Kapitel 17 || Die Hand Feras ||

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|| Cadel ||

Cadel wischte sich den Schweiß, der sich mit dem Sand vermischt hatte, von der Stirn. Angestrengt blinzelte er gegen die strahlende Sonne an und versuchte sich in dem verfluchten Sandmeer zu orientieren. Seine Haut spannte an seinem Körper, seine Klamotten fühlten sich schwer an und seine Lippen waren trocken uns rissig. Cadels Schritte waren bleiern und unkoordiniert – er war müde. Müde des umorientierten Umherirrens und müde von der Sonne und der eisernen Trockenheit.

Es waren mindestens drei Tage vergangen, seit er die Nachricht von Belal erhalten hatte, um ihnen mitzuteilen, wo er sich befand. Er war nervenaufreibend gewesen die Handelsstadt unbemerkt zu verlassen, aber hatte es geschafft und er hatte den Langfinger gefunden. Nach einigen Stunden des Wartens hatten sie bemerkt, dass der Prinz und die Schneeweiße nicht kommen würden. Cadel wollte weiter warten – er konnte nicht ohne sie gehen. Doch die goldene Garde nährte sich ihnen und sie mussten notgedrungen einen unbestimmten Weg gehen.

Als die Sonne hinter einem großen und länglichen Felsen verschwand, sah Cadel schwarzes Gestein, durch welches rote Lava floss. Es sah aus wie Blut, welches sich den Weg durch Erde fraß. Dieser Ort jagte Cadel einen eisigen Schauer über den Rücken und doch zog er ihn magisch an.

Ehrfürchtig ging er weiter und starrte fasziniert zu dem hohen Felsen hinauf. „Das ist die Hand Feras!", rief auf einmal der Langfinger, den Cadel vollkommen ausgeblendet hatte. „Feras Hand?" Verwundert drehte Cadel sich zu Belal um und hob eine Augenbraue. Der Langfinger stand noch immer auf dem Sand und machte keinerlei Anstalten auf Cadel zuzugehen.

„In den Legenden über den Feuergott steht geschrieben, dass er aus Rache die Menschen angegriffen haben soll. Sein letzter Schlag gegen die Sterblichen hinterließ er ein Abbild seiner rechten Hand", erklärte Belal, während er auf das Steingebilde starrte. „Von so einer Legende habe ich noch nie gehört", erwiderte Cadel ungläubig. „Es heißt, die Hand Feras soll das Herz von Maa Tulee sein. Doch niemand hat es gewagt, diesen Teil des Landes zu bewohnen"

„Ich weiß auch warum! Es sind eben nur Legenden", murmelte Cadel und drehte sich wieder zu den Felsen herum. „Spürst du es nicht? Die Magie, wie sie pulsiert und durch das schwarze Gestein fließt? Wie das feurige Blut eines Gottes?" Er sah dabei zu, wie der Schwarzhaarige einen Fuß auf den schwarzen steinigen Boden setzte und die Augen schloss.

Cadel sah, wie die Adern des Langfingers aufleuchteten und seine Fingerspitzen schwarz wurden. Er schloss die Augen und versuchte die Magie unter seinen Füßen zu spüren. Aber er glaubte nicht daran irgendetwas zu spüren, denn das hatte er nie. Verstimmt näherte er sich, ohne weiter auf den Langfinger zuachten auf die „Hand Feras" zu und ließ sich auf einen kleinen Felsen nieder. Er war erschöpft – alles, was er jetzt wollte, war Wasser, etwas zu essen und ein Platz zum Schlafen.

„Steht in dieser sagenumworbenen Legende auch, wo wir eine Unterkunft finden?", fragte er laut und genervt. „Kõik pühade! Õnnetu värdjas!", schimpfte der Langfinger ungehalten und stolzierte auf das seltsame Steingebilde zu. Da Belal nicht vorhatte anzuhalten, musste Cadel ihm wohl oder übel folgen.

Einige Zeit gingen sie immer tiefer in die vielen Felsen. Je weiter sie gingen, desto dunkler wurde es. Cadel konnte die Hand nicht mehr vor Augen sehen. Er war so sehr auf den dunklen Weg bedacht, dass er nicht sah, wie Belal plötzlich stehen blieb. Ungebremst lief er in den Langfinger hinein und keuchte überrascht.

