Kapitel 2 - Der Tropfende Kessel

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Am Morgen wurde ich dadurch geweckt, dass ein flackerndes Licht auf meinem Gesicht Schatten warf. Und als dann auch noch zwei Leute krumm und schief zu singen begannen, riss ich meine Augen auf und schaute auf eine Kerze und meine Eltern, die lächelnd sangen.

"Happy Birthday to you, Happy Bithday to you, Happy Birthday dear Kendra, Happy Birthday to you!"

Nun schlich sich auch ein Grinsen auf mein Gesicht. Heute war mein dreizehnter Geburtstag und ich musste nicht zur Schule! Erleichtert setzte ich mich auf und pustete die Kerze aus.

"Alles Gute zum Geburtstag, mein Spatz!", gratulierte mir meine Mutter und umarmte mich.

"Happy Birthday, Kleine!", sagte mein Vater lächelnd und umarmte mich ebenfalls.

Wir gingen gemeinsam hinunter ins Wohnzimmer, wo auch schon der Tisch gedeckt war.
Es gab Schokoladenkuchen und in der Ecke konnte ich schon meine Geschenke sehen.

Ich setzte mich an den Tisch und wir alle begannen zu essen. Ich liebte Schokoladenkuchen. Und ich liebte Schokolade. Meine Mutter schaltete den Fernseher mit dem Morgenprogramm ein, während mein Vater wieder einmal Zeitung las.

"Schon wieder dieser Black. Es gibt ein Bild von ihm mit der Notfallnummer in der Zeitung.", sagte mein Vater, während er las.

"Könnten wir das Thema bitte belassen? Es ist mein Geburtstag.", sagte ich trocken.

"Natürlich, Schatz.", sagte mein Vater und besah sich das Bild von Black. Dann stockte er und schielte über den Rand seiner Zeitung zu mir, während ich meinen Kuchen aß.

"Claire? Claire, schau mal.", sagte mein Vater und stupste meine Mutter an. Meine Mutter sah ihn fragend an. Mein Vater deutete auf das Bild in der Zeitung. Beide sahen erst auf das Bild, dann schielten sie zu mir.

"Eric, denkst du etwa, ...?", flüsterte meine Mutter meinem Vater zu. Dennoch konnte ich sie hören. Mein Vater zuckte zur Antwort mit den Schultern und beide taten wieder so, als sei nichts gewesen während sie allerdings trotzdem immer wieder auf das Bild von Black in der Zeitung starrten.

"Ich gehe raus.", sagte ich nach einer Weile, als ich mich auch schon fertig angezogen hatte. Meine Eltern nickten.

Ich lief die Straßen von London entlang. Gelangweilt sah ich mich um. Jetzt hatte ich nicht einmal meine Geschenke ausgepackt. Was soll's. Wahrscheinlich bekam ich wie jedes Jahr wieder ein paar Bücher über irgendwelche Themen, die mich sowieso nicht interessierten oder ein paar Anziehsachen, die überhaupt nicht meinem Stil entsprachen. Meine Eltern versuchten es immer wieder.

Ich lief gerade eine Straße entlang, als mir etwas ins Auge fiel. In dieser Straße hier war ich noch nie gewesen, aber ich bemerkte trotzdem, dass alle anderen anscheinend nicht sehen konnten, was ich sah. Es war leicht zu übersehen, aber niemand schien den Laden auch nur anzusehen. Es war eine schmale Tür, über der ein Schild mit der Aufschrift "Der tropfende Kessel" hing.

Neugierig geworden ging ich auf die Tür des tropfenden Kessels zu. Davor blieb ich stehen und sah mich um. Wirklich niemand beachtete den Laden. Es war, als wäre ich wirklich die einzige, die ihn sah. Ich überlegte nicht mehr lange und öffnete die Tür. Es war ein Pub und so gesehen recht dunkel. In der Ecke saßen ein paar alte Frauen, die merkwürdige Umhänge trugen und tranken irgendein mir unbekanntes Getränk. Der alte Wirt saß hinter der Theke und war vollkommen kahlköpfig. Er redete angeregt mit einem kleinen Mann mit Zylinder.

Ich schaute mich weiter um. An einem Tisch saß ein schwarz haariger Junge mit einer runden Brille alleine und vor ihm lagen Bücher und ein paar Bögen Pergament. Immer wieder schaute er in eines der Bücher und kritzelte irgendetwas auf einen Pergamentbogen. Er wirkte genauso alt wie ich. Aber was tat er alleine hier? Na gut, ich war auch alleine hier.

"Hallo Mädchen, kann ich dir helfen?", kam es dann von der Theke. Der kahlköpfige Wirt lächelte mich an. Etwas verunsichert ging ich zu ihm.

"Haben Sie Schokoladenkuchen?", fragte ich.

Der Wirt starrte mich an. Sein freundliches Lächeln war verschwunden. Auch der andere, kleinere Mann mit Zylinder starrte mich nun an.

"Bei Merlin!", rief er.

"Ja, bei Merlin, in der Tat, Dädalus, in der Tat ...", sagte der Wirt.

Verwirrt sah ich die beiden an.

"Sie sieht genau so aus, wie sie.", sagte der Wirt, während er mich anstarrte.

"Aber das kann nicht sein. Sie ist in Askaban.", sagte der kleine Zylindermann namens Dädalus, "Außerdem ist ihr Baby doch getötet worden."

Was waren das für merkwürdige Leute? Weshalb reagierten sie so?

"Ähm ... haben Sie nun Schokoladenkuchen?", fragte ich. Ich fühlte mich eindeutig unwohl, so wie die beiden mich anstarrten.

"Ähm ... ja, haben wir. Warte einen Moment.", sagte der kahlköpfige Wirt und riss seinen Blick von mir los.

"Wie viel kostet ein Schokoladenkuchen?", fragte ich sicherheitshalber noch einmal nach. Ich hatte nämlich nur 10 Pfund dabei.

"Fünf Sickel.", sagte der Barmann.

Nun war ich es, die ihn anstarrte. Was bitte waren Sickel?

"Gibt es ein Problem?", wollte der Wirt verwirrt wissen.

"Ähm ... was sind Sickel?", fragte ich nach und ich schämte mich dafür.

"Ist schon gut Tom, ich mach das schon.", hörte ich auf einmal eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um. Hinter mir stand nun der schwarzhaarige Junge mit der runden Brille, der vorhin noch etwas auf sein Pergament geschrieben hatte.

"Mr. Potter, kann ich Ihnen behilflich sein?", fragte Tom der Wirt und sah den schwarzhaarigen Jungen lächelnd an. Warum siezte er den Jungen?

"Ja, ich würde gerne dem Mädchen hier helfen.", sagte der schwarzhaarige Junge mit den grünen Augen und der Brille. Er lächelte mir zu.

Unsicher lächelte ich zurück. Warum wollte er mir helfen?

Er legte fünf Silbermünzen auf die Theke und Tom schon mir ein Stück des Schokokuchens hin.

"Guten Appetit, wünsche ich.", sagte er.

"Danke."; sagte ich. An Tom und an den Jungen gerichtet.

"Setz dich doch zu mir.", sagte der Junge und ich nickte. Er schob seine Bücher zur Seite und wir setzten uns. "Ich bin Harry Potter und du?"

"Ich bin nicht Harry Potter.", murmelte ich, während ich mir eine Kuchengabel in den Mund schob.

"Das ist mir klar.", sagte der Junge grinsend. Immer noch fragte ich mich, warum er mir geholfen hatte und was nun Sickel waren. Harry schaute zu Tom, dem Wirt, der wieder angeregt mit Dädalus redete, der immer wieder in meine Richtung sah.

"Ich bin Kendra Payne.", sagte ich.

"Freut mich, Kendra.", sagte Harry grinsend.

"Freut mich auch, Harry.", sagte ich. Das war das erste mal, dass jemand normal mit mir redete. Und das war das erste mal, dass ich mich in der Gesellschaft wohl fühlte. So, als hätte ich immer schon hierher gehört. Es war merkwürdig.



Kendra Lestrange (Harry Potter FF) *abgebrochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt