Kapitel 21

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'Enttäuschungen sollte man verbrennen, nicht einbalsamieren. -Mark Twain'

Schnell huschte ich zurück ins Bad, schloss leise ab und vergrub ängstlich meine Finger in meinen Haaren. Was jetzt Madi? Ich stürmte mit unregelmäßiger Atmung auf die Wandschränkchen zu und suchte nach was brauchbarem, irgendwas mit dem ich was anfangen konnte. Ich fand eine Schere die ich schnell einsteckte als jemand plötzlich gegen die Tür hämmerte und sie eintrat. „Hände dahin wo ich sie sehen kann und hin knien!“, schrie der Typ mich an. Er war schwarzhaarig, muskulös und zielte mit einer vermutlich geladenen Waffe auf mich. Ich tat was mir gesagt wurde. Langsam lockerte er seinen Griff um die Waffe und kam um mich herum. Grob schnappte er nach meinen Händen, band sie zusammen und zog mich hoch. Ich versuchte keine Schwäche zu zeigen. Ja, ich versuchte es wirklich. Er führte mich runter wo die Jungs, gebunden an Stühlen und mit zugeklebten Mund da saßen. Manche von ihnen hatten blutige Schrammen im Gesicht und die anderen nur ein blaues Auge. Überall lagen Scherben rum, es hatte also einen Kampf gegeben. Grob schubste mich der Typ zu Boden, was mich auf keuchen ließ. Neben mir entdeckte ich meinen Kollegen 'der Typ von heute Morgen' dumm auf mich herab grinsen. Was ist denn das für'n Arschloch? „So sehen wir uns wieder, Madi.“, grinste er und spielte mit dem Messer, was er in der Hand hielt. Er stieg von dem Barhocker ab und lief auf Justin, der ganz außen von allen im Raum saß, zu. „Also mein lieber Freund, willst du Madison nicht erklären warum ich hier bin?“, trällerte er fröhlich und legte seine Hand auf Justin's Schulter, bevor er das Klebeband von seinem Mund riss. Justin wimmerte auf bevor er in meine Richtung sah. Sein Blick war kalt, als ob er wusste, dass mich die Wahrheit schockieren würde. Anders konnte ich diesen Blick nicht deuten. „Fick dich ins Knie, Caleb!“, spuckte Justin mit zusammengebissenen Zähnen. „Falsche Antwort, Freund!“, bellte Caleb und betonte besonders das 'Freund'. Das Messer stach er in Justin's Hand, die am Stuhl festgemacht war, was ihn bitterlich aufschrien ließ. „Nein...“, weinte ich und Caleb's Blick wandte sich mir zu. Er zog das Messer wieder raus, klebte Justin wieder den Mund zu und lief auf mich zu. Im Moment schien alles wie ein böser Traum, denn ich wusste wirklich nicht was los war, konnte nicht einmal ahnen was dass alles sollte. Caleb kniete zu mir, links das blutige Messer in der Hand von dem Blut tropfte. „Glaub mir, du wirst ihn nicht mehr lieben, wenn du weißt „Warum“...“ Ich traute mich nicht irgendwas davon in Frage zu Stellen und rückte näher zur Wand. Ich sah zu den anderen Jungs die mich mitleidend ansahen, aber genau wussten was los war. Zumindest vermutete ich das. „Also gut, die Auflösung... Naja zumindest ein Teil davon.“, faselte Caleb und lief auf Logan zu. Er zog Logan das Klebeband vom Mund und band ihn los. „Der Kollege hier, gehört zu uns.“, meinte Caleb, klopfte Logan anerkennend auf die Schulter, während er sich in meine Richtung bewegte. Das erklärte warum er unversehrt war, keine Verletzungen in jeglicher Art mit sich trug. Während er zu mir lief, erdolchten die anderen Jungs – die immer noch gefesselt waren, ihn förmlich mit Blicken. Sie hatten es also genauso nicht gewusst, wie ich. Doch wer von uns allen waren jetzt die Guten? „Die anderen hier“, erklärte Caleb weiter und zeigte mit der Messerspitze auf jeden der Jungs, „...haben dich die ganze Zeit belogen.“ „Alles okay?“, fragte mich Logan und ich hoffte bloß das er starb. Er hintergang uns also oder was? Und jetzt wollte er auch noch dass ich so tu, als ob nicht wäre? Gott, ich will das nicht mehr. Deshalb sah ich ihn bloß außer Atem an und hoffte er deutete meinen Blick. „Du wirst es noch verstehen, glaub mir.“ „Ein Scheiß werd' ich!“, fauchte ich Logan an der sich dann auf einen der Stühle hier im Raum setzte. Überall waren Caleb's Leute positioniert, vor allem am Eingang. Null Möglichkeiten zu fliehen. „Der zweite Teil der Auflösung ist,“, er drehte sich um seine eigene Achse, bevor er auf eine der Türen hier im Raum zeigte und Kelsey heraus trat, „dass deine Freundin Kelsey, auch zu uns gehört.“ Entgeistert sah ich sie an, wie sie auf mich zu kam und mich in den Arm nehmen wollte, doch ich blockte ab. „Das ist jetzt wohl ein Scherz?“, spuckte ich und sah sie an. Ich kam mit Hintergangen und Ausgenutzt vor. Ich meine, wer hatte schon eine beste Freundin, die in einer völlig bescheuerten Situation auf einmal auftaucht, und dazu noch eine Waffe und anders Zeugs an ihrem Ausrüstungsgürtel trug. Hatte ich etwa eine Assassinen als beste Freundin oder was? Doch jetzt verstand ich! Ich hatte ihr doch geschrieben wo ich war, sie musste also schon länger mit hier drin stecken oder? Wie sonst hätte sie die alle hier aufgabeln sollen um einfach nur ihre Freundin abzuholen. Das heißt, wenn meine Vermutungen stimmten, war sie nicht mehr in Los Angeles gewesen, als ich ihr simste. Nein, sie befand sich schon die ganze Zeit mit Caleb hier irgendwo. Sie wussten von allem Bescheid und Kelsey wartete nur darauf bis ich zuschnappte. Jetzt bleibt nur noch eine Frage übrig. Hatte das überhaupt noch was mit mir zu tun, oder hatten sie noch eine Rechnung mit Justin offen? Und sofort dachte ich an Gestern als er blutverschmiert vor mir stand. Oh, Justin. Wen hast du bloß umgebracht? Wirr hingen mir einzelne Strähnen meines Haar im Gesicht und mir wurde schlecht. Ich wollte mir nur noch den Finger in den Hals stecken und los würgen. Alles musste raus. „Aber jetzt mal zum offensichtlichsten Teil der Auflösung. Wir hier, arbeiten für deinen Vater unsere Aufgabe ist es dich zu beschützen und dich in Sicherheit zu wissen, was scheinbar nicht der Fall war oder?“, Caleb wandte sich zu mir und ich könnte schwören, dass ich fast gestorben wäre, als er meinen Vater erwähnte. „Mein Vater liebt mich genauso wie er meine Mutter liebte, also gar nicht. Komm mir nicht mit dem Scheiß, Caleb. Ich weiß nicht was ihr wollt, aber ich kann auf mich alleine aufpassen!“, schniefte ich und sah ihm flehend in die Augen. Meine Kehle war trocken, was mich schlucken ließ. Erschöpft legte ich meinen Kopf in den Nacken und hoffte nur, dass das alles bloß ein blöder Traum sei. „Hör zu Madi, du musst dich beruhigen, ich sehe doch, dass es dir nicht gut geht!“, flüsterte Kelsey zu mir. „Bitte verschon' mich Kelsey... Oh mein Gott! Ich fass' es einfach nicht.“, weinte ich und merkte wie heiße Tränen sich den Weg nach unten Bahnen. „Jetzt weiß ich was du an ihr findest Justin. Gute Wahl! Aber kommen wir jetzt zum eigentlichen. Also Justin, sag ihr die Wahrheit oder hast du keine Eier und ich muss es selbst tun?“, schrie Caleb und riss Justin wieder das Klebeband vom Mund. Flehend sah Justin in meine Augen, doch wagte nicht den Mund aufzumachen. Caleb seufzte amüsiert, bevor er sich an mich wandte. „Justin's eigentlicher Auftrag war dich zu finden, dich hier zu behalten und alle möglichen Informationen über deinen Vater in Erfahrung zu bringen. Er hatte nie die Absicht mit dir ins Bett zu steigen oder sonst was. Was er aber tat, nicht wahr? Jedoch sollte er lediglich wichtige Informationen aus dir herausbekommen, was ihn in seiner Mission weiterbrachte. Kurz gesagt: Er tat so als ob.“ „Und wieso soll ich dir das glauben?“, fragte ich Caleb. „Sollst du nicht. Du sollst nur begreifen und zuhören.“ „Ich will hier weg!“, murmelte ich und versuchte abermals die Tränen zurück zu halten. „Ihr könnt sie los machen, ich glaube sie versteht es so langsam...“, befahl Caleb, worauf Kelsey mir die Fessel abnahm. Caleb reichte mir die Hand, doch ich nahm sie nicht an und stand so auf. Mit strengem Blick, zwang er mich förmlich auf einem der Stühle Platz zu nehmen, was ich dann auch tat. „Stimmt das Justin?“, fragte ich ihn mit zittriger Stimme. Er lachte auf und sah mich wieder an. Sagte jedoch nichts. Ich zückte die Schere aus meiner Hose und warf sie genau an Justin vorbei, so dass sie hinter ihm an der Wand hängen blieb. Alle anderen um mich, starrten mich fassungslos an, mit Griff zu ihren Waffen. „Sag mir die Wahrheit Justin, ich hab' sie verdient.“, weinte ich und ging auf ihn zu. Caleb wagte nicht einmal mich zurückzuhalten. „Es stimmt.“, murmelte er erstickend. „Was ist mit dem Brief den ich dir zum 'entschlüsseln' gegeben habe? Du hattest gar nicht vor ihn mir wieder zu geben nicht wahr?“ Er antwortete nicht, was meine Frage bejahte. Ich drehte mich um meine eigene Achse, fuhr mir durchs Gesicht, während mein Blick an Jayden hängen blieb. Verzweifelt sah ich ihn an, doch seine Miene änderte sich nicht. Ich war enttäuscht, so enttäuscht. „Okay, gut. Ich glaube wir sind hier fertig.“, kommandierte Caleb, „Packt alles zusammen und lasst uns gehen.“ Ich lief auf Justin zu, zog die Schere aus der Wand und wollte gehen, bis er meinte: „Meine Liebe zu dir war aber echt.“ Angeekelt sah ich ihn an. „Ich glaub ich muss kotzen!“ „Alles okay?“, fragte Kelsey an mich gewandt und packte meine Schultern. Ich wandte meinen Blick von Justin ab und sah sie an. „Fass mich noch einmal an und ich schlitz' dir die Kehle auf!“, spuckte ich, ging an ihr vorbei und achtete dabei ihre Schulter zu streifen. „Du kommst auch mit!“, lallte Caleb und packte meinen Arm. Heftig schüttelte ich meinen Kopf: „Ich kann auf mich selbst aufpassen!“ Er ignorierte mich, schubste mich in den Wagen, welcher dann davon fuhr.

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Wir fuhren in eine Art Bunker, der sehr edel aber auch ziemlich unheimlich erschien. Immer noch hatte er seine Hand fest um meinen Arm geschlungen, während wir ausstiegen und eintraten. Drinnen sah es jedoch aus, wie in einem gewöhnlichem Haus. Nicht viel zu erwarten. Das einzige was auffiel, waren die vielen PCs die hier herumstanden und an denen vielseitig verschiedene Leute arbeiteten. Wir blieben vor einem Raum stehen, in welches er mich hinein schubste, wobei er mir davor die Schere abnahm und sagte: „Die brauchst du ja wohl nicht mehr.“ Er schloss ab und dass einzige was in diesem Raum war, war ein Bett, mehr nicht. Es hatte nur ein kleines Fenster, das vergittert war. Ich fühlte mich einsam und dennoch nicht allein. Ich hätte niemals gedacht, dass ich mich so leer fühlen würde. Zeit verging und ich fühlte mich so schwach. Ich war Müde und hatte Kopfweh bekommen. Müde ließ ich mich auf das Bett fallen und holte mein Handy heraus, doch ich steckte es wieder weg als ich erkannte das ich von hier nicht mal Empfang hatte. Plötzlich ging die Tür auf und Logan trat ein, links hatte er eine Tasche unter geklemmt. Ich hörte einen dumpfen Fall, bevor er sich auf das Bett setzte und vor sich hin grübelte. Seufzend setzte ich mich aufrecht hin und zog meine Beine an, wobei ich ihn erwartungsvoll ansah. Das war's dann wohl mit dem Ausruhen. „Es tut mir Leid.“, nuschelte er, sah jedoch zu Boden. Ich hatte nicht den Mut aber auch nicht große Lust ihm zu Antworten. Es kotzte mich so an, dass jeder meinte, dass mich solche Aktionen nicht verletzen würden, vor allem wenn es um meinen Vater ging. „Ich kann verstehen, dass du sauer bist... doch es war das Richtige und ich glaube auch, dass du das irgendwann verstehen wirst.“ Ich wollte in diesem Moment so gerne los schreien. In mir tobte nicht nur Wut und Enttäuschung, in mir tobte das Verlangen jegliche Personen in meiner Nähe umzulegen. Das ganze machte mich so unglaublich wütend, dass es kaum Einschätzbar ist, wie gerne ich eigentlich nicht mehr hier sein wollte. „Wie dem auch sei... Hier hab' ich ein paar deiner Sachen, die ich eingepackt hab.“, er schob, die am bodenliegende Sporttasche zu mir rüber, bevor er ohne weiteres den Raum verließ. Ich beugte mich zur Tasche, hob diese auf das Bett und zog den Reißverschluss auf. Das erste was mir entgegen kam, war der scheinbar neue Pass, der mir reingelegt wurde. Total entgeistert öffnete ich ihn: Sky Hunter, war das erste was ich las, das unter der Kategorie „Name“ eingetragen war. Das ist doch wohl ein Scherz? Neben den ganzen anderen Informationen war links von all dem ein Bild von mir, dass ich nicht erst vor langer Zeit machen ließ. Nahe den Tränen, ließ ich den Pass neben mich fallen und erkundete weiterhin die Tasche. Mein Ausrüstungsgürtel mit den ganzen Messern war enthalten, samt ein paar meiner Klamotten, zu meinem Erstaunen eine Pistole, etwas meiner Schminksammlung und etwas Geld. Mein Atem stockte als ich erkennen konnte, was sich am Boden der Tasche befand. Das Bild, dass ich und Justin damals im Zimmer meiner Eltern gefunden hatte. Scheinbar hatte es Justin doch behalten und Logan - oder wer auch immer, eingesteckt. Ich holte es heraus und sah es mir nochmals an, doch dass hielt nicht lange an. Dass brachte die Bombe in mir zum Explodieren. Ich schmiss alles vom Bett, mit nur einem Armzug, stand auf und vergrub meine Hände in meinen Haaren. Tränen rannten meine Wangen hinab, bevor ich vor Wut aufschrie. Ich hatte dabei nicht einmal bemerkt, dass ich mir dabei einzelne Haarsträhnen herausriss. Schreiend fiel ich auf meine Knie, löste meine Hände aus dem Haar und stützte mich am Boden ab. Das alles war für mich nicht zu realisieren, was vermutlich daran lag, dass ich es nicht realisieren wollte. Was wollte ich überhaupt hier? „Hör auf damit.“, kam von der Tür, doch ich wagte nicht aufzuschauen. Lauthals ragte ich nach Luft und bohrte meine Nägel in den Boden. Vorsichtig wurde eine Hand auf meine Schulter gelegt, die ich sofort wegschlug, festhielt, Caleb den Arm nach hinten drehte und ihn so, mit der Brust vorraus an die Wand drückte. „Nicht anfassen!“, bellte ich, wobei ich hörte, wie hinter mir eine Waffe entsichert wurde. Vorsichtig lugte ich nach hinten und sah einen Mann mit der Waffe auf mich zielen. „Schon gut Rony, ich hab alles unter Kontrolle!“, erklärte Caleb Rony, welcher daraufhin seinen Arm zu Boden senkte und den Raum verließ. Schnellerhand wurde ich um meine eigene Achse gedreht und gegen die Wand gedrückt. Caleb stand dich hinter mir, was ihm scheinbar gefiel, denn ich spürte ihn neben meinem Ohr dick Grinsen. „Ich persönlich liebe es ja, wenn Frauen wissen was sie wollen, doch ich bezweifle mit dir viel anfangen zu können.“, er ließ mich los, was mich vor Schmerz wimmern ließ, „Scheinbar scheinst du ja mit deinem halbwegs neuen Zeugs, bereits Bekanntschaft gemacht zu haben. Nicht wahr, Sky?“, dabei sah er zur Tasche am Boden und dessen Inhalt, welcher sich über den ganzen Boden erstreckte. „Ich heiße Madison, falls du das noch nicht mitgekriegt hast.“, zischte ich und machte einen Schritt auf ihn zu. „Das glaube ich nicht! Du heißt Sky Hunter, Absturzkind eines Multimillionärs, 17 Jahre alt, mehrmals verhaftet worden wegen Körperverletzung und Drogenkonsums.“, las er aus dem Pass, den er aufgehoben hatte. 

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