Kapitel 3 || Die Offenbarung ||

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|| Selin ||

Ein jeder war zu diesem aufregenden Ereignis erschienen, der Ratplatz quillte förmlich über vor Schaulustigen. Kinder saßen auf den Schultern der Väter, um besser das Geschehen zu verfolgen. Die Einführung in die Gesellschaft war jedes Jahr ein beliebter Feiertag. Immerhin bekam eine neue Generation von Magiern die Möglichkeit seine Fähigkeit bis aufs äußerste aus sich heraus zu kitzeln und sich so zu beweisen. All die Jahre hatte Selin den anderen dabei zugesehen, wie sie ihr Ausmaß an Magie demonstrierten. Doch heute war es an ihr, den anderen zu zeigen, was sie in sich verbarg.

Selin wusste nicht, wie sie sich fühlen sollte. Einerseits freute sie sich auf die Einführung in die Gesellschaft, andererseits hatte sie aber wahnsinnige Angst vor dem, was passieren würde. Schließlich besaß sie absolut keinerlei Magie. Sie hatte keine Ahnung, wie der Rat oder der Rest der Anwesenden darauf reagieren würde. Soviel sie wusste, war das in den letzten Jahren, wenn nicht sogar Jahrhunderten, noch kein einziges Mal vorgekommen.

„Ich glaube, ich schaffe das nicht, Lin.", jammerte Ry, ihr bester Freund und kaute nervös auf seinen Fingernägeln herum.

Barry war schon immer das reinste Nervenbündel gewesen. Die schlechte Angewohnheit auf seinen Nägeln zu kauen konnte er nie gänzlich ablegen und immer musste er aus einem klitzekleinen Tropfen einen Regenguss machen. Genau genommen war das hier kein Regentropfen, aber im Vergleich zu Selins Problem konnte es einem schon wie ein einzelner Wasserspritzer vorkommen.

Rys kurzes schwarzes Haar, welches vorher zu einer ordentlichen Frisur zurechtgemacht worden war, glich nun eher einer Sturmfrisur. Seine dünne Stoffhose hing ihm minimal zu tief auf den Hüften und saß nicht mehr ganz so perfekt wie zuvor. Nackte Haut blitze hinter seinem weißen Oberteil hervor, welches er nicht richtig zugeschnürt hatte. Die grauen Augen ihres besten Freundes schimmerten verdächtig, jedoch hatte er sich so weit im Griff, um nicht in Tränen auszubrechen.

„Ach was, das wird schon. Freust du dich denn gar nicht endlich in die Gesellschaft aufgenommen zu werden?" Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, trat der Ratsälteste, Professor Aurelius, auf das Podium vor dem Rathaus. „Es geht los. Es geht los!", flüsterte Ry ängstlich, biss in einen seiner Daumen und klammerte sich, wie ein kleines Kind, an Selins Arm fest.

„Einst lebten die Menschen gemeinsam ohne Magie in unvollkommener Harmonie. Doch heute hat ein jeder von uns seinen Platz in dieser Welt und in unserer Gesellschaft gefunden", sprach der Professor, dann wandte er sich zu Selin um. „Wie jeder von uns muss sich nun die nächste Generation der Offenbarung stellen."

Die Luft knisterte förmlich vor Anspannung. Selin beobachtete, wie Barry mit fahrigen Fingern versuchte sich wieder in Ordnung zu bringen, es aber letztendlich nur schlimmer machte. Selin versuchte ihm unauffällig ein Zeichen zu geben, aber Ry reagierte nicht.

„Vier einzelne Kreise stellen die einzelnen Elemente dar. Ihr, die Anwärter, werdet eines dieser Konstellationen mittels eurer Magie umformen. Je nach Grad eures Talentes wird man euch einen Platz in der Gesellschaft zu ordnen. Viel Erfolg." Leicht verbeugte sich Professor Aurelius, trat vom Podium hinunter und überließ den Rest einer autoritären aussehenden Frau. Das Haar der mittelalten Dame war zu einem strengen Zopf am Hinterkopf zusammengebunden. Kalt blickte sie zu den Reflektanten hinunter, dabei musterte sie jeden Einzelnen.

Übelkeit stieg in ihr auf und die anfängliche Angst wurde realer und panischer als je zuvor. Mit schwitzigen Händen zupfte sie an ihrem langen weißen Kleid und zupfte die Ärmel aus Spitze etwas hinunter. Das Kleid war schulterfrei und betonte somit ihr hervorstehendes Schlüsselbein. Tastend kontrollierte Selin, ob ihr widerspenstiges weißes Haar noch immer in der ordentlichen Hochsteckfrisur gebunden war.

Five Elements - Blazing FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt