~Kapitel 5~

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Amy P.o.V

Die Bäume fliegen nur so an mir vorbei und der Wind rauscht leicht an meinen Ohren. In Wolfsgestalt renne ich durch den Wald und genieße den frischen Duft von Tannennadeln, Moos und purer Natur -der typische Waldgeruch.
Als mein Vater zurückgekommen ist, gab er Entwarnung. Das fremde Rudel sei nicht mit feindlichen Absichten hier und er und der Alpha konnten eine friedliche Lösung finden. Deshalb kann ich jetzt auch wieder in den Wald, ohne mich herausschleichen zu müssen. Die zusetzlichen Wachen sind zurückgezogen worden und alles läuft schienbar seinen gewohnten Gang.
Nur meine Mutter ist bei meinem Aufbruch -eigentlich schon mach der überraschenden Nachricht meines Vaters- wie von der Tarantel gestochen durchs Haus gerannt. Das wir heute Abend Besuch empfangen, hat uns alle mehr als nur überrascht, aber besonders meine Mutter, denn immerhin muss sie ein leckeres Abendessen zaubern und war darauf überhaupt nicht vorbereitet.
Gut, vielleicht hätte ich bei ihr blieben sollen und ihr helfen, aber sie hat wirklich jeden -inklusive meinen Vater- aus der Küche verbannt. In solchen Situationen ist es ihr sogar egal, dass mein Vater der Alpha ist, dem sie gerade Befehle erteilt. Aber der nimmt es immer nur locker und amüsiert sich sehr über das Verhalten seiner Frau.
Ich rase an meiner kleinen Lichtung vorbei und renne immer tiefer in den Wald. Man hat mich Zuhause nicht weiter gebraucht, also habe ich die Chance ergriffen und bin sofort in den Wald gerannt. Na gut, wem will ich eigentlich etwas vormachen? Der Hauptgrund, dass ich jetzt hier bin, ist natürlich die Hoffnung meinen Wolf nocheinmal wiederzusehen.
Ja, mein Wolf. Er ist mein Mate, meine zweite Hälfte, mein Gefährte. Ihn gebe ich ganz bestimmt nicht so schnell her.
Nach weiteren fünf Minuten komme ich an einer etwas lichteren Stelle an, durch die auch ein kleiner Bach fließt. Nah am Wasser liegen vereinzelt kleine Steine und Felsen, jedoch ist der Bach an sich sehr schmal und man hört das Wasser leise plätschern. Ansich ist es hier sehr idyllisch, zwar nicht zu vergleichen mit meiner Lichtung, aber dennoch einer meiner Lieblingsorte.
Ich laufe langsam näher an den Bach und lege mich dann nahe ans Wasser. Das Moos hier macht den Boden schön weich und bequem.
Ich bette meinen Kopf auf meinen überkreuzten Pfoten und starre zum Wasser. Es hat fast schon eine hypnotisierende Wirkung auf mich. Es bewegt sich so geschmeidig und rauschend, es fasziniert mich einfach immer wieder aufs Neue.
Doch plötzlich mischt sich unter den betörenden Waldgeruch, noch ein anderer neuer und dennoch bekannter Duft. Als Mensch würde ich jetzt wohl fast schon stahlend lächeln.
Hinter mir knackt es und dank meines guten Gehörs nehme ich das Geräusch von näherkommenden Pfoten wahr. Ich bleibe still liegen und rege mich nicht.
Von hinten drückt sich sich eine etwas feuchte Schnauze an meinen Hals und ich spüre seinen warmen Atem auf meinem Fell, als er leise schnauft.
Ich gebe einen wohligen Laut von mir und lasse zu, dass er sich hinter mir niederlässt. Sofort lege ich meinen Kopf an seinen Hals und die Wärme seines Körpers umfängt mich. Meine Hoffnung hat sich erfüllt und diesmal scheint es nicht nur bei einem kurzem Treffen zu bleiben.
Als wir uns so berühren und näher kommen, jagen leichte Stromschläge durch mich hindurch. Dieses Gefühl ist wunderschön.
Er vergräbt seinen Kopf in dem Fell meines Halses und so umschlungen liegen wir einigeZeit lang da. Keiner von uns rührt sich oder gibt irgendeinen Laut von sich. Doch das stört mich überhaupt nicht; die Stille, die uns umgibt ist angenehm und so an ihn gekuschelt, fühle ich mich sicher und beschützt.
Immerwieder streicht er mit seiner Schnauze über meinen Hals und ich genieße diese Zärtlichkeiten. Doch nach einiger Zeit werden meine Lider immer schwerer und es dauert nicht mehr lange, bis ich letzten Endes in einen tiefen Schlaf falle.

Vorsichtig blinzelnd wache ich auf. Noch immer liege ich an dem kleinen Bach in meiner Wolfsgestalt, doch sein Geruch ist verschwunden. Seine Wärme ist verschwunden. In bin alleine.
'Bestimmt hatte er einen guten Grund zu gehen', denke ich, während ich mich erhebe und mich immer weiter von dem Bach entferne.
Mit ihm habe ich mich so vollkommen gefühlt, doch ohne ihn aufzuwachen macht mich irgendwie traurig. Als wenn etwas in mir fehlen würde.
Weiter darüber nachgrübelnd tapse ich durch den Wald. Wie lange ich wohl geschlafen habe? Da fällt es mir wie Schuppen von den Augen; die Sonne ist bereits am untergehen! Meine Eltern köpfen mich, wenn ich zu spät zu dem Abendessen komme!
Sofort sprinte ich los und hetze durch den Wald. In einer neuen Rekordzeit erreiche ich nach etwa 10-15 Minuten das Rudelhaus und bin völlig aus der Puste. Ich verwandle mich zurück und stelle fest, dass meine Mutter mir anscheinend etwas zum überziehen bereitgelegt hatte. Schnell gehe ich zur Haustür und nehme mir das große T-Shirt und die Jogginghose, welche auf der kleinen Treppe zur Tür liegen.
Fertig angezogen schleiche ich mich ins Haus. Ich bin mir sicher keine Geräusche von mir zu geben, dennoch steht meine Mutter keine zwei Sekunden nach meiner Ankunft schon im Flur.
"Amy wo warst du?", sie sieht mich mit einer Mischung aus Sorge, Erleichterung und Strenge an. "Wir haben uns Sorgen gemachf, du solltest schon längst zurück sein! Unser Besuch wird jeden Augenblick hier sein."
"Entschuldige, Mum", ich sehe sie mit einem schiefen Lächeln an. Hoffentlich verzichtet sie auf eine Erklärung meinerseits.
"Geh dich schnell umziehen, wir reden später nocheinmal." Es besteht eventuell die Chance, dass sie es bis dahin schon wieder vergessen hat.
Schnell flitze ich nach oben in mein Zimmer und ziehe mich aus. Es bleibt mir keine Zeit zu duschen, also muss ich das beste daraus machen.
Frische Unterwäsche, eine ordentliche schwarze Jeans und eine cremefarbene Bluse sollten reichen. Dann noch etwas Parfum, um den Waldgeruch zu verdecken, und etwas Make-Up. Voilà, der Abend ist gerettet. Zufrieden betrachte ich mich im Spiegel. Sieht doch gar nicht mal so schlecht aus. Ich schlüpfe noch schnell in ein paar schwarzer Schuhe mit leichten Absätzen, bevor ich nach unten zu meiner Mutter in die Küche gehe.
"Ahhhh, Schatz! Perfektes Timing. Rühr doch bitte schnell die Soße, ich muss mich nocheinmal um den Tisch kümmern." Meine Mutter wirkt erleichtert eine helfende Hand gefunden zu haben -als ob es in diesem Haus nicht nochmehr Personen außer mir geben würde- und eilt an mir vorbei in Richtung Esszimmer.
Seufzend mache ich mich daran, mich um das Essen zu kümmern. Immerhin sollte es lieber nicht verbrennen, meine Mutter würde mich eigenhändig köpfen.
Während ich die Soße in einem gleichmäßigen Rhythmus rühre, klingelt es an der Tür. Unser Besuch ist da!
Die Tür wird geöffnet und ich höre mehrere männliche Stimmen, die sich begrüßen. Kaum fällt die Tür wieder ins Schloss, rieche ich wie sich ein leicht minziger Geruch mit einer Spur von Wald darin im Haus ausbreitet.
Ich halte die Luft an und bleibe steif stehen. Bis jetzt habe ich noch nie seinen menschlichen Geruch wahrgenommen, aber ich bin mir sicher, dass es seiner ist. Ein Kribbeln durchfährt mich und eine wohlige Wärme macht sich in mir breit.
Mein Mate ist hier...

Alpha's MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt