|| Anatol ||
„Du starrst", flüsterte Belal ihm zu und dabei sah er ihn wissend an. „Kümmere dich um deinen eigenen Kram", brummte Anatol verstimmt. Jedoch konnte er den Blick nicht von Cadel lösen. Irgendetwas an dem Typen kam ihm bekannt vor, nur wusste er nicht was.
„Wieso hast du für sie geboten?", hakte Anatol nach, nickte mit dem Kopf in die Richtung des Mädchens. „Bist du in sie verliebt?" Spöttisch hob er eine Augenbraue, als er sah, wie sich die Wangen Belals rötlich färbten. „Natürlich nicht!", empörte sich dieser sofort verlegen, ehe er eilig seine Erklärung hinzufügte. „Sie tat mir leid."
„Dafür habe ich meinen Erzeuger abgelenkt? Weil sie dir leidtat?!" Fassungslos starrte Anatol den Langfinger an. Er konnte es einfach nicht fassen. Wegen einer Banalität hatte er seinen Kopf riskiert! Verdutzt blinzelte Belal ihn an und es dauerte einige Augenblicke, bis ihm die Worte bewusst wurden. „Brauchst mir nicht zu danken, denn es war das erste und auch das letzte Mal, dass ich dir geholfen habe", bemerkte Anatol verärgert.
Als er seinen Blick wieder auf den stummen Menschenhändler legte, stutzte er perplex. Die kleine Weißhaarige neben ihm war verschwunden. Womöglich hatte sie die bestmögliche Chance ergriffen und war getürmt. Allerdings hätte sie dies auch eben schon tun können und dennoch blieb sie bei ihnen. Tatsächlich lag sie auf einem der provisorisch hergerichteten Schlafstätten und schlief sich vermutlich seit Tagen oder Wochen das erste Mal aus. Anatols rasende Gedanken kamen zur Ruhe, ehe sie vollends stoppten. Erst jetzt, wo er das schlafende Mädchen sah, spürte er die kräftezehrende Müdigkeit in seinen Gliedern und die bleierne Schwere legte sich auf seine Augen. Der Tag hatte ihm einiges abverlangt und ließ ihn nun die fehlende Energie spüren.
Der nächste Morgen kam viel zu früh und bevor Anatol es sich versah stand er mitten auf einer der belebten Straßen und sah dem Mädchen dabei zu, wie sie fasziniert von einem Stand zum nächsten lief. Natürlich war auch Anatol begeistert von der Vielfalt der Waren, jedoch zeigte er es nicht offen. Als Prinz bekam man gewisse Etiketten gelehrt, um seriös zu wirken und dem königlichen Blute keine Schande zu bereiten.
Die kleine Sklavin hingegen hatte nicht annähernd solch einen Unterricht genossen und stolzierte, wie ein offenes Buch durch die Gegend. Man konnte fast immer all ihre Emotionen und Gedanken von ihrem Gesicht ablesen. Gelassen und ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass sie in Gefahr sein könnte, hinterließ sie ihre Spuren leichtfüßig im Sand.
„Du starrst schon wieder", wies Belal ihn glucksend darauf hin, doch Anatol ignorierte ihn. „Sie ist weg", war alles, was er erwiderte. „Wer?" Verwirrt blinzelte sein Gesprächspartner und sah sich suchend um. „Würdest du genauer hinschauen, dann wüsstest du es", knurrte Anatol genervt über diese Blindheit. Belal kam seiner Aufforderung sogleich nach und stockte. Der Langfinger lief auf den Mann mit den blassgelben Haaren zu und fragte ihn, ob er die Kleine mit den schneeweißen Haaren sah. Der Angesprochene zeigte auf einen Stand vor ihm und nun kam auch Anatol näher. Das weißhaarige Mädchen saß auf einem Schemel in einem heruntergekommen Stand und ließ sich von einer alten Frau die Zukunft voraussagen. Anatol empfand diese Wahrsagerei als Betrug, denn nichts und niemand vermochte es die Zukunft vorherzusehen. Das Schicksal entschied, wie das Leben eines einzelnen Menschen verlaufen mag, keine Macht konnte dem entgegen wirken.
„Wie viele Kronen verlangt die vana Nõid dafür?", hakte der Dieb unerfreulich nach. „Midagi", erwiderte Cadel und zuckte unwissend mit den Schultern. Mit zusammengekniffenen Augen betrachte der Prinz den heruntergekommenen Stand der alten Hexe. Mehrere Nägel zierten ein schräg hängendes Brett, welches augenscheinlich mehrmals erneut angebracht worden war. In geschwungener weißer Schrift stand darauf das tuleesche Wort für Wahrsagerin und war kaum noch lesbar. Zwei Holzbalken an den Seiten dienten als Säulen um das Tuch, über den Köpfen der beiden Frauen, oben zu halten. Das purpurne Tuch hing leicht durch und glänzte im Schein der Sonne leicht silbern. Eine magische Atmosphäre sollte den Schwindel der alten Hexe etwas Echtes verleihen.
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Five Elements - Blazing Fire
FantasySelin lebt in einer Welt voller Magie, welche sie selbst erst ab dem 18. Lebensjahr anwenden kann. Was Selin jedoch nicht weiß, ist, dass ihre Zukunft bereits von den Göttern der Elemente geschrieben wurde. Alles, was sie sich für ihre Zukunft ausge...