Kapitel 4

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NIALL

„Nialleeeer, schön, dass man dich hier auch mal wieder zu Gesicht bekommt!"

Völlig perplex ließ ich mich aus der Haustür zerren, dann schloss mich auch schon jemand in eine knochenbrechende Umarmung. „Louis!" Hilflos klopfte ich ihm auf die Schulter und schnappte nach Luft. „Ich ersticke!"

Mein bester Freund ließ einen seiner ansteckenden Lachanfälle hören. „Das war meine Absicht, dann kannst du wenigstens nicht mehr ins College abhauen. Nein Quatsch, ich freu mich einfach, dass du wieder da bist. Ich hab dich vermisst." Er hielt mich auf Armeslänge von sich, wie es normalerweise alte Verwandte immer taten, die einen seit Ewigkeiten nicht gesehen hatten, aber Louis war eben einfach so ein Charakter für sich.

„Und, hast du schon den perfekten Mann gefunden? Ich habe gehört, bei euch am College gibt es die bestaussehendsten, charmantesten, süßesten, ...!"

„Louis!", bremste ich ihn lachend. „Nein, ich hab mir keinen ausgesucht. Es gibt aber wirklich freundliche Leute dort." Mit einem warmen Gefühl im Magen dachte ich an Liam. Mit ihm könnte ich mir eine Beziehung durchaus vorstellen. Schnell zog ich wieder ein neutrales Gesicht, aber Louis war nicht umsonst seit der Grundschule mein bester Freund, sodass er zu jubeln begann. „Wusst ich's doch, dass du DOCH einen hast! Raus mit der Sprache."

„Okay. Es gibt jemanden, an dem ich VIELLEICHT interessiert sein könnte", erwiderte ich geheimnisvoll und wackelte mit den Augenbrauen. „Außerdem, wieso quetschst du mich eigentlich so aus? Wenn ich an dein rettungsloses Single-Leben denke, könnte ich den Spieß sofort umdrehen."

Louis verdrehte die Augen. „Komm mir bloß nicht mit meinem ultraaufregenden Leben. Wie soll ich denn bitteschön jemanden kennenlernen? Ich mach zwar jede Woche mindestens einmal einen Club unsicher, aber das hilft mir auch nicht viel." Seine Stimme war so kläglich, dass ich losprusten musste. „Du kannst ja heute abend gleich zur Arbeit mitkommen."

Sein Gesicht hellte sich auf. „Du hast deine Eltern also überzeugen können?"

Verlegen zuckte ich die Schultern und dachte an all die zurückliegenden Streitgespräche. „Naja ... mehr oder weniger." Pause. „Okay, eigentlich überhaupt nicht. Ich mach es einfach. Ich habe keine Lust mehr, mir alles vorschreiben zu lassen."

„Endlich siehst du es ein."

Mein Blick haftete auf dem Boden, während ich darauf wartete, dass er anfing zu lachen und mich verarschte, aber er blieb vollkommen ernst. „Ich an deiner Stelle wäre ohnehin schon längst abgehauen."

Na, wenigstens einer, von dem ich Unterstützung erwarten konnte.


Auf dem Weg zum Club plapperte Louis ununterbrochen, aber das störte mich überhaupt nicht, eher das Gegenteil. Es tat richtig gut, endlich wieder mit ihm über alle möglichen (und unmöglichen) Albernheiten lachen zu können.

Wir hatten uns mehr oder weniger ohne uns von meinen Eltern zu verabschieden aus dem Haus geschlichen, bevor sie uns möglicherweise doch noch zurückhalten konnten.

„Ich kann dir doch dann ein wenig helfen, oder?"

„Glaub nur nicht, dass ich dich an die Alkoholquelle lasse."

Louis versetzte mir einen spielerischen Knuff in die Seite. „Du tust ja gerade so, als ob ich ein Suffloch wäre."

Ich zog die Augenbrauen hoch und erinnerte mich an ein paar unschöne Party-Momente, in denen Louis etwas zu tief ins Glas geschaut und eine wahrhaftige Show abgezogen hatte. Er deutete mein Gesicht richtig und wurde rot. „Der Rest sind alles Ausnahmen."

Vampire (Ziall)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt