. Als die Kellnerin ihnen ihre Bestellungen endlich servierte, war das der perfekte Moment zu zahlen und hier zu verschwinden! „Entschuldigung?“, rief Kelsey durch den Saal und fuchtelte mit ihrer Hand in der Luft herum. „Ja bitte?“ „Wir würden gerne Zahlen.“, berichtete ich ihr lächelnd. „Macht dann genau 12$.“ Mit einem gespielten Lächeln drückte ich ihr 12$ in die Hand, womit sie sich zufrieden an den Kassentresen machte, packte meine Tasche und lief in Richtung Ausgang. Ich hatte ein mulmiges Gefühl als wir an dem Tisch der Jungs vorbei liefen und merkte, wie dieser eine Junge mich ansah. Gänsehaut überkam mich und ich errötete. Meine Schritte überschlugen sich schon, so schnell lief ich. Ich griff nach der Viereckigen Türklinke und riss sie nach unten. Dicht gefolgt von Kelsey, verließ ich den Laden. „Was war das da eben?“, fragte sie und drehte sich noch einmal zu dem Lokal um. „Ich hab so was von keine Ahnung!“, berichtete ich ihr außer Atem, „Komm lass uns hier endlich verschwinden!“ Sie nickte benommen und wir schlenderten zurück zu ihr nach Hause.

Nach einer halben Stunde Marsch ungefähr, fiel uns ein braunes Anwesen von weit her, ins Auge. Endlich waren wir wieder da! Mir taten schon die Füße weh. Doch ein plötzlicher Klingelton, rief mich aus meinem Tagträumen zurück auf die Erde. Es kam von Kelsey's Handy. Sie griff in ihre schwarze Handtasche und zog ein schwarzes iPhone hervor.

„Hallo?“, sprach sie hinein und strich sich  eine Haarsträhne hinter das Ohr.

„Ist Madi bei dir?“, spuckte eine Stimme am anderen Hörer. Ich hielt mein Ohr an die Rückseite ihres iPhone, um herauszufinden wer da sprach. Und dann leuchtete es mir endlich ein, es war er. Mein Vater. Erschrocken fuhr ich zusammen. Kelsey sah mich schockierend an und ich signalisierte ihr mit einem hastigen Kopfschütteln das sie die Klappe halten solle.

„Ähh... tut mir Leid ich weiß nicht wo sie ist. Sie ist jedenfalls nicht bei mir.“, sie wandte ihre Augen von meinen ab und konzentrierte sich wieder auf das Gespräch.

„Kelsey, du weißt das es Konsequenten hat, wenn du lügst. Ich werde es deinen Eltern erzählen, wenn ich herausfinde das du gelogen hast.“, meinte er mit fester Stimme, was mich zusammen zucken lies.

„Sie können gerne auch meine Eltern heute anrufen und fragen ob sie Madi nicht gesehen hätten.“, knurrte sie in den Hörer, „Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag Mr. Firestone.“ Sie legte auf und seufzte wütend. „Danke.“, keuchte ich wie in Trance hervor. „Kein Problem!“, meinte sie und schob ihr Handy in ihre Hosentasche, „Warum hat er eigentlich nicht versucht bei dir anzurufen?“ „Weil ich seine Nummer blockiert habe!“, meinte ich und lief zu der Haustür ihres Hauses. Verständnisvoll nickte sie und schloss auf. Wir traten ein und eine kühle Brise kam uns entgegen, was mir eine leichte Gänsehaut verpasste. Wir liefen den Gang entlang uns ließen uns auf der grauen Ledercouch nieder. Ich holte mein Handy heraus und sah auf die Uhr, welche 15:46 Uhr anzeigte. „Und was machen wir jetzt? Wenn deine Eltern mich sehen und es meinem Vater erzählen bin ich tot?“, spuckte ich aufgeregt. „Wir werden heute dann wohl campen gehen.“, grinsend sah sie mich an. Ich konnte nie lange sauer auf sie sein, da sie eine Situation, sehr gelassen mit ihren Ideen darstellte. Lachend und kopfschüttelnd zugleich sah ich zu Boden. „Dann lass uns packen!“, meinte ich und sprang von der Couch auf.

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Kelsey hatte ihren Wecker um genau zehn Minuten vor 11 Uhr Abends gestellt, so das wir rechtzeitig abhauen konnten ohne das wir von ihren Eltern empfangen wurden. Sie hinter ließ einen Zettel mit der Aufschrift: 'Übernachte heute bei einer Freundin! Macht euch keine Sorgen. Ich hab euch lieb! -Kel's'. Wir hatten eine Tasche gepackt mit Zeugs das wir gebrauchen könnte, sowie Schlafsack, Zelt, Kaffee und noch vielem mehr. Als der Wecker klingelte, schreckte ich zusammen. Wir schnappten unser Zeug, zogen unsere Jacken an und verließen das Haus. Es war stockdunkel und die Straßenlaternen beleuchteten uns den Weg. Grinsend rannten wir los mit der Tasche in der Hand. Unsere Handy Akkus waren geladen und den Rest hatten wir dabei. Wir wussten nicht genau wohin, also liefen wir einfach drauf los, das Schicksal würde uns schon führen. Nach 10 Minuten sinnloses in der Gegend herum rennen, kamen wir in einer kleinen abgelegenen Gegend namens „Brookslane“ an. Wir machten Rast an einer nahen gelegenen Kreuzung, so das wir noch genug Sicht auf alles hatten, neben einer kleinen verlassenen Hütte. Zitternd vor Kälte packten wir unsere Schlafsäcke aus und kuschelten uns in ihn. Wir waren zu erschöpft um unser Zelt aufzustellen, also beschlossen wir so die Nacht durchzukommen. Ich holte die Thermoskanne mit dem warmen Kaffee hervor und schenkte beiden von uns etwas ein. Aufgeregt lauschten wir dem Uhu neben uns, der versteckt auf einem Baum saß und uns wahrscheinlich zuschaute. Kaffee schlürfend, holte ich mein Handy aus meiner Hosentasche und sah das wir hier kein Empfang hatten. Kelsey sah mir meine Unsicherheit an und fragte sanft: „Was ist?“ Daraufhin antwortete ich unsicher: „Wir haben hier kein Netz!“ Sie sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen und gerunzelter Stirn an. „Ich dachte du hast 4 Jahre Taekwondo gemacht? Vor was hast du dann bitte Schiss?“ An den Gedanken wie gerne ich früher diesen Sport gemacht hatte, überkam ein leichtes Grinsen meine Lippen. Ich hörte damals mit diesem Kampfsport auf, da Schüler sowie Trainer gegen mich waren, warum auch immer. Und irgendwann machten die Schüler mich so fertig, dass ich nicht mehr die Kraft hatte weiter zu machen. Der schlimmste Satz den sie damals zu mir sagten – was wahrscheinlich auch der Grund ihres Mobbings gegen mich war, war: „Und tu nicht so als ob du die beste bist!“, spuckte sie. Ich verstand sie damals noch nicht, aber es lag wahrscheinlich einfach nur daran, weil ich eben so gut in dem Sport war. Der Satz hört sich jetzt vielleicht nicht schlimm an, aber wenn du davor mit Beleidigungen attackiert wirst, von denen du noch nicht einmal die Existenz wusstest, dann wärst du auch am Boden zerstört gewesen. Ich bereue es damit aufgehört zu haben, doch sie beleidigten mich auch während dem Unterricht und irgendwann konnte ich diese Last seelisch auch nicht mehr aushalten. „Hast Recht.“, nuschelte ich achselzuckend hervor, „Ich schlafe mal 'ne Runde. Also Nacht!“, ich drehte mich mit dem Rücken zu Kelsey, kuschelte mich in den Schlafsack und verstärkte den Griff um mein Handy. „Nacht, Süße! Träum schön!“ „Du auch!“

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