„Machst du diese Geräusche?", erkundigte sich der schwarzhaarige leise und Cadel horchte in die Dunkelheit. Ein leises Grummeln, welches von den Wänden widerhallte. „Ei sa?", gab Cadel ebenso leise von sich. „Gehen wir weiter" Langsam bewegten sie sich weiter und Cadel tastete sich mit einer Hand an dem warmen Gestein vorwärts.

„Pask!", fluchte der Langfinger laut und blieb abermals stehen. „Was ist los?", verlangte Cadel zu wissen. „Beweg dich auf keinen Fall und mach ja kein Geräusch!", zischte Belal und hockte sich hin. Ein schmatzendes Geräusch zog Cadels Aufmerksamkeit auf sich und er folgte dem schwarzhaarigen auf den Boden.

An Belals Hand konnte er roten Schleim erkennen. „Dracheneier", gab der Langfinger von sich, als wäre es die Erklärung für alles. „Wir sind direkt in das Nest eines Drachen gestolpert" Der Schock fuhr dem Weißhaarigen bis tief in die Knochen und ließ ihn für einige Minuten erstarren. „Aita meil divine Feras! Meil on sama hea kui surnud!", murmelte Cadel und schloss gequält die Augen.

„Jetzt hör mir mal zu! Es wird keiner sterben und Feras kann uns da auch nicht helfen!", schrie der Langfinger, packte ihm am Kragen und schüttelte ihn wütend. Ein lautes Grollen ließ den Schwarzhaarigen innehalten, seine Augen weiteten sich, ebenso wie die des Weißhaarigen.

Der Boden zu ihren Füßen begann zu beben und das Grollen nährte sich ihnen. Cadel sprang sofort auf die Beine, zerrte den Dieb aus Soleil mit sich und rannte um sein Leben. Als er über seine Schulter sah, konnte er eine riesige Stichflamme sehen, die ein roter Drache in ihre Richtung blies. Bevor die Flamme sie erreichen konnte, stolperte Cadel über einen Stein und sie fielen eine Schlucht hinunter.

Schreiend nährten sie sich dem Fluss aus Lava, der sie unbarmherzig verschlingen würde. Gepeinigt schloss Cadel die Augen und innerlich verabschiedete er sich von seinem Leben. Tief sank er in die kühle Lava ein und schlug die Augen auf. Wie konnte das sein? Kühle Lava? Irritiert sah er sich hektisch nach dem Langfinger um. „Belal!"

„Siin! Ma olen siin, sinu taga!", rief sein Begleiter und Cadel drehte seinen Kopf nach hinten erleichtert atmete er aus, ehe er auf ihn zu schwamm. „Wieso ist die Lava kalt?" „Das Feuer ist mein Element. Es gehorcht mir!", war alles, was der Langfinger darauf antwortete. Cadel wusste, er würde niemals den sinn der Magie verstehen. Sie war viel zu komplex, als dass sie jemals genauer erläutert werden könnte.

Entspannt sah er zur Decke der Höhle, die mit spitzen Steinen bestückt war. Würde einer von ihnen abbrechen und auf ihn nieder fallen, dann hatte er keine Chance zu entkommen. Auf einmal spürte Cadel, wie der Storm der Lava stärker und schneller wurde. Er konnte sich kaum an der Oberfläche halten. „Belal, was geschieht hier?"

„...hinunter!" Cadel konnte nicht mehr nachhaken, was der Dieb gesagt hatte. Vor ihnen ging es tief hinab, es war ein Wasserfall aus Lava. Panisch versuchte er zurückzuschwimmen, doch er kam nicht gegen den reißenden Strom an. Mit fest zusammengekniffenen Augen wartete er auf den freien Fall.

***
Kõik pühade! Õnnetu värdjas! = Bei allen Heiligen! Elender Mistkerl!
Ei sa? = Nein du?
Pask! = Scheisse
Aita meil divine Feras! Meil on sama hea kui surnud! = Göttlicher Feras steh uns bei! Wir sind so gut wie tot!
Siin! Ma olen siin, sinu taga! = Hier! Hier bin ich, hinter dir!

Five Elements - Blazing FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt