IV.

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Gabriellas Miene verfinsterte sich; sie kannte den Herrn nicht persönlich, aber Adelaide tat es. Und die hatte ihr schon vieles über ihn erzählt. Diese Berichte als positiv zu bezeichnen, war eine reine Lüge. Seit Jahren besuchte er die Londoner Season. Aufgrund seines hohen Ansehen in der Royal Navy und seines Militärgrades, durfte er mit der hohen Gesellschaft sozialisieren. Er erlaubte sich viel, insbesondere in Anwesenheit des weiblichen Geschlechts. Adelaide hatte öfters erwähnt, dass er ihr den Hof machte und oft Kommentare äußerte die in Anwesenheit einer Dame nicht laut ausgesprochen werden sollte. Er war arrogant und sehr von sich selbst überzeugt, was er geradewegs demonstrierte, als er mit drei anderen Frauen, die den Arbeitskräften des Kingstons Haushalt angehörten, an dem Gehweg redete. Er wollte ihnen wohl das Anwesen der Familie Kingston zeigen – außerhalb des gigantischen Zauns, versteht sich – während seine Offiziere und andere hochrangige Militär– und Marineanhänger mit den Wachen des Hauses sprachen. Die Frauen, mit der dem besagten Captain Hillsfield sprach, kicherten, was dem Herrn selbst Grinsen ins Gesicht zauberte. Obwohl Gabriella kein Wort verstand, war seine Körpersprache mehr als deutlich.

„Was für ein Vollpfosten", verkündigte sie lauter als sie beabsichtigt hatte.

Adelaides Augen weiteten sich. "G-Gabby!"

Gabriellas Wangen röteten sich ein wenig, dennoch rechtfertigte sie ihre sehr unhöfliche Aussage. „W-Was? Es ist die Wahrheit."

„Du kannst deine Meinung noch nicht kundtun, wenn er in Nähe ist." Adelaide drehte ihren Kopf wieder zum Captain und einige Strähnen ihrer dunklen Haarpracht fielen aus dem Haarknoten.

„Nur bei dir bin ich mir sicher, dass keines meiner Worte einer anderen Person weitergegeben werden", verkündete Gabriella, bevor sie sich umdrehte um ihren Blick nicht mehr dem Captain zu widmen. Würde sie ihm je persönlich Begegnen, wüsste sie nicht, was sie alles von ihrer Meinung preisgeben würde; ihr Mundwerk war schneller als ihr Denkvorgang. Als sich die junge Schneiderin umdrehte, fiel sie fast von den Beinen als vor ihr Mr Ashford stand, der beide Damen einen fragwürdigen Blick zu warf.

„E-ehm . . . "

„M-Mr Ashford", bemerkte Adelaide nachdem sie sich zu ihm drehte. Abgesehen von Gabriellas offensichtlichem Stottern, war die Rothaarige so angespannt, dass man dies schon fast riechen konnte.

„Miss Kingston", kommentierte der junge Mann und wendete seinen Blick zur Rothaarigen Schneiderin, „man sagte mir, sie würden im Garten Blumen betrachten."

Gabriella, die feststellt wie lange sein entnervter Blick auf ihr verweilte probierte die ganze Situation zu erklären. Auf eine Art und Weise, die jeden an ihrer Fähigkeit als zivilisierter Mensch zweifeln ließ. „J-Ja, genau . . . Blumen fürs Kleid."

Sie versagte beim Versuch monoton zu klingen.

„Ich wollte ihr die rote Farben der Rosen zeigen, die sie für meine Robe nehmen sollte", sprach Adelaide ihr dazwischen. Gabriella hingegen starrte wild um sich herum, in der Hoffnung eine passende Rose zu finden. „In der Tat, und hier ist sie", verkündigte sie lautstark als sie die Pflanze mit voller Wucht vom Strauch pflückte und dem Gentleman das dornige Gewächs fast ins Gesicht schlug.

Mr Ashford war sehr irritiert und befand es als bodenlose Frechheit wenn man die Blumen der Kingstons auch nur anfasste – er hatte eine merkwürdige Auffassung von Besitztümern anderer Menschen, die er versuchte für sich zu gewinnen. Er blieb dennoch still und bat Adelaide um ein Gespräch unter vier Augen.

Da Gabriella weder ein Gefühl für Anstand noch Verständnis für diese Bitte hatte, grätschte sie dazwischen. „Ich muss sie bitten, Miss Kingston, ich habe da noch Vorschläge, die das Kleid betreffen", sie suchte die Augen der jungen Frau, „Es ist von größter Wichtigkeit, dass sie dieses Anliegen erfüllen." Gabriellas Augen starrten sehr kurz in die des jungen Gentlemans dessen Unfassbarkeit klar im Gesicht zu sehen war. „Sofort", flüsterte sie.

Die Perle der SeeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt